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Silenus: Thriller (German Edition)

Silenus: Thriller (German Edition)

Titel: Silenus: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jackson Bennett
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der, wenn Silenus recht hatte, gar kein Ort war. George war verloren in all dem Nichts, das aus der verbliebenen Welt herabsickerte und sich am Boden der tiefsten Schatten sammelte, einem Ort, so unbedeutend, dass er kaum als existent bezeichnet werden konnte. Orte wie dieser hatten keinen Anfang und kein Ende. Sie waren einfach, wenn auch in sehr geringem Maße.
    Manchmal hatte er das Gefühl, er würde auf der Steilwand einer Klippe wandeln. Dann wieder war es, als liefe er über das Dach einer gewaltigen Höhle. Als er über eine tiefe Schlucht springen musste, schien es ihm, als würde sein Sprung viel länger dauern, als er sollte. Dann erkannte er, dass er sich viel langsamer bewegte, als er gedacht hatte. Selbst einfache Bewegungen funktionierten dem Anschein nach in dieser unendlichen Trostlosigkeit nicht richtig. Das erklärte, wie er den Sturz aus dem Erkerfenster hatte überleben können.
    Dann und wann erspähte er Ruinen auf den sternenbeleuchteten Klippen, und er fragte sich, ob dies tote Städte waren. Orte, die die Wölfe geplündert hatten, bis nur noch die Gebeine übrig waren? Oder hatten Menschen sich aus irgendeinem Grund hier wiedergefunden und eine Siedlung erbaut? Manchmal glaubte er, er sähe eine Bewegung zwischen eingefallenen Torbögen, aber er verspürte nicht den Wunsch, dem auf den Grund zu gehen.
    Dann wieder sah er die winzigen, kläglichen Sterne über sich verlöschen, als würde etwas Großes, Dunkles über den Himmel gleiten, das er nicht sehen konnte. Er glaubte nicht, dass es die Wölfe waren … Vielleicht etwas, das gelernt hatte, hier zu leben? Was immer es war, er wollte ihm auf keinen Fall begegnen.
    Endlich kam George zu einer der großen Schluchten. Nervös trat er an den Rand und blickte hinab. Sie schien endlos weiterzugehen, einfach immer nur weiter in die Finsternis. Doch er erkannte, dass an den Wänden der Schlucht kleine Lichter zu sehen waren, die aus tiefen Spalten leuchteten.
    George erinnerte sich an den Tag, an dem Silenus mit ihm in der Ödnis gewesen war, und an das, was er für Sterne in den Steilwänden gehalten hatte … und dann waren sie umgekehrt, um die Ödnis zu verlassen, hatte der Weg hinaus genau hinter ihnen gelegen.
    Er machte sich auf die Suche nach einem Weg in die Tiefe. Da gab es einen zerklüfteten, gefährlich schmalen Pfad, der an einer Seite des Abgrunds herabführte. An vielen Stellen war er zerfressen und abgetragen, und George musste vorsichtig einen Schritt nach dem anderen tun und bisweilen über größere Lücken hinwegspringen, aber die sonderbare Physik dieses Ortes erleichterte es ihm, die Sprünge zu kontrollieren. Schließlich erreichte er eine der Spalten, aus der ein schwaches Licht hervordrang, und er kauerte sich nieder, um hineinzuschauen.
    Als sich seine Augen an das Licht gewöhnt hatten, blinzelte er verblüfft. Am Ende der Spalte war ein Loch, durch das er etwas zu erkennen glaubte, das aussah wie eine Ansammlung von Rechen, Hacken und anderen gewöhnlichen Gartenwerkzeugen. Es war ein enorm surreales Erlebnis, solch alltägliche kleine Gerätschaften am anderen Ende dieser Spalte zu sehen, ganz, als würden sie dort hingehören. Als George die Augen zusammenkniff, konnte er sehen, dass all die Werkzeuge an einem Hintergrund aus altem Holz lehnten, und dass die Oberseiten von Sonnenschein getüpfelt waren, der durch ein Fenster zu dringen schien, das er nicht sehen konnte.
    Er hatte recht gehabt: Die kleinen Spalten führten in die tiefen Schatten in den dünnen Teilen der Welt. So, wie es Löcher im Sein gab, die zu diesem Ort führten, so führten dieselben Löcher auch wieder hinaus. Dieses spezielle Loch schien zu einem Schatten in einem alten Gartenhäuschen zu führen.
    Die Vorstellung, in die Hütte eines Fremden zu stolpern und womöglich erklären zu müssen, was er dort zu suchen hatte, war George ausgesprochen unangenehm. Mit seinen zerfetzten Kleidern und den vielen dunklen Flecken am Leib sah er alles andere als vertrauenswürdig aus. Aber es war durchaus möglich, dass einer dieser Schatten zu einem Ort führte, der ihn näher zu der Truppe brachte, also ging er weiter und hielt unterwegs an jeder Spalte inne, um zu sehen, wo der jeweilige Schatten endete.
    George sah Schatten, die aussahen wie finstere Täler, verfallene Fabriken, ausgedorrte Flussläufe oder verlassene Straßen. Er sah windige Gassen, endlose Schutthalden und zaundürre Brücken, die sich ewig hinzuziehen schienen. Es waren alles

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