Silberband 036 - Die Zeitpolizei
der Entdeckung auszusetzen. Immerhin wurden sie unruhig, als sie das Dutzend merkwürdiger
Wesen sahen, die auf die Trägerkuppel zumarschierten, schwere Strahler in den Händen.
»Sie sehen aus wie Menschen«, murmelte Tronar. »Aber es sind keine. Sie tragen keine
Raumanzüge, obwohl sie sich im Vakuum bewegen.«
Rakal starrte auf den Bildschirm.
»Sie kommen in unsere Richtung. Ob sie künstlich sind?«
»Wahrscheinlich. Der Schwingungswächter hat sie uns auf den Hals gehetzt. Hoffentlich werden
wir mit ihnen fertig.«
»Wir sind schneller als sie. Die Trägerkuppel ist auch zu groß, als daß sie uns einkreisen und
in die Enge treiben könnten. Aber wir sind unserem eigentlichen Ziel, Kontakt mit dem
Schwingungswächter aufzunehmen, keinen Schritt nähergekommen. Warum geben wir nicht auf?«
Tronar sah seinen Bruder verblüfft an.
»Aufgeben?« Er schüttelte den Kopf. »Atlan setzt sein ganzes Vertrauen in uns, und du willst
aufgeben?«
»Wenn es sinnlos ist, warum nicht?«
»Zumindest müssen wir eine Botschaft hinterlassen, die eindeutig genug ist, um unseren guten
Willen zu bekunden. Ich habe Folie bei mir und einen Schreibstift. Ob der Schwingungswächter
lesen kann?«
»Mit Sicherheit Interkosmo. Aber ich glaube, es ist noch zu früh, an eine schriftliche
Botschaft zu denken. Die Pseudomenschen sind inzwischen in die Kuppel eingedrungen. Die Art, in
der sie sich bewegen, läßt darauf schließen, daß sie unseren Aufenthaltsort kennen. Sie werden
vom Golem aus geleitet, und dort kann man uns anpeilen. Wir werden den Standort wechseln müssen,
ehe wir in der Falle sitzen.«
Über einen noch nicht erforschten Stromkreis gelangten sie Sekunden später an eine andere
Stelle innerhalb der Kuppel, fast hundert Kilometer von der Funkzentrale entfernt. Sie standen in
einer Generatorhalle, in der Energie erzeugt wurde. Da es dort keine Bildschirme gab, konnten sie
ihre Verfolger nicht mehr sehen. Auch wußten sie nicht, wo der Schwingungswächter steckte und was
er tat.
Sekunden später erlosch das Licht.
Tronar und Rakal standen wie erstarrt in der finsteren Generatorhalle. Das Summen und
Vibrieren der Maschinen verebbte langsam. Es wurde totenstill.
»Es ist kein Strom mehr da«, flüsterte Tronar erschrocken.
Tro Khon erreichte endlich die Umschaltstelle, nach der er so lange vergeblich
gesucht hatte. Hinter einem Glaskasten leuchtete der rote Hebel, unter dem eine schriftliche
Mitteilung angebracht war.
Der Schwingungswächter trat näher und versuchte, die unverständlichen Worte zu entziffern,
aber es gelang ihm nicht. Es war nicht Interkosmo, sondern terranisch. Wahrscheinlich die
Bedienungsanleitung für OLD MAN, sobald die Automatik abgeschaltet worden war.
Tro Khon knurrte zufrieden, als er mit der bloßen Faust den Glaskasten zerschlug und den roten
Hebel mit einem harten Ruck umlegte.
Das Licht flackerte, erlosch – und flammte wieder auf.
In seinem durchsichtigen Behälter, nur wenige dutzend Meter entfernt in einer anderen Halle,
begann das Koordinationsgehirn Rog Fanthers zu zucken, als würde es von unbeschreiblichen
Schmerzen gequält. Der Tyrannei der Kristalle war es glücklich entronnen, aber nun hatte es
jegliche Verbindung zu den Robotbefehlsstellen verloren. Der Kontakt war wie abgeschnitten, und
die lebenswichtige Versorgung mit Nährflüssigkeit und Sauerstoff hörte auf.
Das dreizehnte Steuergehirn wurde endgültig wahnsinnig, aber niemand konnte die telepathischen
Schmerzensäußerungen noch wahrnehmen. Isoliert und zum Tode verurteilt, schwamm es in einer
trüben Nährflüssigkeit.
Tro Khon ging zur Schaltzentrale und studierte sie. Seine leistungsfähigen Gehirne nahmen
alles in sich auf, was sie benötigten, und nach knapp fünf Minuten wußte der SchwingungsWächter,
wie er OLD MAN endgültig in seine alleinige Gewalt bringen konnte.
Seine erste Maßnahme war, die Kampfroboter neu zu programmieren und ihnen den Auftrag zu
geben, die beiden eingedrungenen Terraner zu vernichten. Dann nahm er Verbindung zu den noch
vollautomatisch gesteuerten Robotschiffen auf. Auch die Robotkommandanten ließen sich neu
programmieren, und als das geschehen war, erhielt die abwartende Flotte den Befehl, OLD MAN
anzusteuern und auf den Plattformen zu landen. Die Einschleusung wurde ebenfalls
programmiert.
Dann schaltete Tro Khon endgültig jegliche Energieerzeugung ab und machte sich auf die Suche
nach den Terranern, die in Stromkreisen fliehen
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