Silberband 106 - Laire
wenn du bei uns bist.«
»Ich kann es nicht ändern«, erwiderte Laire.
Scul strich die Karte glatt. »Zweifellos existieren weitere Tunnels zwischen Quostoht und dem Hyperraumbereich.«
Der Roboter schwieg.
»Hör zu«, sagte der Anskenführer mit unüblicher Geduld. »Es gibt kleinere Durchgänge, die du ab und zu benutzt. Wenn du deren Position nicht freiwillig preisgibst, marschieren wir mit dir die gesamte Grenzlinie entlang, bis wir sie gefunden haben. Wir werden dabei viel Zeit verlieren, aber im Endeffekt finden, wonach wir suchen.«
Laire sah ein, dass der Anske recht hatte. Gleichzeitig kam ihm eine Idee, was er unternehmen konnte, um sich zu retten und Quostoht vor einer Invasion zu bewahren. Sein Plan war aus der Verzweiflung heraus geboren und kaum mehr als eine vage Chance.
Laire beugte sich über die Karte. »In der Nähe befindet sich ein kleiner, nur von wenigen eingeweihten Robotern bewachter Durchgang.« Er zeigte Scul die betreffende Stelle.
Der Anske studierte die Zeichnung, als könnte er auf diese Weise den Wahrheitsgehalt überprüfen. Dann markierte er den Durchgang. Einen Augenblick lang befürchtete Laire, Scul würde ihn nun vernichten lassen. Immerhin wäre dann Quostoht gerettet gewesen, denn der angegebene Durchgang endete an der Grenzlinie in einer Dimensionsfalte. Es handelte sich um einen verschütteten Tunnel. Am Grenzpunkt bildeten aufeinanderprallende Energieströme zweier Dimensionen einen Wirbel, in dem jeder verschwand, der sich zu weit näherte.
Laire hatte nach der Entdeckung dieses Tunnels drei Roboter verloren, die er zur Erkundung ausgeschickt hatte. Zum Glück war er damals nicht selbst gegangen, denn das hätte sein Ende bedeutet.
Eine Dimensionsfalte war jedoch keine Konstante, und Laire hoffte, dass er den Durchgang vielleicht überstehen würde, während seine Begleiter den Tod finden oder sich zumindest verirren sollten. Es war ein verzweifelter Gedanke.
Scul faltete die Karte wieder zusammen und steckte sie in eine Gürteltasche seines Schutzanzugs. Sein Facettenband leuchtete in der fahlen Blässe des Grenzgebiets.
Der Anskenführer wandte sich an die Kanoniere der Begleitmannschaft. »Wir dringen jetzt in das eigentliche Grenzgebiet vor. Beim geringsten Zwischenfall eröffnet ihr das Feuer auf den Roboter. Dazu ist kein weiterer Befehl von mir nötig.«
Das ist mein Todesurteil!, dachte Laire mit einer gewissen Apathie.
Im Grenzgebiet ereigneten sich pausenlos verschiedenartigste Phänomene, und die nervösen Ansken zu beiden Seiten der Lafetten würden tausend Anlässe haben, auf Laire zu schießen.
Die Kolonne bewegte sich langsamer. Mit der ihnen eigenen Verbissenheit würden die Ansken dieses Unternehmen zu Ende führen – so oder so.
In unmittelbarer Grenznähe schien Nebel aufzukommen, und die Orientierung wurde schwieriger. Die Perspektiven verzerrten sich, Wände schienen zurückzuweichen oder sich zusammenzuziehen, und seltsame Geräusche erklangen, die wie klagende Rufe aus weiter Ferne heranhallten.
Der Zugang zu dem verschütteten Tunnel war kaum zu erkennen, aber Scul erwies sich auch in dieser Situation als Anführer, der die Zügel fest in der Hand hielt. Mit einer Selbstverständlichkeit, als hätte er diese Stelle schon mehrfach passiert, drang er an der Spitze der Gruppe in den Tunnel ein.
Laire ging zwischen seinen Wächtern, deren Aufmerksamkeit auch jetzt keinen Augenblick nachließ. Er wusste, dass die Ansken jederzeit das Feuer auf ihn eröffnen konnten. Seine einzige Chance war, dass sie damit warteten, bis die Kolonne in der Dimensionsfalte verschwand. Wie er selbst dann daraus entkommen konnte, wusste er nicht, aber er würde seine Existenz wenigstens in dem Bewusstsein beenden, Quostoht gerettet zu haben.
Die Umgebung wurde mit jedem Schritt, den sie tiefer in den Tunnel eindrangen, unwirklicher. Scul hielt an und hob zwei Arme. Er wandte sich zu Laire um. »Ich kann das Ende des Tunnels nicht sehen«, stellte er argwöhnisch fest. »Ist das immer und überall so?«
»Natürlich«, antwortete der Roboter. »Die andere Seite wird erst sichtbar, sobald wir die eigentliche Schwelle zwischen den beiden Bereichen überschritten haben.«
»Es sieht so aus, als würde der Tunnel sich weiter verengen«, sagte einer von Sculs Beratern vorsichtig.
»Das ist eine optische Täuschung«, erklärte Laire. »Du kannst die Richtigkeit meiner Behauptung leicht nachprüfen, indem du die Breite des Tunnels mit deinen Schritten
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