Silberband 114 - Die Sporenschiffe
erschienen waren. Er wich langsam zurück, wechselte Olkyra in den linken Tentakelarm und stellte den Thermo-Intervallnadler in seinem rechten Arm auf maximale Fächerung. Als die Flibustier-Orbiter ihre Schockwaffen hoben, feuerte er.
Der breit gefächerte Energiekegel konnte niemanden ernsthaft verletzen. Aber seine Helligkeit, die von den bizarren Wänden mehrfach reflektiert wurde, blendete die Angreifer. Ihre Schockerschüsse gingen fehl, doch da hatte Argyris sich mit seiner Last ohnehin schon abgesetzt.
Als er vorübergehend anhielt, war das Labyrinth totenstill. Nur nicht für lange. Urplötzlich setzte ein sanftes Klingen ein, das sich rasch zu einem entnervenden Kreischen und Heulen steigerte. Es schwoll zu einem Höllenkonzert an, das Olkyra kaum lange ertragen würde.
Argyris suchte nach einem Ausweg ...
Eine Viertelstunde später war Olkyra von dem Lärm bewusstlos geworden. Der Vario feuerte mit dem Thermo-Intervallnadler inzwischen auf jede neue Wand drei Schüsse ab. Mithilfe seiner Sensoren konnte er noch Stunden später feststellen, ob er im Kreis schwebte.
Es war tatsächlich so. Schon nach zehn Minuten stieß er auf seine Schussspuren.
Fast gleichzeitig bemerkte er ein leichtes Ansteigen der Umgebungstemperatur. Die Wände des Labyrinths erwärmten sich. Eine Hochrechnung ergab, dass sie in einer halben Stunde so heiß sein würden, dass die Luft den Siedepunkt erreichte. Offenbar hatten die Orbiter, da sie mit dem Lärm ihr Ziel nicht erreichten, die Aufheizung eingeleitet.
Für Olkyra wurde es damit endgültig bedrohlich. Während der Vario noch überlegte, ob er mit Waffengewalt eine Schneise durch das Labyrinth brechen sollte, wuchs abermals das Gefühl, dass er beobachtet wurde. Diesmal brauchte er nicht nach dem Beobachter zu suchen. Der Klecks synthetischer Proteine mit dem für seine Größe riesigen Insektenauge schwebte nur einen halben Meter vor ihm.
Der Vario konnte nicht feststellen, ob es sich um denselben Beobachter wie beim ersten Mal und eventuell auch beim zweiten Mal handelte. Auf jeden Fall erschien ihm die Tatsache, dass er erneut von einem Winzling aufgespürt worden war, als faszinierende Leistung.
»Diesmal wirst du nur meine Niederlage beobachten können«, sagte er, obwohl er mit ziemlicher Sicherheit annehmen durfte, dass der Proteinklecks ihn nicht hören konnte.
Der Beobachter entfernte sich einige Meter weit, dann kehrte er zurück, blieb aber diesmal in größerer Distanz. Nach einigen Sekunden glitt er wieder davon.
Argyris erkannte das Verhalten als Aufforderung, ihm zu folgen. Egal, ob der Beobachter ihn in eine Falle locken wollte, er hatte nichts mehr zu verlieren und konnte sich der Führung des Proteinklumpens anvertrauen.
Schon nach wenigen Minuten kam er zu dem Schluss, dass der Beobachter ihn in die Irre führte. Die wechselnden Richtungen, die der Proteinklumpen einschlug, führten wohl nur tiefer in das Labyrinth hinein. Die Luft hatte sich inzwischen stark erwärmt, Olkyras Haut war schweißnass.
Andererseits, sagte sich der Vario, würde der Beobachter mit Sicherheit vor Olkyra sterben, wenn die Temperatur eine gewisse Grenze überschritt. Da er jedoch bezweifelte, dass der Proteinklumpen ein eigenes Bewusstsein und damit einen Selbsterhaltungstrieb besaß, war es möglich, dass die Wesen im Hintergrund den Verlust des Winzlings einkalkulierten.
Er zweifelte noch, als voraus ein dunkler Schlund sichtbar wurde, die Mündung eines Tunnels, in dem annehmbare Temperaturen herrschen mussten, denn die heiße Luft des Labyrinths fauchte mit wachsender Stärke hinein.
Der Beobachter wurde mitgerissen und so schnell davongewirbelt, dass der Vario ihn aus der Ortung verlor.
Kurz darauf tauchte Argyris ebenfalls in den Tunnel ein, beschleunigte und maß einen gleichmäßigen Rückgang der sengenden Hitze. Er schwebte weiter, nahm mehrere Abzweigungen und fand eine Halle mit zwölf Etagen hydroponischer Becken, in denen üppige Vegetation gedieh.
Einige Becken waren frei von Pflanzenwuchs, aber mit klarem Wasser gefüllt. Die Temperatur in den Becken betrug zwar dreißig Grad, war also zu warm zum Abkühlen, aber für Olkyra dennoch gerade richtig.
Anson Argyris entkleidete die Schatten-Type und tauchte sie behutsam ins Wasser, sorgsam darauf bedacht, ihren Kopf über der Oberfläche zu halten. Der Schweiß wurde abgespült, die gerötete Haut gewann ihren normalen Farbton zurück – und nach ungefähr zehn Minuten schlug Olkyra die Augen
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