Silberband 058 - Die Gelben Eroberer
geschehen würde. Die von der seltsamen Krankheit Befallenen waren weit in der Überzahl – Immune schien es nicht zu geben. Ein paar Männer und Frauen waren später befallen worden, aber bei ihnen ging der Wechsel von Aktivität zu Lethargie noch schneller vor sich.
Der Meister der Fünfzig Ersten Sprecher wußte inzwischen, daß bei den Verdummten ein umgekehrter Prozeß eingetreten war: Der Homo sapiens erwachte aus seiner geistigen Starre und begann sich wieder für seine Umwelt zu interessieren.
Kein Homo superior wußte, wodurch diese Entwicklung ausgelöst worden war, aber sie schien unaufhaltsam zu sein.
Mon Armig, der sich noch verhältnismäßig wohl fühlte, trat neben Loga. »Mehr scheinen nicht zu kommen«, stellte er fest. »Du kannst jetzt zu ihnen sprechen.«
Loga hatte keine Rede vorbereitet. Er wäre dazu nicht mehr in der Lage gewesen, außerdem war es fraglich, ob man ihn überhaupt verstanden hätte.
»Die Kräftigsten von uns«, sagte er in der abgehackten Sprechweise, die er sich in den beiden letzten Tagen angewöhnt hatte, »müssen versuchen, etwas zu unternehmen. Armig wird sie führen. Wir müssen die Gesündesten zusammenziehen. Sie müssen weiter gegen den Homo sapiens bestehen. Die Zivilisation der Normalen darf nicht wiederaufgebaut werden, wenn nicht alles umsonst gewesen sein soll.«
Loga sprach weiter. Er sagte, was ihm gerade einfiel. Der kalte Nachtwind drang durch seine dünne Kleidung, und er fror. Aber auch das machte ihm nichts aus. Er fand sich damit ab.
Seine Zuhörer zeigten kaum eine Reaktion. Es stand noch nicht einmal fest, ob sie ihm überhaupt zuhörten.
Schließlich hob Mon Armig, der noch eine gewisse Initiative entwickeln konnte, einen Arm.
»Eine schreckliche Katastrophe bedroht unser Volk!« rief er. »Es wird Zeit, daß wir etwas unternehmen. Es ging alles so schnell, daß uns bisher kaum Zeit zum Handeln blieb. Doch wir dürfen nicht zusehen, wie unser Volk in einen Zustand gerät, der dem des Homo sapiens gleichkommt. Wir sind die Erben der Menschheit, wir müssen unsere Aufgabe lösen.«
Loga hörte verwirrt zu. Während Mon Armig sprach, verstand Loga den Sinn der Worte, doch dieses Verständnis hielt nicht lange an.
Armig preßte plötzlich beide Hände vor das Gesicht und begann zu schluchzen. Diese verzweifelte Geste berührte Holtogan Loga seltsam und ließ sein Interesse für den alten Freund aufflackern.
»Was hast du?«
Armig sagte deprimiert: »Du würdest es nicht verstehen.«
Loga ging schon wieder einer anderen Gedankenspur nach.
»Wir müssen für die ausgeschiedenen Ersten Sprecher neue Mitglieder bestimmen.«
»Ist das jetzt so wichtig?« fragte Armig verdrossen.
»Ich weiß es nicht!« Loga blickte in den Lichtschein des Tiefstrahlers und senkte den Kopf. Für ein paar Sekunden war er so geblendet, daß er nichts mehr sah.
Die zweihundert im Park versammelten Neuen Menschen umstanden den Tempel und warteten. Ein paar hatten sich auf den kalten Boden gelegt. Niemand ergriff die Initiative.
»Es ist alles sinnlos«, klagte Armig voller Bitterkeit. »Wenn keine Hilfe von außen kommt, sind wir verloren.«
Dumpf erinnerte sich Holtogan Loga an das Funkgerät im Gebäude der GCC. Vielleicht konnte er auf diesem Weg Hilfe herbeirufen. Irgendwo mußte es noch Mitglieder ihres Volkes geben, die sich nicht verändert hatten.
Doch in den letzten Stunden waren keine Funknachrichten mehr eingetroffen. Armig, der sich bemüht hatte, mit verschiedenen Außenstationen Verbindung aufzunehmen, hatte keine Antwort erhalten. Das Nachrichtennetz des Homo superior, das nicht nur auf Terra, sondern in der gesamten Galaxis bestanden hatte, funktionierte nicht mehr. Es schien keine Mitglieder des Homo superior mehr zu geben, die noch am Austausch von Informationen interessiert waren.
Standen diese Ereignisse in einem engen Zusammenhang mit jenen Ahnungen, die Holtogan Loga schon früher oft befallen hatten? In schrecklichen Träumen hatte Loga Dinge erlebt, die er ins Reich der Phantasie verbannt hatte, die aber nun scheinbar Wirklichkeit zu werden drohten.
Wieder verwirrten sich die Gedanken des Weißhaarigen. Ohne darüber nachzudenken, warum er es tat, legte er sich neben Armig auf den Steinfußboden.
»Steh auf!« fuhr Mon Armig ihn wütend an. »Du darfst jetzt nicht aufgeben.«
Er packte Loga an den Armen und zog ihn wieder hoch. Loga leistete keinen Widerstand.
Armig blickte in den Park. Niemand schien ein Interesse daran zu haben,
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