Silberband 107 - Murcons Vermächtnis
1.
Der Quellmeister
Pankha-Skrin war ein ungewöhnlich groß und kräftig gebauter Loower. Sein nierenförmiger Körper wirkte sehr kompakt, was nicht zuletzt der zähen Lederhaut zuzuschreiben war, und die pergamentartigen, verkümmerten Flughäute schienen längst Patina angesetzt zu haben. Dennoch schimmerte ihr Knochengerüst extrem stark hervor.
Pankha-Skrin war alt. Die Zahl seiner Jahre hatte er längst vergessen. Als Quellmeister gehörte er zum höchsten Rang der loowerischen Hierarchie, mit einer wesentlich höheren Lebenserwartung als durchschnittliche Loower.
Unter dem Einfluss seiner intensiven Gedanken vibrierte das Skri-marton. Das ›Quellhäuschen‹ war ein nicht mehr als fünf Zentimeter hohes halbkugelförmiges Organ auf der Rückseite des Wulstes, der den oberen Abschluss des Körpers bildete. Nur Quellmeister besaßen das Skri-marton, das erst im Lauf ihrer körperlichen Entwicklung entstand. Pankha-Skrin hatte es sich durch entelechisches Tiefendenken erworben, durch lange Perioden auf die Materiequelle gerichteter Meditation.
Die Aktivität des Skri-marton war das erste der drei Zeichen, an denen der Quellmeister erkannte, dass er sich in unmittelbarer Nähe seines Zieles befand. Jene Materiequelle, nach der sein Volk seit Jahrmillionen suchte, lag vor ihm.
Als er das heftiger werdende Pulsieren zum ersten Mal wahrgenommen hatte, hatte er sofort die Suche nach den anderen Hinweisen eingeleitet. Erst wenn alle drei Zeichen vorlagen, durfte er wirklich sicher sein, das Ziel erreicht zu haben.
Hochempfindliche Sensoren hielten nach den Signalen im Ultraspektrum des Gravitationsbereichs Ausschau, die in der Umgebung jeder aktiven Materiequelle existierten. Diese Hyperstrahlung war selbst für die hoch entwickelte Technik der Loower nur schwer zu erfassen.
Erst nach Wochen hielt der Quellmeister auch das zweite Zeichen für gesichert. Die Sensoren empfingen jeweils nur für Minuten jene schwachen Hypersignale, dann versanken sie wieder in Schweigen. Die Zeit zwischen zwei Aktivitätsperioden war dieselbe Spanne, die zwischen zwei Eruptionen der Signalfeuer in den loowerischen Neunturmanlagen verging: 23 Stunden und 18 Minuten nach terranischer Zeitrechnung.
Pankha-Skrin machte sich auf die Suche nach dem dritten Zeichen.
Der Wissenschaft der Loower war seit Langem bekannt, dass Materiequellen nur an Orten auftreten, an denen der Raum ungewöhnliche Eigenschaften hat, die nirgendwo sonst im Universum vorkommen. Die besten Spezialisten der Loower hatten Geräte entwickelt, mit denen sie diese ungewöhnlichen Eigenschaften bestimmen konnten. In der Umgebung der einen gesuchten Materiequelle wies der Raum genau bestimmte fremdartige Kriterien auf.
Pankha-Skrin verbrachte Monate, um diese Kriterien eines nach dem andern nachzuweisen.
Dann erst war er seiner Sache sicher.
Siebenunddreißig Raumschiffe umfasste die Kairaquola, die Flotte des Quellmeisters. Eines dieser Schiffe war die GONDERVOLD unter dem Befehl des Unterführers Burnetto-Kup. Der Quellmeister führte mit Burnetto-Kup, den er als seinen Stellvertreter betrachtete, das entscheidende Gespräch.
Die Messung der Eigenarten des Raumes wies den Weg. Die RIESTERBAAHL ließ die Kairaquola hinter sich zurück und stieß in die Unendlichkeit vor.
Die ersten Tage verbrachte Pankha-Skrin in Meditation. Sein Denken war mit aller Kraft auf die Materiequelle gerichtet, und seine Gedanken steuerten das Schiff, veranlassten es zu kurzen Transitionen, während das Quellhäuschen aktiver wurde.
Pankha-Skrin nahm von der Umgebung nichts wahr. Jeder Blick in die Weite des Alls hätte seine Versunkenheit gestört. Er verließ sich ausschließlich auf das Skri-marton.
Dann kam der entscheidende Augenblick. Die RIESTERBAAHL hatte eine Transition über nicht mehr als drei Lichtjahre vorgenommen. Unmittelbar danach spürte Pankha-Skrin, dass die Aktivität des Skri-marton leicht nachgelassen hatte. Er veranlasste sofort die Rückkehr an die Position vor dieser letzten Transition.
Insgeheim war er immer der Ansicht gewesen, dass es sogar eines vierten Zeichens bedürfe, das erst absolute Gewissheit geben konnte. Ihm war bekannt, dass sich in der Nähe der gesuchten Materiequelle die Burgen der Mächtigen befanden. Erst wenn er eine Spur dieser Burgen fand, konnte er seiner Sache wirklich sicher sein.
Doch die Kosmischen Burgen wurden von den Messinstrumenten nicht erfasst. Und ausschlaggebend für die Aufgabe des Quellmeisters waren ohnehin nur
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