Sigi Wulle 4 - Sigi Wulle raecht den Hund X
Krieger.
„Und woher nimmst du eine Trage?“ fragte Fred.
„Wir bauen eine.“
Das machten wir so, wie ich es mal in einem Buch gelesen hatte. Da war eine Dschungelexpedition beschrieben worden, bei der sich der Forscher ein Bein zerquetscht hatte. Wir brachen zwei lange gerade Äste ab, entfernten davon Zweige und Laub und legten sie auf den Boden. Ich zog mein Hemd aus, und wir schoben die Hölzer durch die Ärmel. Dann rollten wir den Hund darauf, obwohl er wieder jämmerlich jaulte, und warteten ab, bis er sich beruhigt hatte. Schließlich hoben wir die Trage vorsichtig auf und marschierten ab.
Voran ging Benno. Hinter ihm liefen Fred, der die vorderen Astenden trug, und ich, der die hinteren schleppte. Ich paßte noch auf, daß der Hund auch brav liegenblieb und nicht vor Angst hinunterpurzelte. Die Nachhut bildete Maxi, der einen Knüppel schwang, um dem Gangster eins auf die Rübe zu geben, falls er die Unverfrorenheit besaß, uns Komantschen wegen des armen Tieres in den Weg zu treten.
So kamen wir langsam voran, durchquerten den Wald, wobei es immer bergrunter ging in ein Wiesental. Dort verläuft eine Landstraße, ein Wassergraben mit Bisamratten drin und unser kleiner Fluß, über den eine Holzbrücke führt. Der Weg ist weich und ein bißchen naß , weil das Gelände früher der Abfluß eines Sees war, der im Verlauf von vielen tausend Jahren austrocknete und sich in ein Moor verwandelte, das die Menschen allmählich trockenlegten. So hat es uns jedenfalls mal der Heimatkundelehrer erklärt.
Auf der anderen Seite des Tales stiegen wir bergan, am Fischweiher, am Schwimmbad, am Reitplatz und am Sportplatz vorbei, und da begegneten uns verschiedene Leute und ein Haufen Kinder, die wissen wollten, was passiert war. Maxi erzählte es ihnen, und da regten sich alle gewaltig auf über die Grausamkeit des Tierquälers, und viele schlossen sich uns an. Vor unserem Haus angekommen, hatte sich eine ganze Prozession von Kindern, Jugendlichen und auch Erwachsenen gebildet. Die Empörung wuchs wie eine Lawine an, und alle schrien durcheinander.
Wir setzten die Trage in unserem Hof ab. Der Hund wollte schon hinunterkrabbeln, weil er wohl Angst bekam vor den vielen Menschen und nicht wußte, warum sie sich so aufregten. Aber als ich ihn streichelte, legte er sich wieder auf die Seite. Dann kamen meine Eltern heraus, denen der Maxi auch alles erklärte. Nach einer Weile brausten einige Autos herbei, und die Bremsen quietschten, als sie vor unserem Haus anhielten. Türen schlugen zu, und die Leute, die sich in unserem Hof versammelt hatten, guckten nach, wer da kam.
Es waren der dicke Gendarm, der Viehdoktor und zwei Leute von der Zeitung. Jemand hatte sie herbeitelefoniert, damit sie sich um dieses Verbrechen kümmerten, was sie auch gleich taten. Dr. Hasenpfeffer untersuchte den Hund lange und schüttelte dabei mehrmals den Kopf, weil auch er eine solche Schurkerei nicht begriff und sich bestimmt darüber wunderte, daß das Tier so lange die entsetzlichen Qualen ausgehalten hatte. Dann fragte uns der Gendarm aus. Wir erzählten ihm die Geschichte, wobei er einiges in einen Block schrieb, wie auch einer der Reporter, während der andere mit seiner Blitzlichtkamera viele Fotos schoß: von dem Hund, von mir mit dem Hund, von dem Hund samt allen Komantschen und zuletzt von den vielen empörten Leuten in unserem Hof, die alle meinten, so ein verdammter Schinder, der fähig sei, so ein verdammtes Verbrechen zu begehen, gehöre hinter Schloß und Riegel.
„Und nun?“ knurrte der dicke Gendarm.
„Und nun?“ näselte der eine Reporter.
„Tja“, sagte der Viehdoktor. „Was nun?“
Alle hoben die Schultern und guckten einander fragend an, auch die Leute drum herum. Aber keinem fiel etwas ein, wie man dem armen Tier helfen könnte. Immer regen sich die Leute auf, wenn etwas Schlimmes passiert, aber wenn geholfen werden soll, drückt sich jeder, so gut er kann.
„Ein alter Köter“, meinte der Viehdoktor.
„Und häßlich obendrein“, knurrte der Gendarm, der immer knurrt, weil er vielleicht glaubt, daß ein Gendarm knurren muß, damit man ihn respektiert.
„Der leidet entsetzlich!“ näselte der Reporter.
„Machen wir seinen Qualen ein Ende?“ fragte der Viehdoktor.
„Aber wie?“
„Eine Spritze genügt.“
„Tut ihm das nicht weh?“
„Nee“, sagte der Viehdoktor. „Der schläft ganz sachte ein, und wenn er wach wird, ist er tot und im Hundehimmel.“
Rettung mit knapper Not
A ls ich
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