Sinnliches Spiel auf Antigua
hatte er als Arzt geschworen, wissentlich nie jemandem Leid zuzufügen. Wenn er sie jetzt hier aus der Tür gehen ließ, würde er gegen alles verstoßen, was ihm heilig war.
Zwar widerstrebte es ihm, den Retter oder gar Helden zu spielen, aber er hatte zu viel Erfahrung mit dem Tod. Zu oft hatte er Menschen sterben sehen. Seine Mutter, seine Verlobte, seinen Freund Eddie. Deshalb blieb ihm eigentlich gar keine andere Wahl, trotz der Unruhe, die diese zwei Monate in sein Leben bringen würden. Doch die eigentliche Gefahr lag darin, dass er schon jetzt Gefühle bei sich feststellte, die in der Beziehung zwischen Arzt und Patientin nichts zu suchen hatten. „Wann brauchen Sie mich?“, fragte er knapp und ging in Gedanken seinen Terminkalender durch.
„In ungefähr zehn Tagen.“
„Und wo werden wir unsere Liebesgeschichte aufführen? Hoffentlich nicht in irgendeiner finsteren Industriestadt.“
„Nein.“ Sie lachte leise, froh, dass er anfing, die Sache mit Humor zu nehmen. „Die Außenaufnahmen werden auf Antigua gedreht. Sonne, Sand und Sangria.“
„Ich mache mir nicht viel aus Alkohol. Ist das ein Problem, ich meine, was mein Image als Ihr ständiger Begleiter betrifft?“
„Nein. Ich selbst trinke auch kaum Alkohol. Höchstens mal ein Glas Wein.“
Tatsächlich? Er warf ihr einen skeptischen Blick zu, beschloss dann aber, ihr zu glauben. „Falls ich einverstanden wäre, wie lange würde die Sache dauern?“
Hoffnungsvoll leuchteten ihre Augen auf, und das rührte ihn gegen seinen Willen. „Der Regisseur meint, in zehn Wochen fertig zu sein. Dann geht es zurück nach Los Angeles, wo alle Innenaufnahmen im Studio gemacht werden. Doch Sie könnten schon nach Wolff Mountain zurückkehren.“
„Und wenn Sie dann in der Zeit krank werden?“
„Meine Mutter und meine Freunde können auf mich aufpassen. Entscheidend ist aber, dass der Regisseur und der Produzent mich zu dem Zeitpunkt nicht mehr feuern können. Sie müssten warten, bis es mir wieder besser ginge.“
„Das scheinen Sie sich alles sehr genau überlegt zu haben.“
„Das musste ich. Ich habe vielleicht keine akademischen Abschlüsse wie Sie, Doc, aber eine ganze Menge praktischer Lebenserfahrung. Die Filmindustrie ist ein Haifischbecken, und ich weiß, wie man darin überlebt.“
„Ich werde meine Zustimmung allerdings erst geben, wenn ich Sie gründlich untersucht habe. Sind Sie damit einverstanden?“
„Habe ich eine Wahl?“
„Nein.“ Auch wenn ihn Ariels Gegenwart verwirrte, wenn es um die Gesundheit eines Patienten ging, war Jacob nüchtern und klar. „Ich will meine eigene Diagnose stellen. Wovor haben Sie Angst?“
„Ich habe keine Angst. Ich mag nur keine Ärzte.“
„Ich bin untröstlich. Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass ich Sie untersuchen muss. Ich werde Ihnen nicht wehtun, das verspreche ich.“
„Sagte der Mann mit der langen Spritze.“
Überrascht hob er die Augenbrauen. „Ist das Ihr Problem? Ja, ich muss Ihnen Blut abnehmen, aber Sie werden kaum etwas davon merken.“
Sie umklammerte die Armlehnen des Stuhls. „Ich muss Sie warnen. Während einer Blutspende beim Roten Kreuz bin ich mal ohnmächtig geworden.“
„Ich passe schon auf.“ Als er merkte, dass sie immer noch zitterte, fügte er schnell hinzu: „Ernsthaft, Ariel. Sie haben keinen Grund, sich Sorgen zu machen.“
„Muss ich mich ausziehen?“
Ariel. Nackt. Hier in seinem Haus. Bei der Vorstellung wurde er sofort hart. Der Schweiß brach ihm aus, und seine sicheren Chirurgenhände zitterten. „Nein“, presste er mit Mühe hervor, „das wird nicht nötig sein.“
„Dann wollen wir es hinter uns bringen.“ Sie stand auf und griff nach ihrer Handtasche.
„Die können Sie ruhig hierlassen. Es wird nicht lange dauern. Und außer uns ist keiner im Haus.“
Als sie den Flur entlanggingen, der ins Untersuchungszimmer führte, warf Jacob kurz einen Blick aus dem Fenster auf die Einfahrt. „Sind Sie allein gekommen oder mit einem Fahrer?“
„Allein. Ich bin Touristenklasse geflogen, hatte eine schwarze Perücke und eine große Sonnenbrille auf und habe mir ein Auto gemietet. Glücklicherweise hat mich niemand erkannt.“
„Oder wenn, waren die Leute anständig genug, Sie nicht zu belästigen.“
Sie sah ihn skeptisch lächelnd an. „Haben Sie grundsätzlich eine so gute Meinung von den Menschen?“
„Nicht alle Menschen sind schlecht.“
„Ihre Haltung ist erstaunlich, wenn man bedenkt, was man Ihrer Familie
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