Silberband 084 - Eine Galaxis stirbt
noch schemenhaft sichtbaren Zwillingen. Ulturpfs Stimme erklang von irgendwoher. Aber niemand verstand, was der Dimensionsgänger sagte. Seine Worte ergaben keinen Sinn. Vielleicht galten seine Äußerungen schon nicht mehr den Eltern oder der Besatzung der SOL.
»Sie bringen sich in Sicherheit«, erklärte Dobrak. »Machen Sie sich keine Sorgen, Frau Emraddin. Ihre Kinder haben die Gefahr gespürt und sind gegangen. Wir sollten uns wünschen, ihre Begabung zu besitzen, dann könnten wir uns ebenfalls retten.«
»Was heißt das?«, rief Rhodan.
Dobraks Körper schien schlaff zu werden, als sei alle Energie aus ihm gewichen. »Wir kommen nicht aus dieser Zone heraus«, gestand er ein.
Perry Rhodan schob ihn zur Seite. »Kosum!«, befahl er. »Die SERT-Haube!«
Die Augen des Emotionauten weiteten sich. »Was haben Sie vor?«
»Das sehen Sie doch!« Rhodan ließ sich vor den Hauptkontrollen nieder und wartete, dass der Emotionaut seinen Platz einnahm. Dann wandte er sich an SENECA:
»Wir unternehmen mehrere Beschleunigungsversuche!«
Die auf Überlast laufenden Triebwerke erschütterten das Schiff, ohne es jedoch bewegen zu können.
Kosums Gesicht unter der SERT-Haube war schmerzverzerrt. »Kein Kontakt!«, stöhnte er. »Es ist sinnlos. Wir kommen mit der SOL nicht dagegen an.«
Dobraks Augen starrten ins Leere, aber er schien etwas zu sehen, denn er sagte: »Wir werden auf die Große Schwarze Null zubewegt.«
»Lass uns die Beiboote ausschleusen!«, drängte Gucky.
»Sie kämen nicht einmal aus dem Hangar«, wehrte Rhodan ab. »Aber wir werden trotzdem einen Versuch machen.«
Inzwischen waren die Emraddin-Zwillinge völlig verschwunden. Galbraith Deighton hatte sich ihrer Eltern angenommen.
»Beschleunigungsversuche ohne Erfolg!«, teilte SENECA mit.
Ein Offizier meldete den Start einer Korvette. Das Beiboot gelangte zwar in den Weltraum, konnte sich aber nicht von der SOL entfernen.
Rhodan, der ein solches Ergebnis befürchtet hatte, sah den letzten Fluchtweg versperrt. »Wir können den Sturz in das Black Hole nicht mehr verhindern«, sagte er dumpf.
Die Nachricht, dass Perry Rhodan die Hoffnung aufgegeben hatte, verbreitete sich mit unglaublicher Schnelligkeit. Wahrscheinlich fühlten und dachten viele Besatzungsmitglieder wie Rhodan, so dass sie einer Bestätigung ihrer eigenen Lagebeurteilung nicht mehr bedurften.
Das Bewusstsein des nahen Endes war kollektiv. Es erfasste die Halbwüchsigen an Bord genauso wie die Alten und schuf ein erhöhtes Zusammengehörigkeitsgefühl. Die meisten Menschen arbeiteten weiter wie bisher. Nachdem das Schicksal ihres Schiffs besiegelt schien, trat nach den vielen Stunden der Ungewissheit sogar Ruhe ein. Dennoch spielten sich erschütternde Szenen ab. Mehrere Selbstmorde wurden verzeichnet und mindestens dreimal so viele gescheiterte Versuche, dem eigenen Leben ein vorzeitiges Ende zu setzen.
In der Zentrale versuchten die Verantwortlichen verzweifelt, das Fernraumschiff in eine Zone zu bringen, von der aus es die nötige Anfangsgeschwindigkeit erreichen konnte. Die SOL reagierte jedoch nicht.
Die mathematische Gesetzmäßigkeit, mit der sich das Ende seiner Heimatgalaxis vollzog, war für Dobrak tragisch und interessant zugleich. Nach wie vor kommunizierte er mit dem Shetanmargt und stellte eigene Berechnungen an.
Er war zu spät an Bord des Schiffs gelangt. Vielleicht hatten nur ein paar Minuten über das Schicksal der SOL entschieden.
Dobrak bedauerte, dass die beiden Kinder geflohen waren. Sie hatten sich zwischen den Dimensionen in Sicherheit gebracht. Gerade von Ulturpf Emraddin hatte Dobrak sich Hilfe versprochen. Vielleicht hätte er gemeinsam mit dem Mutantenkind eine Möglichkeit zur Rettung gefunden. Dobrak machte den Zwillingen dennoch nicht zum Vorwurf, dass sie ihrem Instinkt gefolgt waren.
Außerhalb des Schiffs herrschte ein chaotisches Durcheinander an Zahlenströmungen. Darin war die Große Schwarze Null die einzige Konstante.
Die überwältigende Schönheit der Apokalypse war eher dazu angetan, Dobrak zu erschrecken, als die eigentlichen Auswirkungen auf Sonnen und Planeten. Sie schien seine Theorie zu beweisen, dass das Ende der Illusion schon programmiert war.
Er weigerte sich dennoch, das Ende schon jetzt als allgemein anzusehen. Er war überzeugt davon, dass er nur einen lokalen Vorgang erlebte. Für ihn war es schmerzlich, die mathematischen Zusammenhänge nicht mehr begreifen zu können. Das Chaos war in Wirklichkeit geordnet,
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