Silberband 052 - Exil im Hyperraum
weißhaarigen Alten, sondern nach einem braungebrannten Uarter mit dem Körper eines Athleten. Avimol grinste in sich hinein. Doch dann wurde er wieder ernst.
Man würde ihn nicht erwischen, soviel war sicher. Aber in dieser Tarnung würde er auch nicht zurück nach Uarte fliegen können, selbst wenn es ihm gelang, sich unkontrolliert in das Schiff zu schleichen, das seinen Heimatplaneten anflog. Auf Uarte wurden nur Uarter von Bord gelassen.
Die einzige Möglichkeit, nach Hause zu kommen, stellten die Pedopeiler des ARRIVANUMs dar. Allerdings waren dort die Kontrollen besonders stark. Er brauchte andere Papiere, um sie passieren zu können.
Avimol beschloß, zuerst seinem knurrenden Magen etwas anzubieten. Auf der anderen Straßenseite stand eine fahrende Ausgabestelle für Speisen und Getränke. Ungefähr dreißig Pilger drängten sich dort. Es war überhaupt wenig Betrieb in der Stadt. Die meisten Pilger würden die ganze Nacht über gesucht haben und nun in ihren Unterkünften schlafen.
Der Uarter gähnte bei dem Gedanken an erquickenden Schlaf. Seine Rolle als Ette-Baum hatte ihn ermüdet. Er schlurfte über die Straße und wäre dabei beinahe von einem Lastengleiter niedergewalzt worden. Die Kraftfelder der Antigravkissen schleuderten ihn mindestens fünf Schritte weit zur Seite.
Sofort eilten ihm mehrere Pilger zu Hilfe. Sie waren sehr besorgt, führten ihn zum Ausgabestand und besorgten ihm ein Frühstück. Auf diese Weise brauchte Avimol wenigstens nicht anzustehen. Er erholte sich schnell von dem Sturz, dankte seinen Helfern und brach bald auf, um sich einen Platz zum Schlafen zu suchen.
Er befand sich mitten in einem großzügig angelegten Park, den er als Abkürzung benutzte, als er das Gefühl hatte, Halluzinationen zu erliegen. Die wenigen blaßgrauen Wolken am Himmel bewegten sich plötzlich mit rasender Geschwindigkeit, herabfallende Blätter schossen raketengleich an seinem Gesicht vorbei, und die Zweige der Bäume und Sträucher rüttelten heftig, obwohl nur eine schwache Brise wehte.
Avimol blieb stehen und drehte sich langsam um. Die Umgebung sah aus, als sähe er sie durch eine rosa gefärbte Brille. Die Luft war erfüllt von seltsamen Geräuschen: schrillem Pfeifen und Jaulen, harten peitschenden Lauten und donnerähnlichen Schlägen. Und das alles, ohne daß Avimol eine Ursache erkennen konnte.
Einmal krachte es hart über ihm, und er hatte den Eindruck, als wäre ein Schatten über den Boden gerast. Als er den Kopf drehte, entdeckte er an dem Vorsprung eines Tempels schwach glühende Trümmerstücke. In der Krone eines Baumes unterhalb des Vorsprungs hing eine seltsam verdrehte Gestalt.
Offenbar war ein Gleiter mit voller Wucht gegen den Tempel gerast, aber der Uarter konnte sich nicht erklären, wann das geschehen sein sollte. Alle Anzeichen deuteten daraufhin, daß der Unfall sich erst vor kurzem ereignet hatte, doch dann hätte er ihn sehen müssen. Ein Gleiter tauchte nicht aus dem Nichts auf.
Mitten im Park stand die Ruine eines uralten Tempels. Dort bemerkte Avimol so etwas wie schattenhafte Bewegung, konnte aber niemanden sehen.
Und schlagartig war die Umwelt wieder so, wie sie zuvor gewesen war. Die Wolken schwebten ruhig am Himmel, die Blätter taumelten langsam herab, und die Zweige schwankten ganz leicht in der morgendlichen Brise. Auch die seltsamen Geräusche waren verstummt.
Der Uarter war beunruhigt. Er fürchtete, an einem Nervenleiden erkrankt zu sein. Am liebsten hätte er seine richtige Gestalt angenommen, um zu überprüfen, ob der Anfall sich dann wiederholte. Doch das durfte er nicht, solange man nach ihm und den Terranern suchte.
Dann fiel ihm die Bewegung ein, die er bei der Tempelruine bemerkt hatte. Wenigstens an diesem einen Fall konnte er nachprüfen, ob er einer Halluzination erlegen war oder nicht. Mit grimmigem Gesicht stapfte Avimol auf die Ruine zu.
Der Tempel des Gajanath sollte vor sehr langer Zeit einmal der größte Tempel von Pedoar gewesen sein. Er war nicht aus Metallplastik-Fertigteilen gebaut worden wie die heutigen Tempel, sondern aus Kunststeinblöcken. Vor Jahrtausenden, so hieß es, hatte sich hier eine Explosion ereignet, den Tempel zerstört und zahlreiche Pilger und Diener getötet. Die Ruine war nicht wiederaufgebaut worden, und Wind und Wetter hatten das Zerstörungswerk fortgesetzt.
Avimol kletterte über einen von Blöcken gebildeten Hang, riß sich die Finger an Dornensträuchern auf und keuchte, als er oben angelangt war.
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