Silberne Sterne über Montana
müssen Sie das nicht erzählen", antwortete er schroff. "Das ist Ihre Aufgabe, nicht meine."
"Nein, es ist auch Ihr Job. Sie haben viel riskiert, um herzukommen und mir zu helfen, indem Sie wussten, dass Sie möglicherweise außer einer Unterkunft im Winter nichts dafür bekommen. Sie haben ein Recht darauf, zu wissen ..."
"Aber ich möchte es nicht wissen", rief er.
Er bemerkte ihre betroffene Miene und dass sie zusammengezuckt war. "Zur Hölle noch mal", murmelte er schließlich und gab Mac die Sporen. "Vergessen wir's. Machen wir uns lieber auf die Suche nach Ihren mysteriösen Rindern.
Wenn sie nicht vor uns sind, haben wir wenigstens noch Zeit, vor Nachteinbruch zur Ranch zurückzukehren."
Tana durchritt hinter ihm die schmale Passage, den Blick starr auf seinen Rücken gerichtet und den Tränen nahe. Der Mann war wirklich ein Rätsel. Sekundenlang hatte er wie ein kleiner Junge gewirkt, und dann, ohne ersichtlichen Grund, war er abweisend geworden, als hätte er etwas gegen sie persönlich.
Nachdem sie die Passage hinter sich gelassen hatten, erreichten sie einen steilen Abhang. Für einen Augenblick ließ das Schneetreiben nach, und Tana konnte auf die Ebene hinunterblicken.
"Pillar", schrie sie plötzlich voller Freude, und der Fremde zügelte Mac und folgte ihrem Blick. Die Weide unterhalb von ihnen war offenbar vom Sturm verschont worden und kaum schneebedeckt. Ungeachtet des Unwetters, das über sie hinwegzog, grasten auf der trockenen Fläche weit verstreut Hereford-Rinder.
"Ich hab es ja gesagt. Ich hab es ja gesagt", schrie Tana.
"Sehen Sie sich ihn an, dieses alte, prachtvolle Tier. Er wusste, wohin er ziehen musste." Und dann gab sie ihrem Pferd die Sporen.
Der Mann schüttelte den Kopf und folgte ihr langsam. Als er aber sah, dass Tana auf das enorme, muskulöse Tier, offensichtlich den Bullen, zugaloppierte, trieb er Mac an.
"Sind Sie verrückt?" rief er. "Das ist ein Bulle, keine Puppe.
Halten Sie sich von ihm fern."
Doch Tana hörte nicht auf ihn, und als er nur noch wenige Meter von ihr entfernt war, war sie schon aus dem Sattel geglitten und rannte auf den Bullen zu.
Entsetzt beobachtete er, wie der Bulle den Kopf mit den mächtigen Hörnern hob und die junge Frau anstarrte, die auf ihn zurannte. Plötzlich änderte das Tier seine angespannte Haltung, und Tana warf ihm die Arme um den starken Nacken und barg das Gesicht in seinem dichten Winterfell. Der Bulle ließ sich das nicht nur gefallen, sondern schien es auch zu genießen.
"Ich will verdammt sein", murmelte der Mann, einige Meter von Tana entfernt, und zuckte zusammen, als der Bulle beim Klang der fremden Stimme unvermittelt den Kopf hob.
Tana lachte und streichelte ihn. "Ist schon okay, Pillar", sagte sie zu dem boshaft aussehenden Biest, "er ist nur ein Mann, genau wie Dad, und kein anderer Bulle." Sie lachte wieder, als sie bemerkte, dass ihr Begleiter leicht die Augenbrauen hochzog, offenbar verunsichert, ob er beleidigt sein sollte oder nicht.
"Ich habe ihn aufgezogen", erklärte sie glücklich. "Keiner hat jemals verstanden, warum ich mich derartig um einen blöden Bullen gekümmert habe, aber Pillar war eben etwas Besonderes.
Hübscher als die meisten seiner Artgenossen und beinahe zärtlich. Andere Kinder haben Hunde, ich hatte eben einen Bullen."
Der Mann verharrte in gebührendem Abstand zu dem riesigen Tier. "Okay", sagte er langsam, "und was nun? Hier befinden sich beinahe hundert Rinder, die zwar im Moment nicht gefährdet sind. Morgen aber wird der Sturm auch hier hereinbrechen. Was dann? Wie gedenken Sie, sollen wir beide sie einfangen und hinuntertreiben?"
Tana gab dem Bullen einen Klaps. "Oh, wir müssen sie nicht einfangen", erklärte sie. "Ich muss Pillar nur einen Strick um den Nacken legen und ihn hinunterführen. Die Rinder werden ihm folgen."
"Tatsächlich?" sagte der Fremde trocken. "Und wieso nehmen Sie an, dass sich Pillar wie ein Hund behandeln lässt?"
Sie schwang sich in den Sattel und lächelte. "Im Herzen ist er immer noch ein Baby", erwiderte sie und ritt auf die geschützte Feldseite zu.
4. KAPITEL
Tana hielt auf einen kleinen Fichtenhain zu, und als der Mann mit seinem Pferd losgaloppierte, hatte sie schon abgesessen und löste gerade den Sattelgurt.
"Wie ist der Weg hinunter zur Ranch?" fragte er sie. Seine Stimme klang besorgt, während er den schnell dunkler werdenden Himmel betrachtete.
"Das Wetter verschlechtert sich, nicht wahr?"
Er nickte finster. "Dort drüben braut
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