Silberband 056 - Kampf der Immunen
zwei Seiten wieder, nachdem er die beiden jeweils etwa zwei Quadratmeter großen Stücke übereinandergelegt hatte. Unter der Folie befanden sich zusammengetragene Blätter über einer weichen Sandschicht. Die kühle, feuchte Nachtluft machte vor der Höhle halt. Die warme Luftschicht, die von der verglimmenden Glut des Feuers aufstieg, strich entlang den Felsen nach oben und machte aus den Sternen zitternde Lichtpünktchen.
Halbnackt kroch Sandal in den dünnen Schlafsack hinein, verschränkte die Arme hinter dem Kopf und berührte mit der Hand den Kolben des Strahlers.
»Sie sind noch immer nicht gelandet! Diese feigen Mörder!« sagte er mißmutig.
Aber trotzdem hatte sich etwas geändert. Er war nicht mehr allein. Er hatte Freunde, die zwar seltsamer waren als alle Diener und Freunde, die er je in seinem Leben gekannt hatte, dennoch waren sie hilfreich. Er erinnerte sich fröhlich an die rasende Jagd mit dem Mnesarch. Er hatte aus dem Sitz heraus geschossen und den Braten zurückgeschleppt. Auch der Aufstieg war ihm erspart geblieben, da ihn Psyllida hinaufgetragen hatte.
»Ich werde …«, begann er leise.
Die Maschinen sahen in ihm einen Vertreter ihrer verschwundenen Erbauer. Sie mußten sehr alt sein, denn Psyllida hatte keinerlei geschichtliches Bewußtsein mehr gezeigt. Sie hatte vergessen, wann sie entstanden waren, wann dieser Planet seine Blütezeit gehabt hatte. Er, Sandal, würde zusammen mit den Maschinen gegen die Eindringlinge kämpfen. Er mußte die Roboter nur noch davon überzeugen, daß es auch ihr Interesse war, die Fremden zu bekämpfen, deren einzige Aufgabe Tod und Brand zu sein schien. Er hatte einen Weg gefunden, mit ihnen zu sprechen.
»Ich brauche einen besseren Diener«, murmelte er.
Psyllida war doch ein wenig zu unbequem gewesen, und mit tränenden Augen konnte er schlecht kämpfen.
Er dachte an Chelifer. Sie war Robotpsychologin, also ein Mensch, der Maschinen besser verstand als die Maschinen sich selbst. Sie kam aus der ehemals schönsten Stadt der Welt, hatte sie gesagt, aus Terrania City. Auch sie war gegen die Verdummungsstrahlung immun.
Im Alter von dreizehn oder vierzehn Jahren hatte sich in ihrem Gehirn ein Geschwür gebildet, wie die Terraner sagten. Der Tumor war herausoperiert worden, aber man mußte zwei Nervenleiter entfernen, weil sie von der Geschwulst angefressen waren. Chelifer führte ihre Immunität darauf zurück, daß sie zwei künstliche Nervenleiter unter der Schädeldecke hatte.
Auch sie hatte bis zur Pubertät Träume gehabt, die so ähnlich gewesen sein mußten wie seine eigenen. Auch Chelifer hatte hin und wieder leichte Kopfschmerzen, wenn die winzigen Operationsnarben drückten.
Sandal schlief ein.
Seine letzten Gedanken galten nicht der Armee von Robotern, die er brauchen würde, sondern Chelifer mit dem silberfarbenen kurzen Haar.
Sandal lag wieder auf dem weißen, warmen Baumstamm und ließ sich von der Sonnenhitze trocknen. Langsam bewegte sich sein Arm, baumelte herunter, die Finger tasteten nach dem breiten Armband. Dort war eine winzige Uhr eingebaut, die aus nichts anderem bestand als aus einer Reihe von Zahlen. Sandal blinzelte im grellen Licht und las ab:
15.07 – 11.11.41
»Der elfte November … und sie lassen noch immer auf sich warten!« sagte er und schob das Armband über das Handgelenk, dann schloß er das flexible Band. Er durfte dieses kleine Gerät nicht verlieren, es war die einzige Möglichkeit, mit seinen Freunden im Schiff in Verbindung zu treten.
Halb im Schlaf hörte er das Summen.
Er öffnete die Augen, und als er den Kopf hob, bemerkte er die vierte Maschine, die er bisher getroffen hatte. Sie glitt langsam durch die Luft auf ihn zu und sagte leise:
»Du bist der Mensch. Du bist derjenige, der keine energetische Auftankung braucht. Du kannst mir befehlen.«
Sandal stellte die Füße in den heißen Sand.
»Richtig!« sagte er verblüfft. »Ich bin der Mensch.«
Die Maschine sagte: »Ich bin Malkostraker.«
»Was ist Malko … straker?« erkundigte sich Sandal und schielte nach seiner Ausrüstung. Sie lag unberührt im Schatten eines überhängenden Baumes auf dem Sand.
»Ein Malkostraker ist etwas Ähnliches wie ein Mnesarch«, sagte die Maschine diensteifrig und summte dabei in höheren Tönen. »Ich bin nur besser.«
Sandal schaute die Konstruktion prüfend an. Das ›Ding‹, das vor ihm schwebte, bestand im wesentlichen aus zwei kleinen Kugeln und einer großen. Die beiden kleineren Kugeln saßen
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