Sinnliches Versprechen auf Sizilien
schraubte ihn auf. Damit war es zu Ende. Er war wieder frei!
In Sekundenschnelle hatte er seinen Namen auf die markierte Stelle am Fuß des Briefes gekritzelt und ihn so energisch unterstrichen, dass das Papier einriss.
Es war getan. Genau rechtzeitig.
Mit neu erwachtem Elan nahm er das Schreiben auf und faltete es sorgfältig, ehe er es in den bereitgelegten Umschlag schob. Eine einfache Postzustellung genügte in diesem Fall nicht.
„Maria!“, rief er nach seiner Assistentin. „Veranlassen Sie bitte, dass das Schreiben hier sofort per Eilboten an die angegebene Adresse geht und persönlich ausgehändigt wird.“
Er wollte ganz sichergehen, dass Marina es auch bekam. Nur so konnte er sich darauf verlassen, dass sie es erhielt, und befreit in eine neue Zukunft blicken.
Der Brief lag immer noch dort, wo Marina ihn am Vorabend hingelegt hatte – mitten auf dem Küchentisch. Das einzelne Blatt prangte sorgfältig ausgerichtet in der Mitte der abgewetzten Holzfläche, direkt vor ihrem Stuhl, wo es nicht zu übersehen war.
Sie wusste, dass sie die sauber getippten Zeilen erneut lesen sollte – diesmal langsam und sehr gründlich, um sich ein eindeutiges Bild von Pietros Anliegen zu machen. Am Abend hatte sie das Schreiben viel zu schnell überflogen, nachdem der Bote es ihr ausgehändigt hatte.
Beim Anblick des Absenders war sie so schockiert gewesen, dass sie den Inhalt des Briefes nur bruchstückhaft wahrgenommen hatte. Vor ihren Augen waren die Buchstaben verschwommen, sie hatte ihre volle Bedeutung nicht begriffen. Sehr viel besser war es ihr auch später nicht ergangen. Natürlich wusste sie, was ihr getrennt lebender Mann von ihr forderte, aber wie sie dazu stand, war ihr nicht so recht klar gewesen. Sie hatte darüber schlafen wollen, in der Hoffnung, sich dann zu einer Entscheidung durchringen zu können.
Schlafen? Von wegen! Marina füllte den Wasserkessel, um sich Kaffee aufzubrühen, den sie dringend brauchte. An Schlafen war überhaupt nicht zu denken gewesen. Rastlos hatte sie sich die ganze Nacht im Bett herumgeworfen und die Bilder und Erinnerungen zu verscheuchen versucht, die sich ihr aufdrängten. Doch genau wie damals, als sie noch mit Pietro verheiratet gewesen war, hatte sie es nicht geschafft, ihn aus ihren Gedanken zu verbannen.
Nach dieser Albtraumnacht würde sie sich als Erstes mit einem Becher starkem Kaffee stärken, ehe sie sich Pietros Schreiben erneut vornahm. Gerade wollte sie nach dem Brief greifen, als das Klingeln des Telefons sie so heftig zusammenfahren ließ, dass Flüssigkeit über den Becherrand schwappte und auf das elegante Briefpapier spritzte.
„Hallo, ich bin’s.“
„Wer?“
In Gedanken war Marina immer noch bei Pietros Schreiben und erkannte die Stimme des Anrufers nicht gleich.
„Ich bin’s, Stuart.“
Er klang enttäuscht, und das überraschte sie nicht. Sie hatten sich in der Gemeindebücherei kennengelernt, in der er als Bibliothekar arbeitete, und er hatte ihr deutlich zu verstehen gegeben, dass er sich für sie interessierte. Eigentlich hätte sie seine Stimme sofort erkennen müssen, doch Pietros Brief hatte sie völlig aus der Bahn geworfen.
„Bitte entschuldige, Stuart, ich bin noch nicht ganz wach. Weshalb rufst du an?“
„Ich dachte, wir könnten am Wochenende etwas unternehmen.“
„Das wäre …“ Marina blickte auf den Brief und verstummte. Stuart war genau, was sie jetzt brauchte – er war nett, sogar sehr nett – aber eigentlich sollte sie sich nicht verabreden, solange sie vor dem Gesetz noch mit Pietro verheiratet war.
„Ach Stuart, tut mir leid, aber ich muss für eine Weile verreisen.“
„An einen netten Ort?“
„Nein … nein, das nicht“, erwiderte Marina ausweichend.
Wie sollte sie ihm beibringen, dass sie ihren getrennt lebenden Ehemann besuchen würde? Zwischen ihr und Stuart mochte sich etwas anbahnen, doch sie hatte es bisher nicht über sich gebracht, ihm zu gestehen, dass Pietro immer noch im Spiel war … wenn auch nur als baldiger Ex.
Geschickt wich sie Stuarts nächsten Fragen aus, war dabei allerdings nicht ganz bei der Sache. In Gedanken beschäftigte sie sich weiter mit dem Brief, den sie nach wie vor nicht gründlich gelesen hatte.
Endlich beendete Stuart das Gespräch, doch er schien verstimmt zu sein. Vielen Dank, Pietro, dachte Marina gereizt. Seit zwei Jahren bist du aus meinem Leben verschwunden, aber kaum meldest du dich, läuft bei mir wieder alles schief.
Oder legte sie zu viel in
Weitere Kostenlose Bücher