Silent Control | Thriller
konnte nicht irgendwelchen Träumern überlassen werden. Nach den letzten geheimen Treffen von Managern multinationaler Unternehmen aus den entscheidenden Bereichen der Welternährung, der Energieversorgung und der Finanzindustrie, die in der Öffentlichkeit so gut wie unbekannt waren, schickten sie Terrier wie Strieber nach Brüssel, London, Berlin oder Washington, um die Politiker auf Linie zu bringen. Aber nichts ging schnell genug. Diese Männer hatten keine Geduld mehr mit dem Mob, der alles zum Erliegen brachte. Sie wollten ein Ende dieser Lähmung ihrer Geschäftsinteressen, egal um welchen Preis.
»Was ist los, gehen Ihnen langsam die Ideen aus?«, fragte der CIA-Chef sarkastisch.
Strieber legte ihm ein Papier auf den Tisch. Es trug das Siegel des Weißen Hauses. Schon nach den ersten Zeilen verdüsterte sich Clarks Miene.
Nach Einschätzung des Sicherheitsberaters John Forrest haben Anonymous durch Helfer in den Reihen der CIA und des NSA Zugang zu streng geheimen Datenbanken. Die Frage sei nicht, ob diese Informationen veröffentlicht würden, sondern nur, zu welchem Zeitpunkt. Sicher sei außerdem, dass die Zugangsdaten von Insidern stammten, die mit der Administration der Systeme betraut sind.
Mit weit aufgerissenen Augen stand Strieber vor dem CIA-Direktor. »Ich habe es Ihnen prophezeit, Clark! Anonymous sind keineswegs so hierarchiefrei, wie viele behaupten. Sie wählen zwar keinen Anführer, aber offenbar gibt es Spitzenleute, die die Organisation bedienen.« Er setzte sich wieder und schlug mit der rechten Hand auf die Armlehne des Sessels. »Wer weiß schon, wer in Wirklichkeit dahintersteckt.«
Jetzt bekam Clark wieder Oberwasser. Er hatte einen Trumpf im Ärmel – Torben Arnström. Vorausgesetzt natürlich, dass dieser kleine Terrorist endlich umschwenkte.
»Tja, Lou«, sagte er, jedes seiner Worte auskostend, »ich habe jemanden, der uns heute noch zu einem der Anführer bringt. Und was die Bedrohungslage angeht – wir haben gestern in allen relevanten Behörden das neue RSA-Verschlüsselungssystem installiert. Die Passwörter werden im Sekundentakt durch einen unabhängigen Algorithmus verändert. Das macht es unmöglich, sie zu knacken.«
Lou Strieber schien das nicht zu beeindrucken. Im Gegenteil. Er atmete schwer und rückte auch schon mit der nächsten Hiobsbotschaft heraus.
»Das wird uns nicht mehr helfen. Wir stehen kurz davor, die Hoheit über die öffentliche Meinung zu verlieren. Was aber weit katastrophaler ist: Die Stimmung bei den Politikern kippt, allen voran beim Präsidenten. In zehn Tagen will er auf dem vertraulichen G20-Gipfel die Verstaatlichung der FED und anderer wichtiger Banken bekannt geben.«
Im Grunde hatte Clark diesen Schritt erwartet. In den letzten Monaten hatte die FED zunehmend in der Kritik gestanden. Sie hatte ihr Rettungspaket für den Finanzsektor großzügiger geschnürt, als offiziell zugegeben. Statt der verlautbarten 700 Milliarden Dollar hatte sie inzwischen vier Billionen Dollar verliehen. Ähnliche Gerüchte kursierten bereits über die Europäische Zentralbank, die unlängst in atemberaubendem Ausmaß die Gelddruckmaschine angeworfen hatte und Staatsanleihen aufkaufte, um die Märkte zu kontrollieren. Das brachte die Währungen an den Rand des Kollapses. Nur die Bindung des Dollars an den Ölpreis verhinderte noch den totalen Zusammenbruch. Die Drohung einer Klage durch den Präsidenten beeindruckte die FED herzlich wenig. Sie weigerte sich strikt, zu offenbaren, wer das Geld des amerikanischen Steuerzahlers bekommen hatte.
Clark wusste, dass im Internet darüber die wildesten Verschwörungstheorien kursierten und dass der Präsident zum Gespött werden würde, wenn er nicht durchgriff.
Ungeduldig wartete Strieber auf eine Reaktion Clarks, der sich bemühte, seine Fassung zu bewahren.
»Das ist Politik, Lou«, winkte er ab. »Damit haben wir nichts zu tun. Was das Internet angeht, halten wir in wenigen Tagen alle Fäden in der Hand. Der Rest ist Ihre Party.«
Zweifelnd hörte Lou Strieber dem CIA-Chef zu. Er schien zu spüren, dass bei Clark nicht alles so gut lief, wie sein selbstgefälliges Verhalten es vorgab.
»Hören Sie zu«, sagte er, seine Stimme dämpfend. »Wir haben Sie nicht auf diesen Stuhl gesetzt, damit Sie schalten und walten, wie Sie wollen. Machen Sie Ihren Job und servieren Sie uns diese Systemfeinde auf dem Silbertablett. Falls Sie versagen …«
Er ließ die letzten Worte in der Luft hängen.
»Was
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