Silberband 010 - Thora
Wahrscheinlichkeit von null
Komma eins-drei, sie gehört also mit zu denen, die wir in Erwägung ziehen müssen. Jetzt kommen
wir zu den Zweigmöglichkeiten. Eine davon ist die, daß der Regent die abgerufene Blockadeflotte,
anstatt uns damit anzugreifen, zum Schutz von Arkon III beordert und sie einen Verteidigungsring
bilden läßt. Auch darauf sind wir vorbereitet. Diese Zweigmöglichkeit hat die Wahrscheinlichkeit
null Komma vier-vier, sie liegt also oberhalb der Grenze, die Atlan vorgeschlagen hat. Ebenso
wahrscheinlich ist es, daß der Regent die Flotte uns angreifen läßt. Bleibt eine
Wahrscheinlichkeit von null Komma eins-zwei für eine andere oder auch mehrere Zweigmöglichkeiten.
Zum Beispiel die, daß die Blockadeflotte auf Arkon III landet, wichtiges Material, unter
Umständen auch Einzelteile des Regenten selbst, an Bord nimmt, damit verschwindet und uns eine
lange Nase dreht. Nach Atlans Vorschlag würden wir diese Zweigmöglichkeit unter den Tisch fallen
lassen.« Er seufzte und fuhr sich mit der Hand über die Haarstoppeln. »Ich glaube, das können wir
uns nicht leisten.«
»Dieser Ansicht bin ich auch«, stimmte Rhodan ernst zu. »Die Idee ist gut, aber der Vorschlag
selbst ist zu kraß. Wir streichen alle Zweigmöglichkeiten von weniger als null Komma eins. Auf
welche Zahl würde das die Zweige reduzieren?«
Reginald Bull rechnete nach.
»Fünfunddreißig«, antwortete er.
»Das reicht aus. Mit den Unterzweigen halten wir es genauso. Was bleibt dann übrig?«
»Einundvierzig Unterzweigmöglichkeiten.«
»Und die Gesamtwahrscheinlichkeit dafür, daß wir mit unserer Auswahl die tatsächliche Reaktion
des Regenten erfaßt haben?«
Diesmal dauerte die Rechnung ein wenig länger. »Null Komma neun-drei-sieben.«
Perry Rhodan schlug mit der Hand auf das Pult.
»Das genügt uns«, entschied er. »Selbst wenn man in Erwägung zieht, daß der Regent bemüht sein
wird, sich eine möglichst wenig wahrscheinliche Reaktion auszudenken.«
»In Ordnung«, stimmte Bull zu. »Dann brauchen wir weiter nichts zu tun, als die
Programmschablonen anzufertigen. Eine für jede Einheit?«
»Zwei«, bestimmte Rhodan.
Atlan hatte seine Haltung nicht geändert. Er stützte den Kopf in die Hand und starrte
nachdenklich vor sich hin.
»Nicht einverstanden, Admiral?« fragte Perry Rhodan, während er mit dem Sessel herumglitt und
den Freund betrachtete, der grübelnd dasaß.
Atlan schüttelte den Kopf. Es konnte ebensogut ›nein‹ bedeuten wie, daß die Frage nicht
richtig gestellt war.
»Die Sache ist riskant«, murmelte er. »Ich wollte, ich könnte es dir beweisen, Perry. Aber
vorläufig weiß ich noch nicht, wo der Haken sitzt.« Er sah auf. »Ich meine, wir brauchten noch
ein paar Monate Vorbereitung. Mindestens ein paar Monate. Bist du ganz sicher, daß nicht deine
Verbitterung über Thoras Tod die Triebkraft ist, die dir diesen Plan eingab?«
Perry Rhodan hatte eine rasche Antwort auf der Zunge. Dann überlegte er es sich jedoch und
antwortete erst eine Weile später.
»Nicht ganz sicher, Arkonide«, gestand er kopfschüttelnd. »Vielleicht ist wirklich
Thoras Tod der Anlaß. Aber was soll die Frage? Haben wir uns nicht jeden einzelnen Zug, den wir
unternehmen wollen, hundert- oder tausendmal durch den Kopf gehen lassen? Haben wir nicht unsere
Pläne so sorgfältig wie möglich gemacht? Haben die positronischen Automaten nicht einwandfrei
errechnet, daß die Wahrscheinlichkeit für ein Gelingen des Vorstoßes unter den gegebenen
Umständen mehr als neunzig Prozent beträgt? Spielt es da noch eine Rolle, welches der eigentliche
Anlaß war?«
Atlan zuckte mit den Schultern. »Ich glaube, daß es eine Rolle spielt. Pläne, auf die man nur
im Zustand der Erregung, aber nicht mit nüchternem Verstand kommt, haben meist irgendwo einen
Fehler. Und natürlich ist die Existenz des Fehlers unabhängig davon, ob man ihn sieht oder
nicht.«
»Die Positronik hätte ihn entdeckt«, antwortete Rhodan.
Daß Atlan mit seinen Plänen nicht völlig einverstanden war, bedrückte ihn auf merkwürdige
Weise. In Sekundenschnelle ließ Perry Rhodan sich noch einmal all die Gründe durch den Kopf
gehen, die ihm plausibel gemacht hatten, daß gerade jetzt ein günstiger Augenblick für den
Angriff auf Arkon gekommen sei. Er fand auch diesmal keinen Fehler, und da auch die
Rechenmaschinen keinen gefunden hatten, kam er zu der Ansicht, daß Atlan ganz einfach ein
Pessimist war. Es mochte
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