sind große Klasse
Specht klopfte.
Plötzlich begriff Trix, dass es nicht genügte, Hanni zu umarmen und so zu tun, als wäre sie nicht eifersüchtig. Sie musste innerlich aufhören, die Beste sein zu wollen. Es konnte einfach nicht jede die Erste und die Beste sein. Hier in Lindenhof hatte sie viele Mädchen kennengelernt, die an allem teilnahmen und sich um gute Leistungen bemühten und die trotzdem nicht ernsthaft traurig waren, wenn es nicht zu einem Sieg reichte. Mädchen, die Freundinnen hatten, die man gern mochte und die zufrieden waren. Bobby zum Beispiel. Sie konnte eine Menge Dinge gut, aber die Erste war sie nirgendwo.
„Wenn ich so werden könnte wie Bobby ...“, dachte Trix.
Doch zu Hause war es wahrscheinlich noch schwerer als in Lindenhof. Auf einmal wusste sie, was sie sich wünschte: fort von hier, nicht zu den Eltern und zu Tessie zurück, sondern in ein anderes Internat. Sie hatte manches gelernt. Beim nächsten Mal würde sie es besser machen.
Sie schaute auf ihre Armbanduhr. Es war Zeit umzukehren, sonst würde sie zu spät zum Abendessen kommen. Sie stand auf, lief den Tannennadelpfad zurück. Kurz vor dem Gartentor blieb sie noch einmal stehen. Wenn sie alles besser machen wollte, musste sie sofort damit anfangen. Und zwar damit, dass sie Frau Theobald die Wahrheit sagte. Dann würde sie den Eltern schreiben und sie bitten, ein neues Internat für sie zu suchen.
Ob sie Mami auch eingestehen sollte, was sie getan hatte? Davor fürchtete sich Trix am meisten.
Trix riss das Gartentor auf, knallte es hinter sich zu und rannte über den Rasen. Schon von Weitem hörte sie den Gong, der zum Essen rief.
Ende gut, alles gut
Was zwischen Frau Theobald und Trix gesprochen wurde, erfuhr die Klasse nicht. Nur Trix selbst wusste, wie gütig die Direktorin gewesen war, nachdem sie ihr alles erzählt hatte.
„Du brauchst Lindenhof nicht zu verlassen“, sagte sie. „Ich will es nicht verlangen. Du bist freiwillig zu mir gekommen, um mir die Wahrheit zu sagen. Das lässt mich hoffen, dass du es mit deinen guten Vorsätzen ernst meinst. Deine Mitschülerinnen - Hanni vor allem - haben dir verziehen. Es war nicht richtig von ihnen, eine so schwerwiegende Angelegenheit allein regeln zu wollen, ohne mich oder eine der Lehrerinnen ins Vertrauen zu ziehen. Aber ich bin nicht böse. Sie haben menschlich anständig gehandelt und dir Freundschaft bewiesen. Ihr sollt vieles hier in Lindenhof lernen, um euch im späteren Leben, im Beruf, in der Ehe oder in beidem, zu bewähren. Aber das Wichtigste, das ich euch mitgeben möchte, ist Menschlichkeit. Ich wünsche mir, dass auch du ein bisschen Menschlichkeit gelernt hast ...“
Trix nickte. „Ja, das habe ich, Frau Theobald.“
„Jetzt liegt die Entscheidung bei dir - und natürlich bei deinen Eltern -, ob du bleiben oder in ein anderes Internat gehen möchtest.“
„Ich möchte fort“, erklärte Trix.
Die Direktorin nickte nachdenklich.
Es war wohl wirklich das Beste. In einer anderen Schule, wo niemand wusste, wie hässlich sie sich benommen hatte, würde man Trix unbefangen aufnehmen. Dort würde es ihr leichter fallen, ihre guten Vorsätze zu verwirklichen.
Eine Woche später war alles geregelt. Frau Fellner war zwar nicht gerade begeistert, dass ihre Tochter nach so kurzer Zeit schon wieder das Internat wechseln wollte, sie wusste auch nicht genau, warum. Trix hatte ihr nur von Problemen geschrieben. Das, was sie ihren Eltern eines Tages erzählen würde, konnte sie nicht in einem Brief oder am Telefon sagen.
Trotzdem war die Mutter einverstanden. Und wenn sie es war, war es der Vater auch. Die Erziehung der Kinder hatte er von Anfang an seiner Frau überlassen.
Frau Fellner telefonierte mit Trix und Frau Theobald. Dann machte sie sich auf die Suche nach einem neuen Internat.
Als Trix ihren Mitschülerinnen sagte, sie würde demnächst Lindenhof verlassen und in ein anderes Internat gehen, das näher an ihrem Heimatort lag, fragten sie nicht viel.
Nur Hanni wollte mehr wissen. „Es ist wegen der Diebstahlsgeschichte, stimmt‘s? Und nicht deshalb, weil du von Elisenhöhe jedes Wochenende heimfahren kannst, wenn du willst. Hast du Angst, du könntest es bei uns nicht mehr gutmachen?“
Trix zuckte die Achseln. „Ich weiß es nicht. Ich möchte es gutmachen, aber ich glaube, anderswo ist es nicht ganz so schwer. Ihr werdet mich auf jeden Fall nicht vermissen.“
Hanni wusste nicht, was sie antworten sollte.
Als Trix von ihrer Mutter abgeholt wurde,
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