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Silentium

Silentium

Titel: Silentium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Haas
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–»
    «Sicher, paßt doch gut, oder?»
    Statt darauf zu antworten, hat der Brenner ihr etwas erzählt. Aus einer Zeit, wo die Notapothekerin noch nicht einmal am Leben war. Polizeischule. Da haben er und der Irrsiegler einmal bei einem Rockkonzert ein bißchen was dazuverdient als Sicherheitspersonal. Und diese englische Band hat Dr. Feelgood geheißen.
    Ein super Konzert, und nachher sind sie noch mit den Musikern auf ein Bier gegangen. Oder «ein Bier» vielleicht nicht ganz richtig ausgedrückt. Weil der Sänger von denen, quasi der Dr. Feelgood, der hat saufen können, daß es den Brenner nicht besonders überrascht hat, wie dann die Zeitung einmal eine kleine Todesnachricht über ihn gebracht hat. Andererseits, der Irrsiegler ist da schon Jahre tot gewesen.
    «Die haben damals dieses Lied gespielt», hat der Brenner gesagt.
    «Das du jetzt gepfiffen hast?»
    «I’m crazy about girls, I’m crazy about women.
Ein richtig gutes Lied. Und als Zugabe haben sie es wiederholt.»
    «Das ist die Melodie? Wo du mir erzählt hast, daß kein Hinweis im Text war?»
    «Dr. Feelgood», hat der Brenner gesagt. «Das wäre der Hinweis gewesen.»
    «Dr. Phil. Guth», hat die Notapothekerin buchstabiert, als würde sie den Namen eines Medikaments von einem unleserlichen Rezeptzettel ablesen. «Da hättest du früher schalten müssen.»
    Der Brenner hat nichts dazu gesagt.
    «Was wird jetzt eigentlich aus der Heiratsagentur?»
    «Was weiß ich. Irgendwer wird sie schon übernehmen. Vielleicht der Dr. Prader, damit er in seinem Haus bleiben kann.»
    «Aber du hast doch gesagt, daß der nichts mit dem Jungfrauenhandel zu tun gehabt hat.»
    «Hat er auch nicht. Er könnte ja eine normale Heiratsagentur daraus machen. Man soll immer an das Gute glauben.»
    «Glaubst du, daß seine Frau noch leben würde, wenn du mehr auf deinen Dr. Feelgood gehört hättest?»
    «Was weiß ich.»
    «Und die Mary Ogusake?»
    «Nachher ist man immer gescheiter.»
    Der Brenner ist jetzt ein bißchen einsilbig geworden. Er hat die Melodie pfeifen müssen, die sich sein Hirn so viele Jahre lang gemerkt hat.
    «Was wird jetzt eigentlich aus dem Fräulein Schuh?»
    «Für das bißchen Zuhälterei wird sie nicht viel kassieren. Der Anwalt wird die ganzen Sünden auf ihren Sohn schieben.»
    «Und was wird aus dem Schorn?»
    «Bischof», hat der Brenner müde gesagt.
    «Weißt du was?» hat die Notapothekerin keine Ruhe gegeben. «Die halben Krankheiten, gegen die sich die Leute bei uns Medikamente holen, kommen von zuviel Hygiene.»
    «Mhm», hat der Brenner im Einschlafen gesagt.
    «Und weißt du was? Das ist typisch, daß diese grausige Schorn-Geschichte auch in der Dusche angefangen hat. Beim Hygiene-Unterricht.»
    «Hyäne», hat der Brenner gemurmelt. «Als Kind hab ich immer Hygiene mit Hyäne verwechselt.» Weil da hat er sich jetzt ein bißchen mit der Kindheit von der Witwe vom Gottlieb schmücken wollen.
    «Hygiene und Hyäne!» hat sie begeistert ausgerufen. «Weißt du was? Du warst ein Wunderkind.»
    «Sicher.»
    «Zuviel Hygiene ist für den Körper nämlich wirklich eine Hyäne», hat sie behauptet. «Vor allem für die Haut. Und wie man an deinem Jungfrauen-Internat sieht: auch für die Seele.»
    «Wenn man die Augen zuhat, könnte man bei dir glauben, man redet mit einer Sandlerin.»
    «Wie bitte? Stink ich?»
    «Weil du so philosophisch bist.»
    «Paß auf», hat die Notapothekerin ihn gewarnt, «wenn du frech wirst, mach ich gleich Hygiene-Unterricht mit dir.»
    «Hyäne-Unterricht», hat der Brenner mit geschlossenen Augen gemurmelt.
    Die Notapothekerin ist jetzt endlich einmal still gewesen. Ich möchte nicht sagen, bedrohlich still. Aber es kann sich jemand noch so vorsichtig über dich beugen, völlig geräuschlos, und nicht die geringste Berührung, du spürst es doch irgendwie, daß etwas in der Luft liegt.
    «Das klingt, als wäre deinem Hasenschartenpräfekt das ‹G› abhanden gekommen», hat sie auf einmal aus einer anderen Richtung gesagt, irgendwie mehr über ihm als neben ihm. Das hat der Brenner genau gemerkt, weil wenn du die Augen zuhast, bist du ja mit allen anderen Sinnen sofort besser, Gerüche, Geräusche, alles. Aber gespürt hat er sie immer noch nicht, und die Augen hat er auch nicht aufgemacht.
    «Hasenscharte ist vorn bei den Lippen», hat der Brenner mit geschlossenen Augen gesagt. «Für das ‹G› braucht man die Lippen nicht, da braucht man das Zäpfchen im Rachen.»
    «Was du nicht sagst.»
    «Aber der

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