Sintflut
Gesicht nahm einen schwermütigen Ausdruck an und ihre Wangen erröteten.
»Auf den Namen Andreas, – daß Gott ihn auf den rechten Weg führen möge!« flüsterte sie kaum hörbar. Kmicic taumelte zurück und riß seine Augen weit auf.
»Um Gottes willen!« rief er mit stockender Stimme, »was ist das für ein Haus! Wo bin ich? Lauter Voraussagungen, lauter Prophezeiungen! – Sie heißen Alexandra, und Sie lassen für die Seele des armen Andreas eine Messe lesen! – Das alles kann doch nicht nur Zufall sein? – Das ist Gottes Fügung! – Das – das – wahrhaftig, ich komme von Sinnen! Ich verliere wirklich den Verstand!«
»Was ist Ihnen?«
Er ergriff stürmisch ihre Hände und drückte sie in den seinigen.
»Sagen Sie alles, prophezeien Sie zu Ende! – Wenn dieser Andreas sich bessert und alle seine Sünden gut macht, wird Alexandra ihm dann treu bleiben? – Sprechen Sie doch, antworten Sie, eher kann ich nicht fortfahren!«
»Was ist mit Ihnen?«
»Bleibt Alexandra ihm treu?« wiederholte Kmicic.
Der Panna stürzten Tränen aus den Augen.
»Bis zum letzten Atemzuge, bis zur Minute des Todes!« sagte sie schluchzend.
Kaum verklangen ihre Worte, als Kmicic wie vom Donner getroffen, ihr zu Füßen fiel. Sie wollte von dannen eilen, aber er hielt sie, küßte ihre Füße und wiederholte:
»Ich bin auch ein sündiger Andreas und dürste nach Sühne. Auch ich liebe eine Alexandra, einen kostbaren Schatz, den Trost meiner Seele. – Möge der Ihre sich bessern, und die meine mir treu bleiben! Mögen Ihre Worte Prophetenworte sein! Sie gössen Balsam in meine zerfleischte Seele. – Vergelt's Ihnen Gott! Vergelt's Ihnen Gott!«
Er stürzte davon, sprang auf sein Pferd und raste von dannen. – –
10. Kapitel.
Die Worte der Panna erfüllten Kmicic' Seele mit neuer Hoffnung, und volle drei Tage lang wollte ihm sein Erlebnis nicht aus dem Kopfe. Am Tage im Sattel, des Nachts auf dem Lager dachte er darüber nach, und immer kam er zu dem Schlusse, daß das kein Zufall, sondern eine Fügung Gottes war. Er fühlte, daß, wenn er von dem rechten Wege nicht weichen, Alexandra ihm treu bleiben und ihm wieder ihr Herz schenken würde. Während diese Gedanken seiner Seele Trost gaben, quälte ihn andererseits das traurige Schicksal der Republik um so mehr.
Die Macht der Schweden wuchs von Tag zu Tag, und die Gerüchte, daß die kleinen Reste der polnischen Regimenter meuterten und ihren Hetmans drohten, zu den Schweden überzugehen, nahmen an Wahrscheinlichkeit täglich zu.
Die Nachricht, daß der Fahnenträger Koniecpolski sich mit seiner Division den Schweden unterworfen habe, hallte in der ganzen Republik wie ein verheerender Donnerschlag wieder; denn Pan Koniecpolski war einer der Zbarazer Helden. Seinem Beispiele folgte Pan Starost Jaworski und Fürst Dymitr Wisniowiecki, den selbst der unsterbliche Ruhm seines Namens von keiner solchen Tat zurückhielt. Man begann sogar an der Verläßlichkeit des Marschalls Pan Lubomirski zu zweifeln. Leute, die ihn kannten, behaupteten, daß sein Ehrgeiz seine Vaterlandsliebe überwiegen und daß er angesichts der schwedischen Erfolge die Republik fallen lassen werde. Und in der Tat begann er dem unglücklichen Jan-Kasimir mehr und mehr zu zeigen, daß es in seiner Macht lag, ihn endgültig untergehen zu lassen, oder ihn zu erretten.
Der vertriebene König hielt sich mit einer Hand voll Getreuen in Glogau auf, die willig sein Los teilten. Doch auch diese kleine Schar begann sich zu lichten, und aus ihren Reihen gingen täglich welche zu den Schweden über. Karl-Gustav nahm alle Überläufer mit offenen Armen auf und überschüttete sie mit Wohltaten.
Im Osten war der Krieg mit neuer Kraft entbrannt. Der schreckliche Chmielnicki belagerte wieder Lemberg. Litauen befand sich in den Händen der Schweden und Chowanskis, und Radziwill eröffnete den Feldzug in Podlachien. Der Kurfürst zögerte noch, aber man wußte, daß er bereit war, der verendenden Republik den Todesstoß zu versetzen. Abgesandte von aller Herren Länder kamen nach Polen, um dem schwedischen Könige zu seinem Siege zu gratulieren.
Inzwischen begann der Winter seinen Einzug zu halten. Das Laub fiel von den Bäumen, die ihre kahlen Äste gen Himmel streckten. Scharen von Raben und Krähen kamen aus den Wäldern heraus und umkreisten mit ihrem heiseren Gekrächze die Städte und Dörfer der Republik.
Die letzte Rast auf seiner Reise nach Czenstochau hielt Kmicic in Kruszyn. Kaum wollte er sich zur
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