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Sieh mir beim Sterben zu (German Edition)

Sieh mir beim Sterben zu (German Edition)

Titel: Sieh mir beim Sterben zu (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. J. Tracy
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das er in seinem Leben betreten hatte, war das Wartezimmer der Intensivstation ein Ort, der den Rest der Abteilung wie eine Art hochtechnisierten Busbahnhof wirken ließ. Das war auch hier nicht anders. Kein enger Raum mit Plastikstühlen; stattdessen weiche Sitzmöbel in sanften Farben, Teppichboden und statt des grauenvollen Neonlichts, in dem grundsätzlich jeder halbtot aussah, richtige Lampen auf kleinen Tischen aus echtem Holz. Auf einem langen, gedeckten Tisch standen Essen und Getränke, es gab einen Fernseher und einen Computer, Bücher, Zeitschriften und zahllose Pflanzen, deren Anblick Frost jedes Mal aufheiterte, bis ihm wieder einfiel, dass sie vermutlich ein sehr viel längeres Leben vor sich hatten als die meisten Menschen, die hier auf der Station lagen. Krisengeschüttelte Angehörige verbrachten endlose, quälende Wartestunden in diesen Räumen, und offenbar hatte sich jemand ernsthaft Gedanken darüber gemacht, wie man ihnen das erleichtern konnte.
    Alissa lag zusammengerollt auf einem grünen Sofa mit kleinen, weißen Punkten. Sie war genauso hübsch wie ihre Mutter und so frisch, wie Marian es gewesen war, bevor das Leben sie ausgelaugt hatte. Frost legte ihr sanft die Hand auf die Schulter und sagte leise ihren Namen. «Deine Mutter ist bei Bewusstsein.»
    Sie war sofort wach, sprang auf und fiel ihm um den Hals, und er musste sich ermahnen, da nicht zu viel hineinzuinterpretieren. An Orten wie diesem fielen einem ständig Menschen um den Hals.
    Er wartete, bis sich die Glastür hinter Alissa geschlossen hatte, dann griff er zum Telefon, zog sein Notizbuch wieder aus der Tasche und schlug es auf. Marian hatte nur drei schwache, zittrige Buchstaben zustande gebracht: «ENG».
    «Hallo, Ginny. Ich bin’s, Ethan.»
    Totenstille am anderen Ende der Leitung. Ethan Frost wusste genau, weswegen. Es hatte schon keiner damit gerechnet, dass Marian die erste Nacht überleben würde, geschweige denn die zweite, und das ganze Revier hatte sich vor seinem Anruf gefürchtet.
    «Alles in Ordnung, Ginny, sie lebt. Und sie ist aufgewacht, was schon mal ein gutes Zeichen ist. Aber es steht natürlich nach wie vor auf der Kippe.»
    «Oh, Gott sei Dank! Ich dachte schon, du sagst mir jetzt …»
    «Ich weiß. Sag mal, wer hat denn heute Dienst?»
    «Theo.»
    Chief Frost rieb sich die Wange. Theo hatte erst vor zwei Wochen bei der Dienststelle angefangen und maximal drei Barthaare im Gesicht. «Sonst niemand?»
    «Nur ich, und bei mir blinkt das ganze Schaltbrett. Diese Reporter machen mich noch wahnsinnig. Also, willst du ihn nun sprechen oder nicht?»
    «Ja, ich denke schon.»
    Theo war ein schmächtiges Bürschchen mit dem Gesicht eines Zwölfjährigen, aber seine Stimme war so tief und laut, als hätte er einen Verstärker in der Brust. Wahrscheinlich konnte er jeden Kriminellen in Angst und Schrecken versetzen, solange man ihn nicht sah. «Was kann ich für Sie tun, Chief?»
    «Marian ist aufgewacht …»
    «PHANTASTISCH!»
    Frost zuckte zusammen und hielt den Hörer ein Stück vom Ohr weg. «Ja, und sie hat drei Buchstaben aufschreiben können. E, N, G. Das könnte der Anfang eines Nachnamens oder eines Vornamens sein, vielleicht sind es auch Initialen, das weiß ich alles nicht. Reden Sie mit den Leuten, mit denen sie in der Bar und im Diner gearbeitet hat, vielleicht sagt das ja jemandem etwas. Und falls Sie auf der Schiene nicht weiterkommen, klemmen Sie sich hinter das Telefonbuch oder den Rechner oder was immer Ihnen sonst noch einfällt.»
    «Wird gemacht. Haben Sie die Tochter schon danach gefragt?»
    «Das mache ich noch. Sie ist gerade bei ihrer Mutter. Ich rufe Sie gleich an, falls sie etwas weiß. Und falls ich mich nicht melde, machen Sie einfach weiter.»
    «Alles klar. Ähm, Sie haben heute Morgen nicht zufällig Nachrichten gesehen …?»
    Die Frage war dermaßen unpassend, dass Frost am liebsten gleich aufgelegt hätte.
    «… Es ist nämlich so, letzte Nacht gab es noch einen Mordversuch an einer Kellnerin in Wisconsin. Der Kerl hat sie gefesselt und verprügelt und sie dann mit einem Messer angegriffen, genau wie bei Marian. Ich dachte, Sie sollten vielleicht mal den FBI-Agenten anrufen, der uns auf die Sache hingewiesen hat. Kann doch sein, dass es da eine Verbindung gibt.»
    Frost holte tief Luft. «Du liebe Zeit, Theo, aus Ihnen wird vielleicht doch nochmal ein richtiger Polizist.»
    «Jawohl, Sir. Soll ich Ihnen die Nummer durchgeben?»
    «Oh. Ja. Danke.»
    Als er den FBI-Agenten

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