Silberband 071 - Das Erbe der Yulocs
»Ich spüre es! Wenn wir oben auftauchen, werden wir angegriffen.«
Eine Entscheidung bahnte sich an, das spürten sie beide in unausweichlicher Gewißheit. Sie hatten sich direkt in den Machtbereich des Verfolgers begeben; wer immer es war, er würde versuchen, sie hier zu stellen. Mehreren Angriffen hatten sie in einer Mischung aus List, Glück und Taktik entkommen können – hier würde die Entscheidung fallen. Rhodan hatte den Fremden in eine Position locken wollen, in der es ihm nicht schwerfallen würde, ihn gefangenzunehmen. Der Unbekannte würde seinerseits dasselbe versuchen, unterstützt von seinen lichtscheuen Heeren aus der Stadt Nuprel.
»Gayt«, begann Rhodan, als sie weit voraus das Ende der unterirdischen Verbindung erkannten. »Wir erreichen in wenigen Augenblicken die Oberfläche. Dort werden wir erwartet. Sie werden angreifen. Haben Sie einen bestimmten Plan? Ich habe keinen.«
Nach einigen Sekunden Zögern sagte der Petraczer: »Ich sah während des Anflugs ein rundes Gebäudes. Es trug unverkennbar den Charakter eines wichtigen Bauwerks, das übergeordneten Aufgaben gewidmet ist. Ziehen wir uns dorthin zurück. Die Verfahrenskrüppel und erst recht unser Freund werden wissen, daß ein Angriff auf dieses Gebäude die Funktionen der Stadt restlos zerstören kann. Das ist der Punkt größter Sicherheit, den ich augenblicklich kenne. Begriffen, mein Freund?«
»Ich habe begriffen. Zeigen Sie mir das Gebäude, wenn noch Zeit dazu ist!«
Der Stollen endete hier. Sie öffneten eine kleine Pforte neben der von Geröll verklemmten großen Schottür und waren wieder im Freien, unter dem merkwürdigen Himmel, der aussah, als wolle jeden Augenblick ein fürchterliches Gewitter losbrechen. Und als sie das Gebäude durch die geborstenen Fenster eines hoch oben liegenden Raumes fliegend verließen, sahen sie, daß sie umstellt waren. Sie befanden sich im Zentrum einer ungewöhnlichen Arena.
»Es wird ernst!« sagte Rhodan. Seine Muskeln spannten sich; er war bereit, sich gegen die Übermacht zu wehren.
Der erste Schuß wurde aus der Hausfront gegenüber abgegeben und riß mehrere Quadratmeter der Verkleidung von der Mauer über ihnen. Sie stiegen durch den Schleier aus Staub und prasselnden Mauerbrocken und versuchten, aus der Falle zu entkommen.
»Höher hinauf!« brüllte Gayt-Coor über Funk. Auf den Schutzschirmen zeichneten sich blendende Lichterscheinungen ab.
Ihre Flugaggregate arbeiteten mit voller Kraft. Aber sie befanden sich am Boden der Stadt, und das kleine Gebäude war von mindestens einem Dutzend riesiger hoher Häuser umgeben. In jeder Fensterhöhle schien einer der Verfahrenskrüppel zu sitzen. Sämtliche Arten von Geschossen flogen auf sie zu. Am drohendsten jedoch wirkte der Verfolger, der hundert Meter über ihnen schwebte und eine überschwere Zweihandwaffe auf sie richtete.
Dann feuerte er.
Die erste Welle des Bombardements verebbte langsam. Das kleinere Gebäude, das sie eben verlassen hatten, brannte an allen Ecken und stürzte langsam, in einer Serie kleinerer Zusammenbrüche, in sich ein. Eine pilzförmige Wolke erhob sich vom Grund des zylinderförmigen Platzes und verdunkelte den Raum zwischen den mehr als zehn Hochhäusern. Durch diese Wolke schwebten Gayt-Coor und Rhodan schnell aufwärts und feuerten ununterbrochen nach allen Seiten.
Während sie zu fliehen versuchten, merkten sie, daß die Stadt abermals darum kämpfte, vom Boden loszukommen. Sie schien ihre technischen Muskeln zu spannen wie ein gigantischer Organismus. Einige Gebäude wurden erschüttert, und zwischen den Schüssen, den Detonationen und den Geräuschen, mit denen Gebäudeteile zusammenbrachen, hörten Rhodan und Gayt-Coor die Entsetzensschreie der Geschädigten. Die beiden Schutzschirme verloren kurzzeitig wieder ihr Glühen, dann verließen die Gefährten die schwarze Wolke und waren in der freien Luft.
Zwei Feuerstrahlen aus der Waffe des Unbekannten trafen auf die Schirme und warfen Rhodan und Gayt-Coor durch die Luft. Die Aggregate heulten auf, aber sie überschlugen sich und torkelten davon, krampfhaft bemüht, die Kontrolle wiederzuerlangen.
»Greifen Sie den Fremden an!« rief Rhodan.
Gayt-Coor schickte dem Verfolger eine Kette von Blitzen entgegen, die ihn blendeten und ebenfalls zurückschleuderten. Von unten feuerten die Geschädigten. Die Luft rund um den Platz begann zu kochen. Tausende kleiner Detonationen waren sichtbar und warfen flackerndes, grelles Licht nach allen Seiten. Ein
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