Silberband 036 - Die Zeitpolizei
Zwanzig Kilometer entfernt landeten sie
in einem Beobachtungsraum, dessen Wände aus ganzen Reihen von Bildschirmen bestanden. Sie
entdeckten den Schwingungswächter sofort, der scheinbar ratlos vor der Kamera stand und
überlegte, wo die beiden Terraner geblieben waren.
»Er scheint sich mit jemand zu unterhalten«, sagte Tronar. »Wahrscheinlich steht er mit seinem
Golem in Verbindung. Hoffentlich kann er uns nicht anpeilen.«
»Wir wissen noch nicht sehr viel über den Golem, aber mit Sicherheit ist anzunehmen, daß es
dort Vorrichtungen gibt, mit denen wir zu orten sind. Selbst jetzt, wenn wir die Helme öffnen und
uns direkt verständigen. Wir hätten das vielleicht schon früher tun sollen.« Rakal hatte den Helm
zurückgeklappt. Tronar folgte seinem Beispiel. Die Luft in der Station war gut und frisch. »Wir
werden es bald wissen.«
Sie fädelten sich erneut ein und gelangten in derselben Sekunde bis an den Rand der
Trägerkuppel. Sie standen wieder in der Funkzentrale, durch die sie in die Kuppel gelangt
waren.
Der Golem ruhte immer noch auf Plattform acht. Er wurde nicht mehr von Robotern angegriffen,
und die kreisenden Ultraschiffe stellten keine direkte Bedrohung dar.
»Dort ist er!« rief Rakal und zeigte auf einen der mehr als hundert Bildschirme. »Er hat uns
verloren.«
Der Schwingungswächter ging durch einen Korridor und geriet aus dem Blickfeld der Kamera.
Sekunden später tauchte er auf einem anderen Bildschirm auf. Er bewegte sich verhältnismäßig
langsam, und es war offensichtlich, daß er nicht wußte, wohin er sich wenden sollte. Sicher hatte
er noch wichtige Aufgaben zu bewältigen, ehe er OLD MAN übernahm, aber die Gegenwart von zwei
Terranern in der Festung mußte ihn stark beunruhigen.
Dann drehte er sich plötzlich um, und zwei seiner drei Augen starrten direkt in die Kamera
hinein.
Für Tronar war das ein unheimlicher Moment, denn es wirkte ganz so, als sähe der
Schwingungswächter sie aus einer Entfernung von nur wenigen Metern an. Aber in Wirklichkeit war
er nahezu einhundert Kilometer entfernt.
Sie wußten nicht, daß der Zweitkonditionierte in diesem Augenblick begriffen hatte, mit wem er
es zu tun hatte. Und sie wußten auch nicht, daß er sie allein aus diesem Grund zum Tode
verurteilt hatte.
15.
So und nicht anders mußte es sein!
Tro Khon erschauerte, als er an die Möglichkeit dachte, daß sich lebendige Wesen vor einer
Fernsehkamera entmaterialisierten und im Energiefluß flohen. Es gab aber keine andere Erklärung
für das Verschwinden der Terraner. Wären sie einfache Teleporter, so hätten sie es nicht nötig
gehabt, in der Kamera zu verschwinden. Sie hätten an jedem beliebigen anderen Ort verschwinden
können.
Es schien unmöglich, sie jemals zu fassen.
Er rief sein Symposium.
»Exekutor Nr. 6! Befehl für Sie: Bilden Sie sofort ein Jagdkommando und schicken Sie es in die
Kuppel. Ich werde inzwischen die Festung ganz unter Kontrolle bringen und jede Energie
abschalten. Die beiden eingedrungenen Terraner sind zu töten.«
Exekutor Nr. 6 gehorchte sofort. Der Dolan bildete aus seiner Körpermasse ein Dutzend Wesen,
die rein äußerlich Terranern ähnlich sahen. Aus dem Waffenarsenal erhielten die künstlichen
Halbintelligenzen Intervallstrahler, dann marschierten sie los. Es gab keine kampfkräftigere
Truppe, denn die Synthesewesen kannten keine Rücksicht auf ihre eigene Existenz. Rücksichtslos
würden sie ihre Opfer jagen, bis sie ihr Ziel erreicht hatten – oder vernichtet wurden.
Durch eine der zahlreichen Schleusen gelangten sie in das Innere der Trägerkuppel. Zwar war es
ihnen nicht möglich, die Individualstrahlung der beiden Terraner anzumessen, aber mit Hilfe der
technischen Möglichkeiten des Raumschiffes des Schwingungswächters hatten sie kaum Mühe, die
schwachen Eigenstrahlungen der terranischen Individualabsorber zu lokalisieren.
Sie zu orten, anzupeilen und allmählich einzukreisen war nicht mehr schwer.
Tro Khon machte sich inzwischen auf die Suche nach der Anlage, mit deren Hilfe sich die
Automatik von OLD MAN ausschalten ließ. Tief im Gedächtnisspeicher seines Gehirns schlummerte die
entsprechende Information, und er wußte auch, daß der Hebel eine rote Farbe haben mußte.
Er würde ihn rechtzeitig finden.
In der Funkzentrale fühlten sich Tronar und Rakal relativ sicher. Von hier aus
konnten sie alle Vorgänge innerhalb und außerhalb der Kuppel beobachten, ohne sich selbst der
Gefahr
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