Sieh mir beim Sterben zu (German Edition)
werfen, doch der Köter hatte ihn nicht weiter beachtet. Er beschränkte sich darauf, vor der Tür sitzen zu bleiben, durch die sein Frauchen verschwunden war, und den Türknauf anzustarren. Jetzt ignorierten ihn also schon die Hunde – was für ein Leben!
Als er Grace MacBrides Wagen in die Auffahrt einbiegen sah und die Haustür unten schlagen hörte, fühlte er sich merkwürdig erleichtert und ging zum Aufzug.
Er fand sie in der eindrucksvollen Küchenlandschaft, wo sie gerade dabei war, frisches Gemüse, das jedem Bauernmarkt alle Ehre gemacht hätte, Fleisch und Schalentiere aus den Einkaufstüten zu räumen. Sie bedachte John Smith mit einem raschen Blick und nickte ihm knapp zu. «Drüben im Frühstückszimmer stehen Kaffee und frisches Gebäck.»
«Vielen Dank. Sie kochen?»
«Ich bin im Begriff dazu.»
«Kann ich Ihnen vielleicht helfen?»
«Nein. Vielen Dank.» Letzteres hatte sie noch in letzter Sekunde als Tribut an die Höflichkeit angefügt, doch er hatte trotzdem keinen Zweifel daran, dass er gerade eine Abfuhr erhalten hatte. «Das ist meine Art auszuspannen», setzte sie erklärend hinzu.
Smith nickte. «Das verstehe ich. Bildschöne Artischocken.»
Damit ging er und ließ sie in Ruhe, was sie nicht erwartet hatte. Und ebenso wenig hatte sie erwartet, dass er die ungewöhnliche Perfektion eines so notorisch unterschätzten Gemüses wie der Artischocke zu schätzen wusste.
Sie legte die Zutaten zurecht, die als Erstes zubereitet werden mussten, schärfte die Messer, die sie verwenden wollte, und legte sie in genau der richtigen Reihenfolge auf das Schneidebrett. Aus dem Frühstücksraum nebenan hörte sie John Smith mit Kaffeegeschirr klappern.
Gott, wie sie Menschen doch verabscheute. Sie übervölkerten den Erdball und kamen einem ständig in die Quere, lenkten einen ab und hinderten einen an produktiver Arbeit. Grace legte das letzte frischgeschliffene Messer sanft auf die Arbeitsfläche, holte entnervt Luft und ging dann hinüber ins Frühstückszimmer. «Können Sie mit einem Messer umgehen, ohne sich gleich die Hand abzuschneiden?»
John Smith musterte sie. «Ja. Es sei denn, ich soll mich um die Artischocken kümmern. Da wäre mir eine Schere lieber.»
Graces Augenbrauen waren bereits oben, bevor sie es verhindern konnte. «Sie kochen selber.»
«Nur zur Entspannung.»
«Ich will sie anschmoren und dann füllen.»
«In Ordnung.»
Eine halbe Stunde lang arbeiteten sie gemeinsam in der Küche und wechselten dabei kaum zwanzig Worte. Als Grace das Kochmesser mit der zwanzig Zentimeter langen Klinge über das Schneidebrett rattern hörte, riskierte sie einen Seitenblick auf John Smith, der gerade den Knoblauch hackte, sah dann aber rasch wieder weg. Er hatte die Artischocken perfekt geputzt; außerdem hatte er eine ziemlich gute Vinaigrette für den Rucola vorbereitet, an der sie beim besten Willen nichts aussetzen konnte, als sie sie probierte, und er stellte auch kaum Fragen, nur, wo er die Zitronen finden könne und ob ihr Meyer-Zitronen oder normale lieber seien. Sie hatte fast das Gefühl, sich selbst dabei zu beobachten, wie sie alles andere um sich her vergaß und sich ganz auf das Kochen einließ. Das war ein wenig verstörend. War sie dem FBI-Agenten John Smith tatsächlich so ähnlich? Einem Mann, der außerhalb der Arbeit kein Leben besaß, bis auf die meditativen Fluchten zu den Lebensmitteln, die nichts von einem verlangten und doch alles gaben, was man jemals von ihnen erwarten konnte? Lieber Himmel. Er war fast zwanzig Jahre älter als sie und eine leere Hülle.
«Haben Sie das Gefühl, Ihre Zukunft vor sich zu sehen?» Das fragte er sie nach etwa einer Stunde, als sie fast so weit waren, das Essen anzurichten, und Grace wäre fast zusammengesackt, als hätte er ihr einen Schlag in die Magengrube verpasst. Wenn jemand so eindeutig richtig lag, blieben nicht viele Reaktionsmöglichkeiten, und so antwortete sie wahrheitsgemäß.
«Ein bisschen vielleicht.»
Smith lächelte und wischte einen verirrten Tropfen Olivenöl von einem Tellerrand, wo er nicht hingehörte. «Sie sind jung. Sie haben noch viel Zeit.»
Grace spießte einen perfekt gegrillten Shrimp auf und hielt ihm die Gabel hin. Bisher hatte sie nur Magozzi je mit ihrer Gabel gefüttert. Bei ihm war es eine Erdbeere gewesen, das wusste sie noch; sie hatte sie zuvor in dunkle Schokolade getaucht. «Sie waren doch auch einmal jung und hatten genauso viel Zeit.»
«Aber ich war dumm. Das sind Sie nicht. Ich
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