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Silenus: Thriller (German Edition)

Silenus: Thriller (German Edition)

Titel: Silenus: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jackson Bennett
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ausrichten können. Er versuchte es an ein paar Schränken, doch die wollten sich für ihn nicht öffnen. Dann fiel sein Blick auf das Fenster, und er hatte eine Idee.
    Alles hing, so nahm er an, davon ab, ob Kingsleys Kinder wirklich als lebendig betrachtet werden mussten. Und das glaubte er nicht. Sie waren falsch, Monstrositäten, herausgeputzt und behandelt wie Kinder. Sie waren nicht echt; das hatte Kingsley bei dem ersten Auftritt, den George erlebt hatte, selbst gesagt.
    »Also gut«, sagte er. »Ich lasse euch rein. Aber ihr müsst mir versprechen, sie nicht anzurühren.«
    »Öffne die Tür.«
    »Nein! Versprecht es mir.«
    »Öffne sie. Öffne die Tür.«
    »Erst versprecht ihr es, dann öffne ich.«
    Kurz trat Schweigen ein. Dann: »Ja, ja. Wir versprechen es. Ja.«
    »Also gut.« George atmete tief durch, zog sich den Mantel hoch, um Hals und Kopf zu schützen und griff nach der Klinke. »Gleich mache ich auf.«
    »Tu es. Tu es jetzt!«
    Gierig wie kleine Kinder, dachte George und riss die Tür auf.
    Er hielt sich nicht damit auf, nachzusehen, was auf der anderen Seite lauerte, sondern machte kehrt und stürmte davon, sprang dann mit einer Behändigkeit, die ihn selbst überraschte, auf den Schreibtisch seines Vaters und mit ausgestreckten Armen und dem Kopf voran weiter durch das Erkerfenster.
    Glas zersprang um ihn herum, aber das war nicht das Schlimmste: Durch dieses Fenster zu springen war, als würde er in das Polarmeer eintauchen. Die Kälte schien ihn von dem Moment an, in dem er durch das Fenster stürzte, zu umschließen, und fast sämtliche Luft entwich seiner Lunge. Hinter sich hörte er schrille Schreie, als die Kreaturen auf der anderen Seite der Tür ihn fallen sahen. Sein Mantel versperrte ihm die Sicht, also konnte er nicht erkennen, was um ihn herum war, während er fiel, aber schon in diesem Moment wurde ihm klar, dass sein Fall zu lang dauerte und er sicher sein konnte, auf dem felsigen Boden in der Tiefe zu zerschellen …
    Aber er irrte sich. Zu seinem Glück fiel er flach auf den Bauch, nicht auf den Kopf oder die Füße. Was an Luft noch in seinem Körper gewesen war, wurde nun aus ihm herausgepresst. Er stöhnte leise und versuchte, sich aufzusetzen, stellte aber fest, dass er nicht konnte: Sein Mantel und seine Hose klebten aus irgendeinem Grund am Felsgestein.
    Dann erinnerte er sich, wie Stanley auf dem Fabrikgelände seine Tafel hochgehalten hatte, kurz bevor er sich die Schuhe ausgezogen hatte, und auf der Tafel hatte gestanden: WEIL DU NICHT WILLST, DASS SIE AM BODEN FESTFRIEREN.
    George kämpfte mit seinen Kleidern, bog sich zurück und versuchte, sich mit den Knien hochzustemmen, doch sie rührten sich nicht. Sie waren an der Felsenklippe festgefroren und hielten ihn am Boden fest wie in einem Kokon.
    Er hörte auf zu zappeln. Irgendwo über ihm erklang ein Scharren, doch er konnte nichts sehen. Dann hörte er eine Stimme: »Da, da liegt er am Boden!«
    Sie folgten ihm. George nahm den Kampf gegen seinen gefrorenen Mantel mit aller Gewalt wieder auf und hörte, dass sich irgendwo ein Riss bildete. Er legte eine bloße Hand auf den Boden (ein Boden, so kalt, die Berührung schmerzte, brannte beinahe) und stemmte sich mit aller Kraft hoch.
    Irgendwo gab das Futter nach, und er kam frei. Er drehte sich um und sah, dass er am Fuß einer der gewaltigen Steilklippen lag. Weit oben prangten die Sterne, und direkt über ihm war etwas, das aussah wie drei goldene Rechtecke, die vor der Steilwand schwebten. Er brauchte einen Moment, bis ihm klar wurde, dass dies das Bürofenster war, so, wie es von der Außenseite aussah, und dass in der Mitte des Fensters drei kleine Gestalten hingen, bereit, sich die Klippe hinabzustürzen.
    »Geben die denn nie auf?«, ächzte George. Er versuchte, sich aufzusetzen, aber auch seine Hose war am Boden festgefroren. Voller Entsetzen blickte er an sich herab und fing an, mit tauben Fingern nach seinen Hosenknöpfen zu tasten.
    Aus dem Augenwinkel sah er eine Bewegung. Eine der kleinen Gestalten stürzte auf die Klippe herab, dann noch eine und noch eine. Die drei kleinen, schwarzen Schatten kletterten gemächlich über das Felsgestein weiter auf ihn zu. Er kämpfte umso hektischer mit dem Hosenknopf, doch der schien irgendwie festzusitzen, und er konnte ihn mit seinen klammen Fingern kaum bewegen …
    Dann hielt eine der kleinen Gestalten mitten in der Kletterei inne, und ein Schrei ertönte aus den Schatten: »So kalt! So kalt! Kann mich nicht

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