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Silvy will die Erste sein

Silvy will die Erste sein

Titel: Silvy will die Erste sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Louise Fischer
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abschreiben ist doch schlecht...“
    „Stimmt“, sagte Frau Dr.
Mohrmann, „das habe ich alles erklärt, und ich finde, es paßt sehr gut zusammen.
Wenn man nämlich nicht nur wegen der Zensuren arbeitet, sondern um etwas zu
lernen, dann weiß man auch, daß es gar nichts nutzt, sich eine gute oder auch
nur passable Note zu ermogeln, wenn man in Wirklichkeit nichts kann. Wie
Dummheit und Stolz wachsen auch Streben und Mogeln auf demselben Holz.“
    „Das ist gut“, sagte Katrin,
„das werde ich mir merken.“
    „Was tut man nun wirklich, wenn
man aufgerufen wird und keine Antwort weiß?“ fuhr die Lehrerin fort. „Man gibt
ganz offen zu: Das habe ich nicht begriffen oder: Das habe ich nicht behalten!
— Das ist ehrlich und richtig. Und versucht nur ja nicht, mir einzureden, daß
man erst bei der Klassenarbeit merkt, wie wenig man kann. Man muß vorher
lernen, bevor die Arbeit geschrieben wird, vorher zugeben, daß man noch nicht
alles verstanden hat, vorher die Mitschülerinnen um Hilfe bitten!“
    „Ganz meine Meinung“, erklärte
Silvy, „aber gerade das tun ja die anderen nicht. Sie schwimmen dauernd, und
dann sollen wir helfen. Katrin tut’s, das ist ihre Sache, aber Sie haben selber
vorhin gesagt, Frau Mohrmann, daß es nicht richtig ist, und mir geht es einfach
gegen den Strich.“
    „Ja, weil du dich freust, wenn
die anderen nichts wissen“, rief Katrin, „damit du dein Licht um so heller
leuchten lassen kannst!“
    „Wenn man sich wirklich für
seine Mitschülerinnen interessiert“, sagte Frau Dr. Mohrmann, „dann kommt es
gar nicht soweit. Dann merkt man nämlich schon längst vorher, wo die andere
Lücken hat, macht sie darauf aufmerksam und bietet ihr Hilfe an. Nicht indem
man vorsagt oder abschreiben läßt, sondern indem man der Freundin schwierige
Dinge erklärt und mit ihr zusammen arbeitet...“
    „Das habe ich getan“, sagte
Katrin, „und deshalb hat Ruth in der Mathe eine Eins geschrieben, nicht weil
ich sie habe abschreiben lassen, wie Silvy behauptet hat!“
    Frau Dr. Mohrmann lächelte ihr
zu. „Das hat sich inzwischen schon herausgestellt. Herr Dr. Künzel hat mir
erzählt, daß ihr beide gute Arbeiten geschrieben habt, während Silvy leider
versagt hat... sicher nicht, weil sie eine schlechte Schülerin ist, sondern nur
vor Aufregung.“
    Silvy preßte die Lippen
zusammen, die Tränen stiegen ihr in die Augen.
    „Kränk dich nicht zu sehr“,
sagte Frau Dr. Mohrmann, „jeder Mensch hat mal einen schlechten Tag, und
solange man sicher ist, daß man etwas kann, ist das noch lange keine Tragödie.“
    Sie wandte sich Leonore zu.
„Schlechter stehen die Dinge mit dir, leider. Du warst immer eine ordentliche
Schülerin. Aber du hast im letzten Halbjahr sehr, sehr nachgelassen, und das
ist wirklich bedauerlich.“
    „Ihre Mutter ist von der Leiter
gefallen!“ erklärte Katrin. Leonore brach in Tränen aus.
    „So schlimm?“ fragte Frau Dr.
Mohrmann erschrocken.
    „Nein, nein“, schluchzte
Leonore, „sie kommt... in zwei Wochen... wieder nach Hause...“
    „Aber dann...“
    „Ich bin schuld“, schluchzte
Leonore, „die Leiter war kaputt... und ich sollte sie halten, aber ich... ich
habe losgelassen... und da ist es passiert!“
    „Und das bedrückt dich so?“
    Leonore gab keine Antwort. Sie
konnte nur noch schluchzen, und es tat ihr unendlich wohl, sich einmal richtig
auszuweinen.
    „Armes Mädchen“, sagte Frau Dr.
Mohrmann, „und damit hast du dich nun all die Wochen, ja, Monate, herumgequält.
Warum hast du dich nicht bei jemanden ausgesprochen? Bei mir? Oder deinem
Vater... oder deiner Mutter?“
    Leonore weinte weiter.
    „Ich kann doch Mutti im
Krankenhaus nicht aufregen. Sie macht sich schon Sorgen genug!“
    „Du bist nämlich gar nicht
schuld“, tröstete die Lehrerin, „wenn du sagst, daß die Leiter kaputt war, so
trägst ja nicht du dafür die Verantwortung, sondern deine Mutter. Die meisten
Unfälle geschehen im Haushalt und im Verkehr, wenn Geräte nicht in Ordnung
sind, Leitern, die nicht mehr gebrauchsfähig sind, Apparate, die nicht
funktionieren, zerschlissene elektrische Schnüre, defekte Steckdosen,
Fahrradlampen, die nicht leuchten, abgefahrene Reifen... das sind scheinbar nur
Kleinigkeiten, und doch haben sie oft schwere, ja tödliche Unfälle zur Folge.
Ich glaube, wir sollten uns in einer der nächsten Stunden mit diesem Problem
befassen.“
    Leonore kämpfte gegen die Tränen.
„Ist das... Ihr Ernst?“ stammelte sie.
    „Ja. Und

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