Silberband 117 - Duell der Erbfeinde
dem Moment erfolgversprechender. Der Ritter, der sich dort aufhielt, konnte in dieser Situation am schnellsten Hilfe bringen.
Sie sendete erneut ein Rufsignal. Fast augenblicklich erschien die Schatten-Type, mit der Lenoy schon einmal gesprochen hatte.
»Nur nicht so ungeduldig«, sagte die Frau. »Du wirst den Ritter schon noch sprechen.«
»Hier ist eine Katastrophe passiert.« Lenoy redete so hastig, dass sie sich wiederholen musste. »Ein Großteil der Einrichtungen ist ausgefallen.«
»Das ist keine Katastrophe, sondern gehört zum Plan des Ritters. Er selbst hat die Anlage abgeschaltet.«
Konsterniert blickte Lenoy die Schatten-Type an. Tausend entsetzliche Gedanken schossen ihr durch den Kopf. Sie hielt für ausgeschlossen, dass ein Ritter die Anlage lahmlegen würde. So etwas konnte nur ein Garbeschianer tun, doch sie wagte nicht, das auszusprechen.
»Ich verstehe«, sagte sie stockend, obwohl sie ganz und gar nicht begriff. »Das ist natürlich etwas anderes.«
Sie wollte die Verbindung abbrechen, da wechselte das Bild. Sie sah das Gesicht eines Mannes, der zu keinem der ihr bekannten Typen passte. Er hatte eine etwas zu groß geratene spitze Nase und graublaue Augen, deren Wärme Lenoy seltsam berührte. Schnell war ihr klar, dass dieser Mann nur Jen Salik sein konnte, der Ritter der Tiefe.
»Alles ist in bester Ordnung«, sagte er. »Ich werde in den nächsten Tagen nach Woornar kommen und dort nach dem Rechten sehen.«
»Alle Orbiter haben die Anlage verlassen«, berichtete die Stellvertretende Kommandantin. »Sie versuchen, sich draußen anzusiedeln. Sie wollen nicht mehr in der Anlage bleiben, sondern in der freien Natur leben.«
»Das ist nicht die schlechteste Idee. Ich komme bald.«
Der Ritter der Tiefe schaltete ab.
Lenoy wusste überhaupt nicht mehr, was sie denken sollte.
Der Wind frischte auf, die Wolken wurden dunkler. Doch auch jetzt hatten Karny Halker und seine Orbiter dafür kein Auge. Der Kommandant redete zu seinen Anhängern und bezog seine Nebengestalt mit ein, um mit ihrer Hilfe seine Stimmkraft zu verdoppeln. Tatsächlich gelang es ihm, beide Sprachwerkzeuge so aufeinander abzustimmen, dass sie synchron klangen.
»Es bringt uns nicht weiter, wenn wir herumstehen«, sagte er. »Wir müssen dafür sorgen, dass die fertigen Häuser abgesichert werden. Sie müssen befestigt werden, damit der Regen sie nicht wegspülen kann.«
Ein Blitz zuckte aus dem Himmel herab, und krachender Donner folgte, so laut, dass die Stimme des Kommandanten darin unterging.
Die Orbiter blickten zu den dichten brodelnden Wolken hinauf. Keiner von ihnen konnte sich erklären, von wo der Blitz gekommen war.
Halker dachte an ein Raumschiff über den Wolken, das womöglich ein Geschütz abgefeuert hatte. Mit aller Kraft kämpfte er seine aufkommende Panik nieder. Sobald der erste Orbiter in Richtung des Hangars flüchtete, würde er auch die anderen nicht mehr zurückhalten können.
Angespannt wartete er auf den nächsten Schuss, während er nach beruhigenden Worten suchte.
Wieder zuckte ein Blitz aus den Wolken. Diesmal sah Halker deutlich, dass es kein Energiestrahl sein konnte, da er nicht geradlinig verlief.
»Es ist ein Naturphänomen!«, brüllte er, einer Eingebung folgend. »Wir brauchen uns keine Sorgen zu machen. Das wird bald vorbei sein.«
Er erinnerte sich daran, dass etliche der versammelten Orbiter eine Ausbildung als Raumfahrer genossen hatten. Sie mussten wissen, wie sie sich nach der Landung auf einem Planeten zu verhalten hatten. Er wollte gerade nach diesen besonders geschulten Orbitern rufen und sie auffordern, zu ihm auf den Hügel zu kommen, da zuckte ein Blitz in die Menge. Mehrere Orbiter stürzten zu Boden.
Wahrscheinlich waren sie tot. Halker verlor die Kontrolle über sich. Er verließ den Hügel, und die Menge wandte sich ebenfalls zur Flucht.
Trotzdem fing er sich als Erster. Es musste zu einem totalen Zusammenbruch der Ordnung kommen, sobald die Fliehenden die Treppe hinab in den Hangar erreichten. Sie konnten nicht alle zugleich nach unten laufen.
Er schaffte es nicht, die Orbiter aufzuhalten. Hilflos blickte er hinter den Flüchtenden her, und er hatte dabei das Gefühl, die schlimmste Niederlage seines Lebens erlitten zu haben.
»Du bist gescheitert«, sagte er zu sich selbst. »Du bist kläglich gescheitert. Es ist so gekommen, wie Lenoy befürchtet hat.«
Erst nach einigen Augenblicken fiel ihm auf, dass es nicht mehr regnete. Er blickte zu den schnell
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