Silberband 071 - Das Erbe der Yulocs
Was die Maßnahmen der Regierung und des GOK anging, war der illegale Handel mit Gehirnen längst nicht mehr so riskant wie in früheren Zeiten, aber dafür machten Konkurrenzunternehmen Busswellyoh das Leben schwer. Busswellyoh schätzte, daß er täglich zwei Dutzend Mitglieder verlor. Sie wurden ermordet, verschleppt oder abgeworben. Der Verlust wurde durch neu hinzukommende Mitglieder ausgeglichen, aber Busswellyoh war sicher, daß sich in seiner Organisation mindestens zweihundert Spione anderer Gruppen eingeschlichen hatten. Andererseits hatte Busswellyoh seine Spione bei den Konkurrenten.
Manchmal erschien Busswellyoh seine Tätigkeit absurd. Er konnte nur noch in der Altstadt leben; sobald er sie verließ, würde man ihn verhaften.
Er fragte sich, warum er unter all diesen Umständen dem seltsamen Alten dort unten auf der Straße soviel Aufmerksamkeit zuteil werden ließ.
Busswellyohs Organisation schmuggelte monatlich etwa zwölfhundert Gehirne; die Zahl der von ihr gestohlenen, gekauften und verkauften Organe ließ sich nur schätzen.
Busswellyoh wandte sich zu Argmyra um, die sich auf den Decken im Hintergrund räkelte. Sie war Busswellyohs teuerste Freundin. Ihretwegen hatte er vor einem halben Jahr sein Gehirn in einen jungen, starken Körper verpflanzen lassen, obwohl ihm diese Aktion wie Selbstbetrug vorgekommen war.
»Komm her!« sagte er.
»Ich habe keine Lust, auf die schmutzige Straße zu blicken«, sagte sie.
Er ging zu ihr und zog sie an den Ohren hoch. »Ich will dir etwas zeigen.«
Sie versetzte ihm einen Tritt, folgte ihm aber zum Fenster. Sie blickten gemeinsam hinaus.
»Der alte Mann in den abgerissenen Kleidern auf der anderen Straßenseite. Er geht sehr langsam und kommt jetzt zum achtenmal vorbei.«
Sie warf den Kopf zurück. »Wie interessant!«
»Sieh ihn genau an. Was fällt dir an ihm auf?«
»Er ist alt, häßlich und schmutzig.« Sie beugte sich etwas vor, und ihre Augen verengten sich. Eine Zeitlang blickte sie schweigend hinab, dann sah sie Busswellyoh beunruhigt an. »Er hat etwas Unheimliches an sich«, sagte sie zögernd.
»Ja«, bestätigte Busswellyoh.
»Wer ist er?«
»Das weiß ich nicht. Ich habe ihn noch nie gesehen. Ich werde Argonvay auf ihn ansetzen.«
Er ging in die Zimmermitte zurück und schaltete die Sprechanlage ein. Dann gab er einem seiner Mitarbeiter ein paar Befehle. Als er zum Fenster zurückkam, war Argonvay bereits auf der Straße. In diesem Bordinkörper war ein percyllisches Gehirn verborgen. Offiziell durften Percylls Yaanzar nicht betreten, denn sie galten als Träger fremdartiger Viren. Busswellyoh schätzte, daß illegal ein paar hundert Percylls auf Yaanzar lebten, natürlich alle in nichtpercyllischen Körpern.
Die Angst, von einem Percyll infiziert zu werden, hatte Busswellyoh längst abgelegt; er war sogar der Ansicht, daß die Percylls unter einem unsinnigen Vorurteil zu leiden hatten. Busswellyoh schätzte die Ehrlichkeit und den Mut der Percylls.
»Er spricht mit ihm«, bemerkte Argmyra.
Busswellyoh sah, daß der fremde alte Mann und Argonvay sich unterhielten. Einige Zeit später überquerten sie gemeinsam die Straße.
Busswellyoh runzelte die Stirn. »Er bringt ihn offenbar hierher!«
»Er wird einen Grund dafür haben.«
Busswellyoh maß seine Freundin mit einem bedeutsamen Blick. »Zieh dir etwas über; ich werde den Alten hier oben empfangen.«
Er schaltete die Sprechanlage ein und befahl seinen Mitarbeitern, die unten im Büro saßen, Argonvay und den alten Mann heraufzuschicken. Argmyra verkroch sich unter den Decken ihres Lagers, so daß nur noch ihr Gesicht herausschaute.
Wenige Augenblicke später kamen Argonvay und der Yaanztroner herein.
»Er sucht nach Hactschyten«, verkündete Argonvay.
Busswellyoh sah den alten Mann an. Durch seinen Umgang mit den verschiedensten Wesen aus der Galaxis Naupaum hatte Busswellyoh große Erfahrung im Einschätzen von Persönlichkeiten. Er ließ sich deshalb auch vom armseligen Äußeren des Besuchers nicht täuschen.
»Was wissen Sie von Hactschyten?« wandte sich Busswellyoh an den Mann.
»Ich hatte einmal geschäftlich mit ihm zu tun.«
»Ich verstehe!« Busswellyoh spürte, daß der alte Mann viel Selbstbewußtsein besaß. »Wie heißen Sie?«
»Vrotesch!« sagte der Alte.
Busswellyoh sagte: »Sie arbeiten nicht in diesem Gebiet!«
»Nein.«
»Sind Sie ein Einzelgänger, oder vertreten Sie eine Organisation?«
»Das kommt darauf an«, antwortete
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