Sigma Force 03 - Der Genisis Plan
dessen bewusst war.
Ich bin Johann Hirzfeld, sagte der alte Mann. Dann sind Sie also wegen der alten Bibliothek hergekommen. Sie sind nicht die Einzigen, die sich in letzter Zeit dafür interessieren. Jahrzehntelang hat keine Menschenseele danach gefragt. In diesem Jahr sind Sie schon der zweite Besuch.
Gray musste an Fionas Schilderung des geheimnisvollen älteren Herrn denken, der Grettes Akten durchgesehen hatte. Offenbar war er dabei auf den Kaufbeleg der Bibel gestoßen und hatte die Spur bis hier her verfolgt. Rayn hat gemeint, Sie hätten die Bibel dabei. Die Darwinbilbel, sagte Gray. Der alte Herr streckte die Hände aus. Fiona reichte ihm die Bibel. Er legte sie sich auf den Schoß. Hab sie nicht mehr gesehen, seit ich ein Junge war, sagte er schnaufend und blickte seinen Sohn an. Danke, Rayn. Ich glaube, du solltest wieder zur Rezeption zurückgehen.
Rayn zog sich widerwillig zurück. Johann wartete, bis sein Sohn die Tür des Gewächshauses hinter sich geschlossen hatte, dann senkte er den Blick seufzend auf die Bibel. Er schlug das Deckblatt auf und betrachtete den Stammbaum der Familie Darwin. Das war eines der wertvollsten Besitztümer unserer Familie. Mein Urgroßvater hat die Bibel im Jahr 1901 von der British Royal Society geschenkt bekommen. Zur Jahrhundertwende war er ein berühmter Botaniker.
Melancholie schwang in seiner Stimme mit. Die wissenschaftliche Forschung hat in unserer Familie eine lange Tradition. Nicht zu vergleichen mit den Errungenschaften des Herrn Darwin, aber ein paar Fußnoten gehen schon auf ihr Konto. Sein Blick wanderte zu den regenüberströmten, tropfenden Glasscheiben. Aber das ist lange her. Jetzt müssen wir halt als Hoteliers berühmt werden.
Zurück zur Bibel, sagte Gray. Können Sie mir etwas darüber erzählen? War die Bibliothek schon immer hier untergebracht? Gewiss. Wenn einer von uns ins Ausland ging, um zu forschen, nahm er auch das eine oder andere Buch mit. Die Bibel aber hat das Haus nur einmal verlassen. Ich erinnere nur deshalb daran, weil ich zugegen war, als sie zurückgegeben wurde. Wir erhielten Post sie per Post. Das verursachte einige Aufregung. Warum? Ich habe mir gedacht, dass Sie danach fragen würden. Deshalb habe ich Rayn weggeschickt. Das braucht er nicht zu hören. Was meinen Sie? Mein Großvater Hugo hat für die Nazis gearbeitet. Und meine Tante Tola auch. Die beiden waren unzertrennlich. Ich habe erst später davon erfahren. Es wurde darüber getuschelt, dass sie an einem Geheimprojekt beteiligt wären. Beide waren angesehene Biologen.
Wobei ging es dabei, fragte Monk. Das wusste niemand. Mein Großvater und Tante Tola sind zum Kriegsende beide ums Leben gekommen. Einen Monat zuvor aber traf eine Kiste meines Großvaters ein. Darin waren einige der Bücher, die er mitgenommen hatte. Vielleicht ahnte er schon, dass er nicht überleben würde, und wollte die Bücher für die Nachwelt bewahren. Insgesamt waren es fünf. Der Mann tippte auf die Bibel. Das hier war dabei. Aber inwiefern ihm die Bibel bei der Forschung helfen sollte, weiß ich wirklich nicht.
Vielleicht eine Erinnerung an Zuhause, meinte Fiona leise. Es war, als bemerkte Johann die junge Frau erst jetzt. Er nickte bedächtig. Schon möglich. Vielleicht erinnerte sie ihn an seinen Vater und er wollte sich auf diese Weise Symbolisch seiner Anerkennung vergewissern. Sozusagen als Legitimation für sein Handeln. Der alte Man schüttelte den Kopf. Für die Nazis zu arbeiten. Grauenhaft.
Gray erinnerte sich an eine Bemerkung Rayns. Moment mal, Sie sind doch Juden, nicht wahr?
Ja. Aber Sie sollten wissen, dass meine Urgroßmutter, Hugos Mutter, eine Deutsche mit engen Familienbindungen war. Die reichten bis in die NSDAP. Als Hitler mit der Rassenverfolgung begann, wurde unsere Familie verschont. Wir galten als Mischlinge. In unseren Adern floss so viel deutsches Blut, dass wir dem Todesurteil entgingen. Zum Beweis ihrer Loyalität wurden mein Großvater und meine Tante von den Nazis rekrutiert. Die horteten Wissenschaftler so emsig wie Eichhörnchen ihre Nüsse. Dann hat man sie also zur Zusammenarbeit gezwungen, bemerkte Gray. Johann blickte nach draußen in den Regen. Das waren schwierige Zeiten. Mein Großvater hatte eigenartige Überzeugungen. Als da wären? Johann tat so, als habe er die Frage nicht gehört. Er schlug wider die Bibel auf und blätterte darin. Gray fielen dabei handschriftliche Anmerkungen ins Auge. Er trat näher heran und
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