Silberband 069 - Die Hyperseuche
hineingezogen werden.
Im Augenblick kann noch niemand absehen, wo das alles enden wird. Nicht einmal die terranischen Wissenschaftler sind sich darüber im klaren, welche Konsequenzen zu ziehen sind.
Aber nach dem Alpha-Stadium, in dem ausschließlich die Terraner die Betroffenen waren, ist ein Beta-Effekt zu erwarten. In dieser neuen Phase wären auch die Lemuria-Terraner deformationsgefährdet. Und dann würde das Chaos über die Milchstraße hereinbrechen.
Denn die PAD bringt noch viel gefährlichere Symptome als Lethargie und Hobbywahn mit sich. Sie fördert den Aggressionstrieb. Man muß dieser Seuche – wenn es sich um eine solche handelt – so schnell wie möglich entgegenwirken. Ich bitte mein Volk, an der Bekämpfung dieser Gefahr mitzuwirken. Nicht nur, um den Terranern zu helfen, sondern um die Galaxis zu retten.«
»Wir werden uns des Problems annehmen«, versprach Thoch Machat. »Und mit Ihrer tatkräftigen Unterstützung werden wir bestimmt eine Lösung des Problems finden, Tolotos.«
»Ich kann nicht auf Halut bleiben«, bedauerte Icho Tolot. »Ich kann den Terranern an Ort und Stelle bessere Hilfe leisten als mit theoretischer Forschungsarbeit.«
Thoch Machat lachte verständnisvoll. »Sie haben Ihr wildes Blut noch nicht beruhigt, Tolotos. Ihre Drangwäsche ist noch nicht beendet.«
Icho Tolot verabschiedete sich von seinen Artgenossen und kehrte zu seinem Raumschiff zurück. Er startete und nahm Kurs auf die Erde.
Noch während sein schwarzes Kugelraumschiff durch die Atmosphäre Haluts dem All entgegenstrebte, kam ihm ein beunruhigender Gedanke: War es nicht vielleicht ein Fehler gewesen, seiner Heimat einen Besuch abzustatten? Immerhin könnte es sein, daß er selbst ein Seuchenträger war! Er verwarf den Gedanken wieder.
Horst Leiner bewohnte mit seiner Frau und seinem zwölfjährigen Sohn eine Dachterrassenwohnung in einem Hochhaus am Rande von Terrania. Er hatte einen guten Job, ging in seinem Beruf als Robot-Designer auf und war glücklich verheiratet. Was benötigte er noch mehr?
Nicht einmal die plötzlich aufgetauchte PAD-Krankheit konnte ihr Familienidyll zerstören. Er war nicht wie viele seiner Bekannten und Arbeitskameraden von einer Lethargie befallen, sondern stürzte sich eher mit größerem Eifer in seine Arbeit als früher. Er hatte allein in den letzten Tagen einige Entwürfe für Haushaltsroboter geliefert, die ihm eine saftige Sonderprämie eintrugen. Wenn ihn etwas störte, dann vielleicht, daß Layana, so hieß seine Frau, in letzter Zeit an allem so desinteressiert war, als sei sie von der Schlafkrankheit befallen.
Und wenn er ganz ehrlich war, dann störte ihn auch, daß sein Sohn Phillip von einer krankhaft anmutenden Sammlerleidenschaft befallen zu sein schien.
Aber an diesem 27. Januar des Jahres 3457 konnte nichts seine gute Laune beeinträchtigen. Heute nachmittag war ihm plötzlich die Idee gekommen. Er hatte es gar nicht erwarten können, sie Layana mitzuteilen.
Jetzt war es soweit. Er wartete erst gar nicht darauf, daß sich die Wohnungstür selbsttätig öffnete, sondern stieß sie auf und trat ins Zimmer.
»Liebling, ich habe eine Überraschung für dich!« rief er schon von der Tür und sprang behende über das Gerümpel, das zur Sammlung seines Sohnes gehörte.
»Wir verreisen!«
Layana kam gerade aus dem Bad; sie hatte sich schnell ein Handtuch um den Körper gewickelt. Horst Leiner war so überrascht, daß ihm für einen Moment der Mund offenblieb. Seine Frau war in letzter Zeit sogar so träge gewesen, daß sie seit vierzehn Tagen nicht mehr das Bad aufgesucht hatte. Warum dieser plötzliche Wandel?
»Hast du gesagt, daß wir verreisen?« fragte sie und lächelte. Sie kam zu ihm und umarmte ihn. »Ich habe mir so sehr gewünscht, daß du das vorschlagen würdest, Horst.«
Sie küßten sich. Für Horst Leiner sah die Welt auf einmal noch rosiger aus. PAD-Seuche hin, PAD-Seuche her, sollten sich die anderen damit herumschlagen. Er und seine Familie waren nicht davon betroffen.
»Ich wüßte schon, wohin wir fahren könnten«, meinte Layana zaghaft.
Er machte eine wegwerfende Handbewegung und zog sie neben sich aufs Sofa.
»Ist schon alles arrangiert, Liebling«, sagte er. »Das ist gerade die Überraschung. Ich habe drei Plätze in einem Stratosphärenclipper gebucht. Wir fliegen heute abend.«
Layana versteifte sich. »Und wohin soll die Reise gehen?«
»Wir fliegen in die europäischen Alpen. Zum Skifahren! Ich habe die
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