Silberband 019 - Das Zweite Imperium
gekommen. Der Lärm hat uns wieder ins
Planetarium getrieben. Wir sitzen auf einem Pulverfaß, das jede Sekunde hochgehen kann. Was ist
eigentlich vorgefallen? Leyden, Sie wissen mehr, als Sie uns bisher gesagt haben.«
Er wich aus. »Ich fahre nach oben und sehe mir das Planetarium aus der Nähe an.
Wir sprechen nachher ausführlich darüber.«
Er ließ sich hinauftragen. Er beobachtete und konnte zu seiner Erleichterung
nichts Außergewöhnliches feststellen. Und doch fuhr er mit einem Gefühl, etwas übersehen zu
haben, wieder nach unten zurück.
Das unterbrochene Gespräch mit Mussol und Mungs wurde nicht weitergeführt, da
Leyden schnellstens zur Positronik in die Baracke zurück, die gespeicherten Daten erfahren und
mit ihrer Hilfe seine Berechnungen anstellen wollte.
Während er im Gleiter seinem Ziel entgegenflog, dachte er nach langer Zeit zum
erstenmal wieder an die Faltonsche Theorie. Falton war ein Arkonide, der vor mehr als
sechstausend Jahren gelebt hatte. Bald nach seinem Ableben gerieten seine Arbeiten in
Vergessenheit, bis terranische Wissenschaftler sie in einer alten Speicherbank wiederfanden.
Aber im Bereich des Imperiums stieß die Theorie Faltons überall auf Ablehnung.
Tyll Leyden hatte sich durch das negative Urteil namhafter Experten nicht davon abhalten lassen,
sich trotzdem mit der Theorie zu beschäftigen und mit ihr zu experimentieren.
Er spannte zu diesem Zweck die halbe wissenschaftliche Besatzung des
EXPLORER-2115 ein, obwohl ihm vom Kommandanten her untersagt worden war, mit der Theorie zu
experimentieren.
Falton hatte mit seiner Theorie behauptet, daß man aufgrund einer Anzahl
bestimmter Messungen im freien Raum feststellen konnte, ob ein fernes Sonnensystem Planeten besaß
und ob diese bewohnt, beziehungsweise bewohnbar waren.
Inzwischen wußte er, daß Faltons Theorie nur begrenzt anwendbar war. Man würde
die herkömmliche Methode durch diese Theorie nicht ersetzen können. Faltons Theorie ließ sich
bestenfalls als Ergänzung zu den gebräuchlichen Meßmethoden anwenden und besaß keineswegs
universelle Gültigkeit. Lediglich auf die spezifischen Verhältnisse des EX-2115-485-Systems war
diese Theorie anwendbar und lieferte bisher exakte Erkenntnisse.
Leydens Gleiter setzte auf. Der Wissenschaftler war überrascht und mißtrauisch
zugleich, als er einen anderen Gleiter vor der Positronik stehen sah.
Mit drei Sätzen war Leyden an der Tür, stieß sie auf und sah Sascha Populos vor
der Positronik stehen.
Der Gravitationsexperte kehrte ihm den Rücken zu. Hatte er Leydens Eintritt
nicht bemerkt?
»Populos!«
Der Wissenschaftler zuckte zusammen und drehte sich um.
»Sie?« sagte er leise, aber gedehnt. »Großer Himmel, haben Sie mich
erschreckt.«
Leyden musterte ihn. »Was machen Sie hier?« fragte er barsch.
Populos grinste. »Herkules und seine Erscheinungen interessieren mich. Ist es
neuerdings untersagt, sich in seiner Freizeit wissenschaftlich zu betätigen? Ich bin hier, um
einige Dinge durchrechnen zu lassen. Aber ich möchte wissen, welcher Dummkopf die Positronik auf
Null gestellt hat.«
Das warst du, dachte Tyll Leyden zornerfüllt, aber er beherrschte sich. Ein Wutausbruch
wäre sinnlos gewesen, denn wie hätte er beweisen sollen, daß Sascha Populos absichtlich das
Speicherwissen der Positronik gelöscht hatte? Und so machte er gute Miene zum bösen
Spiel.
»Vielleicht hat es jemand ungewollt getan, Populos. Mußten Sie denn den
Speichersektor aktivieren?« Aber mit dieser Frage fing er den Gravitationswissenschaftler
nicht.
»Ich bin kein lebendes Formelbuch wie Sie, Leyden. Daß ich vom Speichersektor
abhängig bin, weiß jeder. Aber Sie sehen mich wohl nicht gern in Ihrer Nähe? Ich finde auch
anderswo Rechengehirne. Bitte, die Positronik steht Ihnen zur Verfügung.« Er lächelte
boshaft.
»Danke«, erwiderte Leyden.
Sein Gesicht blieb unbewegt. Er wartete, bis Populos den Raum verlassen und sich
mit seinem Gleiter entfernt hatte. Dann stellte er mit wenigen Kontrollen fest, daß das gesamte
Speicherwissen des Rechengehirns gelöscht worden war.
Viel war die Maschine jetzt nicht mehr wert. Leyden unterdrückte seinen Ärger.
Noch einmal trat er vor jene Geräte, die durch einen unheimlichen Eingriff von außen blitzartig
zerstört worden waren.
»Das, was zuschlug, ist fünfdimensional gewesen. Kein Zweifel«, sagte er laut.
Er verstummte und blickte wieder nach draußen zu Herkules hin. Aus
Weitere Kostenlose Bücher