Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Silo: Roman (German Edition)

Silo: Roman (German Edition)

Titel: Silo: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hugh Howey
Vom Netzwerk:
Kindheit, über ihren Eltern und Großeltern geschwebt hatte. Der Aufstand,
den man nur flüsternd erwähnte.
    »Und wie kommst du
darauf, dass wir es waren? Dass die Guten die Server gelöscht haben?«
    Mit einem grimmigen
Lächeln drehte sie halb den Kopf. »Wer sagt denn, dass wir die Guten sind?«
    Holston nahm seine
Hand aus Allisons Nacken. »Fang nicht damit an! Sag nichts, was …«
    »Ist doch nur Spaß!«
Aber damit spaßte man nicht. Es war Hochverrat. »Nach meiner Theorie «,
sagte sie schnell und betonte das letzte Wort, »gibt es in jeder Generation
einen Aufstand, ja? Seit über hundert Jahren oder auch länger. Zuverlässig wie
ein Uhrwerk.« Sie deutete auf die Daten. »Aber damals, beim großen Aufstand – dem einzigen, von dem wir bislang wissen –, hat jemand die Server gelöscht. Und
ich kann dir versichern, dass man dazu nicht nur ein paar Tasten drücken oder
ein Feuer legen muss. Die Daten sind vielfach gesichert, es gibt Back-up über
Back-up. Den gesamten Datenbestand könnte man nur in einer breit angelegten
Aktion löschen, auf keinen Fall versehentlich, nicht einmal durch bloße
Sabotage …«
    »Damit weißt du aber
noch immer nicht, wer die Verantwortung trägt«, merkte Holston an. Was Computer
anging, war seine Frau ein Genie, aber Detektivarbeit war nicht ihr Ding, das
war sein Job.
    »Was ich aber weiß,
ist«, fuhr sie fort, »dass es in jeder Generation eine Revolte gegeben hat, und
die entsprechenden Daten gelöscht worden sind.«
    Sie biss sich auf
die Lippe.
    Holston richtete
sich auf.
    Er sah sich im Raum
um und ließ diese Erkenntnis auf sich wirken. Er sah vor seinem geistigen Auge,
wie Allison ihm seinen Detektivkoffer aus der Hand riss und damit floh.
    »Willst du mir sagen …«, er dachte angestrengt über diesen Punkt nach, »willst du mir sagen, dass
jemand unsere Geschichte gelöscht hat, damit wir sie nicht wiederholen?«
    »Oder Schlimmeres.«
Sie nahm seine Hände. Ihr Gesichtsausdruck war nun nicht mehr nur ernst, er war
hart. »Was ist, wenn die Gründe für die Revolten genau hier auf den Festplatten
gespeichert waren? Wenn ein Teil unserer Geschichte oder Daten von außerhalb
oder womöglich das Wissen darüber, warum die Menschen vor langer, langer Zeit
hierhergezogen sind – wenn diese Informationen dazu geführt haben, dass die
Leute den Verstand verloren, dass sie übergeschnappt sind und einfach hier
rauswollten?«
    Holston schüttelte
den Kopf. »Ich will nicht, dass du so etwas denkst!«, warnte er sie.
    »Ich sage damit
nicht, dass sie berechtigterweise verrückt geworden sind«, sagte sie nun wieder
vorsichtiger, »aber ausgehend von dem Puzzle, das ich bislang habe
zusammensetzen können, ist das meine Theorie.«
    Holston schenkte dem
Bildschirm einen misstrauischen Blick. »Vielleicht solltest du dich nicht mit
diesen Dingen befassen. Mir ist sowieso ein Rätsel, wie du an die Daten kommen
kannst, wenn sie eigentlich gelöscht worden sind, und vielleicht solltest du
einfach die Finger davon lassen.«
    »Schatz, die
Informationen sind hier. Wenn nicht ich sie zusammensetze, dann tut es jemand
anderes. Man kann den Geist nicht in die Flasche zurücksperren.«
    »Wie meinst du das?«
    »Ich habe eine
Abhandlung darüber geschrieben, wie man gelöschte und überschriebene Daten
wiederherstellen kann. Meine Kollegen aus der IT-Abteilung verteilen den Text, um Leuten zu helfen, die versehentlich
etwas gelöscht haben.«
    »Ich finde trotzdem,
du solltest damit aufhören«, sagte er. »Das alles ist keine gute Idee, ich
bezweifle, dass bei deinen Nachforschungen etwas Gutes herauskommt …«
    »Ist die Wahrheit
denn nicht gut? Es ist grundsätzlich gut, die Wahrheit zu kennen. Und besser,
wir finden sie heraus als jemand anderes. Oder?«
    Holston betrachtete
seine Akten. Vor fünf Jahren war das letzte Mal jemand zur Reinigung
hinausgeschickt worden. Der Blick nach draußen wurde täglich schlechter, und
als Sheriff spürte er den Druck, jemanden zu finden, der hinausging und sich um
die Linsen kümmerte. Dieser Druck baute sich stetig auf – wie in einem Topf, in
dem sich zu viel Dampf sammelte. Die Menschen wurden nervös, sobald sie einmal
auf die Idee gekommen waren, die Zeit sei nun bald wieder gekommen. Es war wie
eine sich selbst erfüllende Prophezeiung – am Ende rissen irgendjemandem die
Nerven, jemand holte zum Schlag aus oder sagte etwas Falsches, und dann saß er
in der Zelle und sah seinen letzten verschwommenen Sonnenuntergang.

Weitere Kostenlose Bücher