Silberband 076 - Raumschiff Erde
ich.
»Es wurde auch Zeit!« gab der fette Tibeter zurück. »Was sind Sie nur für ein Spätzünder, Captain Hainu!«
Ich lächelte matt. Es war wunderschön, der Stimme des verwünschten Scheusals zu lauschen und seine Gemeinheiten zu hören. Nun würde alles wieder gut werden. »Ein kleiner Spätzünder, Sir«, antwortete ich. »Aber wenigstens kein großer Versager, so wie Sie. Wir mußten Kobold ohne Sie ins Solsystem holen, und beinahe wäre alles schiefgegangen.«
Rorvic lächelte ebenfalls. »Dann wird sich der Großadministrator freuen, daß ich trotz Ihrer grenzenlosen Dummheit wieder zum Leben erweckt wurde.«
26.
Januar 3460
»Prosit Neujahr!«
Die Männer umarmten einander; die wenigen in diesem abgelegenen Stützpunkt stationierten Frauen kamen mit dem Küssen nicht nach; Sektkorken knallten, Gläser wurden klirrend aneinandergestoßen. Auf den Schirmen läuteten die Glocken von St. Peter in Rom das Jahr ein.
»Ein schönes neues Jahr!«
»Was soll daran denn schön werden?«
»Na … ich meine, schlechter kann es doch nicht mehr kommen, oder?«
»Vielleicht doch, wer weiß. Hast du schon gehört, was der Großadministrator …«
»Ach, laß mich damit in Ruhe. Jeder in unserem Stützpunkt hat schon x-mal gehört, was Rhodan mit dem Solsystem angeblich vorhat. Und jeder sagt etwas anderes. Ich will davon nichts mehr hören. Ich werde heute feiern, mich besaufen. Es könnte das letzte Mal sein.«
So und ähnlich dachten alle von der Besatzung des geheimen USO-Stützpunktes mit der Bezeichnung ›Basis Potari-Pano‹. Sie versuchten, ihre düsteren Gedanken durch betonte Ausgelassenheit zu überspielen. Aber ihre Fröhlichkeit war eine gezwungene, die Silvesterscherze wirkten angesichts der gespannten Lage in der Galaxis makaber.
Die verschiedenen Einlagen, die die Neujahrsfeier auflockern sollten, waren vom Computer speziell für die ›schwermütige und melancholische Verfassung‹ der Mannschaft programmiert worden – und genau so wirkten sie auch. Das Lachen der Männer und Frauen war nicht heiter, es kam nicht vom Herzen, sondern aus der Retorte. Über den lachenden Gesichtern lag ein Schatten. Eine Momentaufnahme hätte gezeigt, daß hinter dem maskenhaften Lächeln der Gesichter tiefe Besorgnis, Wehmut, Trauer und eine unstillbare Sehnsucht lagen.
Wenige Minuten nach Mitternacht erschien der Kommandant des Stützpunkts auf den Videoschirmen der Gemeinschaftsräume, um seine Neujahrsansprache zu halten. Oberst Muszo Hetschic war ein Epsaler. Er gehörte jenen umweltangepaßten Menschen von dem Planeten Epsal an, die aufgrund der außergewöhnlich hohen Schwerkraft ihrer Welt fast ebenso breit wie groß waren. Mit seiner Körpergröße von 1,70 Metern und einer Schulterbreite von 1,60 Metern war der USO-Oberst ein typischer Vertreter seines Volkes.
»Ich möchte diesmal davon Abstand nehmen, in einem Rückblick auf das alte Jahr Bilanz zu ziehen. Sie alle, die Sie nun schon fast ein Jahr auf Potari-Pano ausharren, ohne abgelöst worden zu sein, haben genug über die Ereignisse in der Galaxis gehört. Wir wissen, daß die Laren in unsere Milchstraße eingebrochen sind und alle hier lebenden Völker zu unterdrücken versuchen. Diese Tatsache ist schon fast ein Stück galaktischer Geschichte – die wir aber nicht selbst miterlebt haben.
Mir ergeht es wie Ihnen. Auch ich habe die Berichte über das Wirken der Laren nur aus zweiter Hand. Die Nachrichten, Dokumente und Bildmeldungen, die wir empfangen haben, können uns kein abgerundetes Bild über die Situation in der Galaxis verschaffen. Aber immerhin wissen wir, daß die USO und das Solare Imperium den Kampf gegen die fremden Eroberer aufgenommen haben und alles in ihren Kräften Stehende unternehmen, um den Völkern der Milchstraße die Freiheit wiederzubringen.
Wenn wir auch zum Nichtstun verdammt sind, so können wir doch unseren Beitrag für diesen Freiheitskampf leisten, indem wir dem Großadministrator des Solaren Imperiums und Lordadmiral Atlan weiterhin unser vollstes Vertrauen schenken. Der Tag, da das Solare Imperium die Hilfe der Männer und Frauen von Potari-Pano brauchen wird, ist nicht mehr fern. Wir sind für diesen Augenblick gewappnet. Darauf trinken wir!«
Nicht alle Männer und Frauen folgten dem Beispiel des Kommandanten, als dieser sein Glas hob. Unter die Beifallsrufe mischte sich auch unwilliges Gemurre, Stimmen der Unzufriedenheit wurden laut, und nicht wenige nahmen offen gegen den Kommandanten
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