Silent Control | Thriller
zu bringen. Also, für welchen Geheimdienst arbeiten Sie?«
Solch einen Frontalangriff hatte Torben nicht erwartet. Mit einem Schlag wurde ihm wieder bewusst, in welch einer hilflosen Lage er sich befand. Die CIA hatte ihn in der Hand. Und June Madlow würde ohne Zweifel ihre Waffe gebrauchen, falls er das Falsche tat. Unwillkürlich wich er einen Schritt zurück.
»Blödsinn. Es war alles ein bisschen anders …«
June Madlow unterbrach ihn scharf. »Unser Team hat in Ihrer Wohnung Unterlagen gefunden, die für eine Anklage wegen Spionage ausreichen. Die Spur führt zu Peter Norris, einem Todfeind der CIA. Mit welcher Mission hat er Sie beauftragt?«
Torben wusste nicht mehr, was er sagen sollte. Verzweifelt suchte er nach einer glaubwürdigen Erklärung. Leugnen war ohnehin zwecklos. Aus den Unterlagen gingen nicht nur Peters Geheimpläne hervor, sondern auch einige seiner Quellen. Und Torben steckte tief mit drin, das war nicht zu übersehen.
»Norris war mein Professor in Hamburg, mehr nicht«, wiegelte er ab. »Ich war nur sein Student. Und am Ende sein Freund.«
June Madlow fing an zu lachen. »Ist ja rührend. Richtig herzerwärmend, Ihre kleine Geschichte. Aber die können Sie Ihrer Großmutter erzählen.« Sie trat ganz dicht an Torben heran und fasste ihn grob am Kinn. »Wenn Clark Ihre Verbindung zu Norris erfährt, sind Sie erledigt. Der reißt Ihnen die Eier ab, verlassen Sie sich drauf.«
Torbens Puls raste. Die Sonne wurde von Minute zu Minute heißer. Mit dem Ärmel seines Overalls wischte er sich den Schweiß von der Stirn. Nein, dies war kein netter kleiner Ausflug, dies war ein knallhartes Verhör. Er musste jedes Wort auf die Goldwaage legen.
»Peter hat mir etwas klargemacht: Der Schutz vor Terrorismus rechtfertigt keine Gesellschaftssysteme, die auf Unterdrückung beruhen. Im Gegenteil. Diese Systeme provozieren den Terror ja erst.«
Er hatte wenig Hoffnung, dass sein Gegenangriff etwas bewegen würde. Dennoch hatte er das Gefühl, June sollte wissen, was ihn antrieb.
Nachdenklich sah die Agentin in die Wüste hinaus. Ihr Haar wurde vom warmen Wind aufgewirbelt. Torben konnte eine kleine Narbe an ihrem Hals erkennen.
»Ich habe keine Ahnung, wofür Norris Sie benutzt hat. Aber wenn Sie wirklich so naiv waren, aus idealistischen Gründen mitzumachen, haben Sie nur noch eine Chance: Arbeiten Sie mit Clark zusammen. Dann kommen Sie einigermaßen ungeschoren davon.«
Wütend kickte Torben ein paar Steine über die Felskante.
»Und Sie?«, fragte er herausfordernd. »Sind Sie nicht mindestens so naiv wie ich? Haben Sie mal darüber nachgedacht, wofür Sie sich benutzen lassen?«
June blitzte ihn böse an. »Wie meinen Sie das?«
»Na ja, Sie denken, Sie schützen eine Demokratie. Das ist doch lächerlich. Sie wissen selbst, dass Banken und Unternehmen die Politik bestimmen. Wem nützt denn das tolle Überwachungsprogramm, das Clark mir gezeigt hat? Ihnen? Mir? Bullshit. Es nützt denen, die an stabilen Verhältnissen interessiert sind. Damit sie seelenruhig ihre Geschäfte abziehen können.«
Die Agentin machte keinen besonders erschütterten Eindruck. Sie faltete die Hände, und Torben entdeckte ihre keltischen Tattoos an den Handgelenken. Es waren Schlangeneier, die aus der Entfernung wie Adleraugen aussahen.
»Ihre billige Gesellschaftskritik können Sie sich sonst wohin schieben. Fakt ist: Norris hat versucht, Sie zu rekrutieren. Und offenbar ist ihm das auch gelungen. Das können Sie nicht bestreiten. Niemand wird Ihnen etwas anderes glauben.«
Plötzlich begriff Torben, dass er nicht mehr viele Optionen hatte. Auf die eine oder andere Weise würde er sich auf Clark zubewegen müssen. Doch vielleicht gab es noch einen dritten Weg. June Madlow war loyal, aber nicht dumm.
»Wie oft sind Sie eigentlich in Ihrem eigenen Land unterwegs?«, fragte er.
Sie blickte Torben entnervt an. »Was soll die blöde Frage? Ich lebe hier.«
Er stemmte die Hände in die Hüften. »Ich erwarte ja nicht, dass Sie wissen, was die Weltbank und der IWF in der Dritten Welt angerichtet haben. Aber waren Sie schon mal in Washington? Haben Sie schon mal die Schwarzenviertel gesehen? Die heruntergekommenen, dreckigen, zerfallenen Häuser? Die hoffnungslosen Gesichter, ausgezehrt von Crack, Alkohol und Armut. Warum gibt es dort wohl Bandenkriminalität?«
Statt einer Antwort rollte June nur mit den Augen.
»Dort könnten Sie sehen, dass das Elend dieses Systems schon bis ans Weiße Haus reicht. Peter
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