Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sintflut

Sintflut

Titel: Sintflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
Vom Netzwerk:
Ruhe begeben, als neue Gäste dort eintrafen. Zuerst erschien eine schwedische Abteilung unter der Führung eines hohen Offiziers. Dieser war ein Mann in mittleren Jahren, groß, kräftig und breitschulterig. Trotz seiner fremdländischen Kleidung sprach er, als er die Schenke betrat, fließend und fehlerlos polnisch. Er fragte den Pan Andreas, wer er sei, und wohin er reise. Kmicic begann zu erzählen, daß ihn der schwedische Oberst betrogen und ihm statt des Geldes eine Quittung gegeben habe, – daß er jetzt im Begriffe stehe, sich zu dem schwedischen Könige zu begeben, um dort seine Klage vorzubringen.
    »Es ist recht, daß Sie zum Könige selbst fahren; denn obgleich er Tausende von Angelegenheiten im Kopfe hat, so läßt er doch jeden vor und hört alle an. Und zu dem polnischen Adel ist er sogar so freundlich, daß selbst die Schweden euch beneiden können.«
    »Wenn nur Geld im Säckel wäre!«
    »Vergeßt nicht, Karl-Gustav ist nicht wie Euer Jan-Kasimir, der sich bei den Juden so viel als zugänglich zusammenborgte, um es dann dem ersten besten Bittenden mit vollen Händen wegzugeben. – Übrigens, wenn ein gewisser Plan gelingt, so wird es an Geld im Säckel nicht fehlen.«
    »Von welchem Plane sprechen Euer Gnaden?«
    »Wir kennen uns zu wenig, Pan Kavalier, als daß ich mich darauf einlassen kann, Sie in geheime Angelegenheiten einzuweihen. Merken Sie sich nur eins; in einigen Wochen wird die königlich-schwedische Kasse ebenso reich sein wie die des Sultans.«
    »Ich wüßte nicht woher; es sei denn, daß ein Alchymist dem Könige seine Hilfe leihe. Sonst ist aus diesem Teile des Landes nicht viel zu holen.«
    »Hier zu Lande braucht man nur einen festen Willen zu haben, und an dem fehlt es uns nicht.«
    Draußen erschollen Hufschläge, der Offizier unterbrach das Gespräch und verließ eiligst die Gaststube. Kmicic folgte ihm und blieb in der Haustür stehen. Vor der Schenke fuhr eine Equipage vor, die von einer Eskorte schwedischer Reiter umringt war. Der Offizier öffnete die Tür des Wagens und nahm seinen Hut ehrfurchtsvoll ab. Der Equipage entstieg ein älterer Herr, der einen schwarzen Pelzmantel trug.
    Der Offizier nahm aus den Händen eines der Reiter eine Fackel, verbeugte sich tief und sagte: »Hier, Exzellenz!«
    Kmicic eilte in die Gaststube zurück; die Angekommenen folgten ihm. Der Offizier verbeugte sich abermals.
    »Exzellenz, mein Name ist Weyhard Wrzeszcowicz, Proviantmeister Seiner Majestät des Königs Karl-Gustav. Ich bin mit einer Eskorte Euer Exzellenz entgegengesandt.«
    »Sehr angenehm, einen so würdigen Kavalier zu sehen,« antwortete der Mann im schwarzen Mantel. »Zuerst wollte ich der Messe in Czenstochau beiwohnen, doch unterwegs traf mich ein Befehl, mich nicht aufzuhalten. Wir werden hier ein wenig ausruhen und dann weiterfahren. Inzwischen kann meine Eskorte zurückgeschickt werden.«
    Der Offizier ging hinaus, um den nötigen Befehl zu erteilen. Pan Andreas hielt ihn einen Augenblick an.
    »Wer ist der Kavalier?« fragte er.
    »Baron Lisola, der kaiserliche Gesandte.«
    Dann eilte der Offizier hinaus und kehrte mit der Meldung zurück, daß alles angeordnet sei.
    »Ich danke,« sagte Lisola, und mit lässiger Liebenswürdigkeit forderte er Wrzesczowicz auf, ihm gegenüber Platz zu nehmen. »'s wird wahrscheinlich Regen geben; ein Wind hat sich draußen erhoben. Wir werden vielleicht gezwungen sein, längere Zeit hier zu weilen. – Doch, was gibt es Neues?«
    »Eine Wojewodschaft nach der anderen unterwirft sich.«
    Lisola senkte sein kluges Haupt.
    »Schrecklich, wirklich unerhört!« entgegnete er.
    Die Unterhaltung wurde deutsch geführt. Kmicic hörte mit gespannter Aufmerksamkeit zu.
    »Exzellenz,« bemerkte Wrzeszczowicz, »es geschieht, was geschehen mußte.«
    »Mag sein, – aber trotzdem kann man nicht frei werden von einem Gefühl des Mitleides für die Macht, die existierte – und mit der es jetzt aus ist. Wer kein Schwede ist, muß ein Bedauern dabei empfinden.«
    »Ich bin kein Schwede, und wenn die Polen selbst das nicht bedauern, so habe ich gewiß keine Veranlassung dazu.«
    Lisola sah ihn aufmerksam an.
    »Es ist wahr. Ihr Name ist kein polnischer. Sagen Sie, welcher Nationalität gehören Sie eigentlich an?«
    »Ich bin Tscheche.«
    »So? Untertan des deutschen Kaisers? – Wir sind also Diener ein und desselben Herrschers?«
    »Ich stehe in Diensten Seiner Majestät des schwedischen Königs,« sprach Wrzeszczowicz, sich verbeugend.
    »Nun ja,

Weitere Kostenlose Bücher