Sigma Force 02 - Feuermönche
gut anderen Verpflichtungen widmen.
Gray ging durch das Labyrinth der Gänge zu den Aufzügen. Es roch nach frischer Farbe und altem Zement.
Die unterirdische Festung, in der das Oberkommando von Sigma untergebracht war, war früher einmal ein Atomschutzbunker gewesen. Im Zweiten Weltkrieg hatte er einen wichtigen Thinktank beherbergt, doch seitdem hatte die Anlage lange Zeit leer gestanden. Nur wenige wussten überhaupt von ihrer Existenz. Sie war tief unter dem Mekka der wissenschaftlichen Gemeinde Washingtons vergraben: unter dem Campus der Museen und Laboratorien der Smithsonian Institution.
Jetzt hatte das unterirdische Labyrinth neue Bewohner. Nach außen hin war es bloß ein weiterer Thinktank. Viele Beschäftigte arbeiteten in den Labors, gingen dort ihren Forschungen nach und nutzten die vorhandenen Ressourcen. Die Nähe zu den breit diversifizierten Forschungslabors hatte bei der Ortswahl den Ausschlag gegeben. Die Anlagen woanders nachzubauen wäre zu teuer gewesen. Deshalb hatte man Sigma im Herzen von Washingtons wissenschaftlicher Gemeinde versteckt. Die Smithsonian Institution war Hilfsmittel und Tarnung zugleich.
Gray legte die Handfläche auf das Abtastfeld des Aufzugs. Eine blaue Linie scannte seinen Handabdruck. Zischend öffneten sich die Türen. Er trat hindurch und drückte den Knopf mit der Aufschrift LOBBY. Lautlos stieg der Aufzug von der vierten Ebene in die Höhe.
Dass er auf verborgene elektronische Datenträger gescannt wurde, spürte er nicht. Damit sollte verhindert werden, dass Daten aus der Kommandozentrale hinausgeschmuggelt wurden. Der hohe Sicherheitsstandard hatte freilich auch seinen Preis. Gleich in der ersten Woche hatte Monk unbeabsichtigt einen systemumfassenden Alarm ausgelöst, weil er nach de m N achmittagsjogging einen nicht zugelassenen MP3-Player dabeigehabt hatte.
Die Türen öffneten sich, dahinter lag ein ganz normaler Empfangsbereich mit zwei bewaffneten Wachmännern und einer Empfangsdame. Es hätte ebenso gut die Lobby einer Bank sein können. Die zahlreichen Überwachungsgeräte und Sicherheitsvorkehrungen nach dem neuesten Stand der Technik hätten freilich dem Vergleich mit Fort Knox standgehalten. Ein zweiter Eingang zum Bunker, ein großer Servicezugang, befand sich in einem privaten Garagenkomplex in einer halben Meile Entfernung und war ebenso gut geschützt. Dort wurde gerade sein Motorrad instandgesetzt. Deshalb musste er zu Fuß zur U-Bahn, wo er für Notfälle wie diesen ein Mountainbike abgestellt hatte.
» Guten Morgen, Dr. Pierce «, sagte die Empfangsdame.
» Hallo, Melody. «
Die junge Frau wusste nicht, was in der Tiefe verborgen war. Sie glaubte an die Geschichte mit dem Thinktank, der ebenfalls Sigma hieß. Nur die Wachleute wussten Bescheid. Sie grüßten Gray mit einem Kopfnicken.
» Machen Sie Schluss für heute? «, fragte Melody.
» Ich bin nur etwa eine Stunde weg. « Er schob den holographischen Ausweis durch den Leseschlitz, dann drückte er den Daumen auf den Bildschirm und meldete sich ab. Früher hatte er die Sicherheitsmaßnahmen für übertrieben gehalten. Jetzt hatte er seine Meinung geändert.
Die Außentür wurde entriegelt.
Einer der Wachposten öffnete die Tür, trat hindurch und hielt sie Gray auf. » Wünsche einen schönen Tag, Sir «, sagte er.
Von schön konnte bislang keine Rede sein.
Er schritt durch einen langen, holzgetäfelten Gang, dann kam eine Treppe, die in den öffentlichen Teil des Gebäudes hochführte. Er gelangte in eine große Halle und kam an einer japanischen Touristengruppe mit Führer vorbei. Niemand nahm von ihm Notiz.
So viel dazu, sich vor den Augen der Öffentlichkeit zu verstecken.
Als er über den gekachelten Boden schritt, schnappte er den mechanisch heruntergeleierten Vortrag des Fremdenführers auf. » Smithsonian Castle wurde achtzehnhundertfünfundfünfzig fertig gestellt, nachdem Präsident James Polk den Grundstein gelegt hatte. Es handelt sich um die größte und älteste Einrichtung der Institution und hat früher einmal das Wissenschaftsmuseum und die Forschungslaboratorien beherbergt. Jetzt sind darin die Verwaltung und das Informationszentrum der fünfzehn Smithsonian-Museen sowie der Nationalzoo und zahlreiche Forschungseinrichtungen und Galerien untergebracht. Wenn Sie mir bitte folgen würden … «
Gray hatte den Nebenausgang erreicht, der zum Smithsonian Castle führte, und trat ins Freie. Er blinzelte, vom Sonnenschein geblendet, und beschattete die Augen mit der
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