Silberband 046 - Der Todessatellit
waren in eine Unterhaltung vertieft und beobachteten unablässig fremdartige Diagrammschirme und andere Anzeigegeräte.
Waringer schaltete auf die Indirekt-Verständigungsfrequenz seines Helmtelekoms um und sagte:
»Wie ich hörte, haben Sie einen Erfolg erzielt, Accutron Mspoern.«
Der Accalaurie wandte sich um.
»Ich danke Ihnen«, ertönte die Stimme des Translators, der die Worte Mspoerns übersetzte. »Ohne Ihre Hilfe wäre es vielleicht zur Katastrophe gekommen. Hoffentlich geht es Ihnen wieder besser.«
»Es ist alles wieder in Ordnung«, sagte Waringer. »Doch nun zum Thema. Was verstehen Sie unter einem ›hyperphysikalischen Hohlraum‹, Mspoern?«
»Das läßt sich nicht einfach erklären, Waringer«, antwortete der Accalaurie. »Vielleicht könnte man so sagen: Innerhalb der Grenzschichten zwischen Chromo- und Photosphäre gibt es ein kugelförmiges Gebiet großer Ausdehnung, das von den Energieeinflüssen der Sonne völlig ausgespart wird. Dieses Gebiet kreist mit hoher und konstanter Geschwindigkeit um die Konvektionszone der Sonne. Es wird dabei nicht einmal von stärksten Wasserstoffausbrüchen behindert, ja, ich nehme sogar an, daß es für die Gasausbrüche gar nicht existiert.«
»Ich glaube, ich begreife jetzt, was Sie meinen, Accutron Mspoern«, sagte Waringer leise. »Es handelt sich wahrscheinlich um einen Ruhepol, der auf übergeordneter Ebene existiert und dennoch in gewisser Beziehung den Gesetzen dieses Kontinuums gehorcht.«
Er überlegte einige Minuten lang. Dabei beobachtete er die turbulenten glühenden Gasmassen, die rings um die SUN DRAGON brodelten. Immer wieder zuckten jene typischen Zickzackblitze über die Panoramaschirme, die aufzutreten pflegten, wenn Normalenergie in den Hyperraum geschleudert wurde. Es war die ganz normale Arbeitsweise des Paratronschirms.
Professor Dr. Waringer war sich klar darüber, daß die SUN DRAGON innerhalb der Photosphäre nicht so gefährdet war wie in den turbulenteren, dichteren und heißeren Schichten der Chromosphäre. Dennoch würden sie dort wieder hinauf müssen, wenn sie den Ruhepol ansteuern wollten.
Er wandte sich erneut an den Accalaurie.
»Bitte, nehmen Sie Ihre Unterlagen über die Flugbahn des Ruhepols mit, und kommen Sie zum Kommandanten«, forderte er Mspoern auf.
Accutron Mspoern winkte seinem Lobbyhuvos und ging voran. Er machte jedoch keine Anstalten, seine Unterlagen mitzunehmen.
»Sie haben etwas vergessen, Mspoern!« erinnerte Waringer ihn.
»Das ist schon in Ordnung, Waringer«, gab der Accalaurie zurück. »Lobbyhuvos hat die Daten gespeichert und wird sie über Funk übermitteln. Datenträger aus Antimaterie kann ich leider nicht verwenden.«
Waringer biß sich auf die Unterlippe.
»Entschuldigen Sie«, sagte er.
Kommandant Hamesener nahm die SERT-Haube ab, nachdem Waringer sich bemerkbar gemacht hatte. Der Oberstleutnant übergab die Steuerung der Automatik.
»Vielen Dank für die Unterbrechung, Sir«, sagte er mit verkrampftem Lächeln zu Waringer. »Wenn man unter dem ›Ding‹ steckt, vergißt man zu leicht, daß das menschliche Gehirn seine Belastungsgrenze hat.« Er wischte sich den Schweiß von der Stirn, während sein Blick sich zusehends klärte. »Was gibt es Neues?«
Professor Waringer berichtete ihm von der Entdeckung des Ruhepols und bat den Kommandanten, den Autopiloten mit den Daten, die Lobbyhuvos gab, zu programmieren.
Hamesener zog eine bedenkliche Miene.
»Das wird hart werden«, prophezeite er. »Aber ich sehe, wir haben nicht mehr viel Zeit.« Er deutete auf die Kontrollanzeige für Kernbrennstoff. »Wir haben bereits siebenundvierzig Prozent unseres hochkatalysierten Deuteriums verbraucht. Der Paratronschirm schluckt bei dieser Dauerbelastung unvorstellbare Energien. Also gut, sagen Sie dem Lobbyhuvos, er möchte mir die Daten übermitteln. Ich schalte um auf seine Frequenz.«
Die SUN DRAGON drohte zum Spielball übermächtiger Elemente zu werden. Vor wenigen Sekunden war sie in einen Magnetsturm geraten, der zeitweise auf bis zu zwanzigtausend Gauß anstieg. Der Paratronschirm verformte sich einmal zu einer Ellipse, dann wieder zu einer Hohlkugel. Immer wieder riß das vierdimensionale Raum-Zeit-Gefüge auf und verschlang die vom Paratronschirm abgestoßene Energie.
Alle Männer in dem Sonnenforschungsschiff hatten sich angeschnallt und die Helme geschlossen. Auch Lord Zwiebus hatte seinen Helm schließen müssen. Der Neandertaler war aufgeregt. Offenbar warnte ihn sein
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