Silberfieber
Blick, ob sie auch alles eingepackt hatte, sah sich in ihrem Hotelzimmer um und griff dann zum Telefonhörer, um noch für heute Abend einen Flug in die Schweiz zu buchen. Nach mehreren Versuchen suchte man ihr eine passende Verbindung heraus, mit der sie am gleichen Abend zumindest noch bis Zürich kommen würde.
30
Der Flug von London-Heathrow zum Basel-EuroAirport dauerte nur eineinhalb Stunden. Dort bestiegen Frank, Peter und McCully eine schmale Inlandsmaschine mit nur vier Sitzreihen, die sie in einer weiteren halben Flugstunde in die schweizerische Bundeshauptstadt Bern brachte. Es war längst dunkel, als sie pünktlich um halb sieben auf dem winzigen Flughafen Bern-Belp aufsetzten, der offenbar nur für die wenigen Inlandsflüge innerhalb der Schweiz genutzt wurde. Frank hatte in Basel während des kurzen Zwischenstopps in Hamburg angerufen und Katja tatsächlich erreicht. Sie hatte sich über die neueste Entwicklung von Franks Eskapaden, wie sie das Ganze nannte, nicht einmal sonderlich überrascht gezeigt. Sie mahnte ihn nur erneut zur Vorsicht, als sie von der rüden Behandlung erfuhr, die Frank und Peter Frau Keller hatten zuteil werden lassen. Franks lückenhaftem Bericht war nicht direkt zu entnehmen gewesen, dass sie die Herausgabe der Karte der Polizeibeamtin schlichtweg verweigert hatten, doch Katja dachte sich ihren Teil. Nach dem Eindruck, den sie sich von Frau Keller gemacht hatte, konnte sie sich nicht vorstellen, dass die sich das einfach bieten lassen würde. Als Frank sich bemühte, die Sache herunterzuspielen, wollte Katja schon gar nicht mehr hinhören, versprach ihm aber, und das galt auch für Peter, wie sie sagte, dass sie und Michael weiterhin alles tun würden, um sie beide zu unterstützen. Gegen Ende des Gesprächs meinte Frank, aus ihren Sätzen sogar ein wenig Besorgnis herauszuhören, allerdings war er sich da nicht ganz sicher.
Kenneth McCully war, jedenfalls soweit es den ersten Flug betraf, so gut wie nicht ansprechbar gewesen. Er hatte sich in seine Geschichtsbücher vertieft. Allem Anschein nach war er tatsächlich auf ein paar viel versprechende Hinweise gestoßen, denn er murmelte zeitweise aufgeregt vor sich hin. Nicht einmal, als Frank und Peter ihm von der Begegnung mit Marie Curie erzählt hatten, hatte er von seinen Büchern aufgeblickt. Zeile um Zeile hatte er in seiner großen, aber trotzdem unleserlichen Handschrift in sein Notizbuch geschrieben. Lediglich als Frank vom Angebot von Gloria McGinnis erzählte, für die Karte einen Haufen Geld bezahlen zu wollen, blickte er kurz auf, und Frank merkte, dass er zumindest diese eine Nachricht als wichtige Randnotiz in seinem Gedächtnis gespeichert hatte.
Frank und Peter dagegen sprachen ausgiebig über die heikle Situation in Heathrow. Die Überlegung, die Karte für viel Geld aus der Hand zu geben, fand aber bei ihnen nicht die reizvolle Beachtung, die sich Gloria McGinnis erhofft hatte.
»Das hat sie doch nur gerufen, um uns zum Anhalten zu bringen«, war Franks zurückhaltende Interpretation des Angebots von Marie Curie, wie sie beide ihre rothaarige Verfolgerin aus Unkenntnis ihres richtigen Namens noch immer nannten. Zudem hatten sie sich mittlerweile so an die originellen Decknamen Einstein und Marie Curie gewöhnt, dass sie die Namen wahrscheinlich auch dann weiterhin verwendet hätten, wenn sie die wahre Identität ihrer Verfolger gekannt hätten.
»Sie hätte uns wenigstens eine konkrete Summe nennen können«, sagte Peter und brachte den rein praktischen Aspekt der Episode zur Sprache.
»Ja, und was dann? Wärst du stehen geblieben, wenn sie quer durch die Empfangshalle gebrüllt hätte: Halten Sie an, ich zahle eine Million Euro für die Karte? Ich bestimmt nicht«, entgegnete Frank.
»Wenn du übrigens nicht wie ein Verrückter quer über die Straße der Taxifahrerin hinterhergeschrien hättest, wüsste sie jetzt nicht einmal, wo wir sind«, warf Peter ihm vor. Frank wollte protestieren, schwieg dann aber, weil sie sich genau darüber in den vergangenen zwei Stunden bereits mehrmals gestritten hatten. Es war eben nicht zu ändern: Sie würden auch weiterhin nicht die Einzigen sein, die der Lösung des Rätsels ihrer Landkarte auf der Spur waren.
Nach der Landung in Bern brachte sie ein kontinentaleuropäisches Taxi ohne Sonderservice in kürzester Zeit in die Altstadt. Der Taxifahrer, dessen singendes Schwyzerdütsch Frank nur mit viel Mühe verstehen konnte, lieferte sie bei einer Pension ab, die
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