Sinuhe der Ägypter
Unrecht um, und so wurde sein Kreuz als böses Zaubermittel verwendet, um die Menschen zu schädigen.
Als die Überschwemmung zurücktrat, starb der Priester Eje. Es wurde behauptet, er sei verhungert, weil er vor lauter Angst, vergiftet zu werden, nichts mehr zu essen gewagt habe: nicht einmal Brot aus selbstgemahlenem Mehl, das er eigenhändig in dem goldenen Haus buk, weil er befürchtete, die Getreidekörner möchten bereits während des Wachstums auf den Feldern vergiftet worden sein. Nun beendete Haremhab den Krieg in Syrien und ließ den Hetitern Kadesch, das er nicht zu erobern vermochte, um dann im Triumphzug stromaufwärts nach Theben zurückzukehren und alle seine Siege zu feiern. Da er Eje nicht als einen richtigen Pharao betrachtete, ordnete er nach dessen Tod keine Trauerzeit an, sondern verkündete, der Verstorbene sei ein falscher Pharao gewesen, der durch unaufhörliche Kriegführung und ungerechte Besteuerung nichts als Leiden über Ägypten gebracht habe. Er hatte sofort nach Ejes Tod den Krieg beendet und die Tore des Sekhmettempels schließen lassen; daher brachte er das Volk wirklich dazu, zu glauben, er habe den Krieg niemals gewünscht, sondern nur dem bösen Pharao Gehorsam geleistet. Deshalb jubelte das Volk über seine Rückkehr und pries ihn und seine Soldaten.
Kaum nach Theben zurückgekehrt, ließ Haremhab zuerst mich rufen und sprach zu mir: »Sinuhe, mein Freund, ich bin heute älter als damals, da wir voneinander schieden: dein Ausspruch, ich sei ein blutbefleckter Mann, der Ägypten Schaden zufüge, hat schwer auf meinem Gemüt gelastet. Aber jetzt habe ich mein Ziel erreicht und Ägyptens Macht wiederhergestellt. Keine Gefahr von außen bedroht mehr das Land; denn ich habe den Speeren der Hetiter die Spitze abgebrochen. Die Eroberung von Kadesch überlasse ich meinem Sohn Ramses; ich selbst habe den Krieg satt. Jetzt will ich für Ramses ein starkes Reich aufbauen. Zwar ist Ägypten heute schmutzig wie der Stall eines Armen; aber bald wirst du mich den Mist auskehren sehen. Ich werde Recht an Stelle von Unrecht setzen und einen jeden nach seinem Maß lohnen: den Arbeitsamen nach seinem Fleiß, den Trägen nach seiner Faulheit, den Dieb nach seinen Streichen, den Ungerechten nach seiner Ungerechtigkeit. Wahrlich, mein Freund Sinuhe, mit mir halten die alten Zeiten wieder ihren Einzug in Ägypten, und alles wird wieder werden, wie es einst gewesen. Deshalb werde ich aus den Herrscherrollen die elenden Namen Tutanchamons und Ejes streichen lassen, wie dies bereits mit dem Namen Echnatons geschehen ist, als ob sie niemals regiert hätten, und zähle den Beginn meiner eigenen Herrschaft von der Todesnacht des großen Pharao an, da ich, von meinem fliegenden Falken geführt und den Speer in der Hand, einst nach Theben kam.«
Wehmütig stützte er das Haupt in die Hände; der Krieg hatte ihm Runzeln ins Gesicht gegraben, und in seinen Augen war keine Freude mehr, als er sprach: »Wahrlich, die Welt hat sich verändert, seit wir jung waren, der Arme sein Maß voll bekam und in den Lehmhütten weder an Öl noch an Fett Mangel herrschte. Aber mit mir werden die alten Zeiten wiederkehren, Sinuhe! Ägypten wird fruchtbar und reich werden, meine Schiffe sollen nach Punt segeln, die Arbeiten in den Steinbrüchen und verlassenen Bergwerken wieder aufgenommen und die Tempel größer als früher werden und Gold, Silber und Kupfer in die Schatzkammern des Pharao fließen! Wahrlich, in zehn Jahren wirst du Ägypten nicht wiedererkennen, Sinuhe, und nach Ablauf dieser Zeit wird es in Kêmet keine Bettler und Krüppel mehr geben. Denn die Kraftlosen müssen den Lebenstauglichen weichen; ich will Ägypten von dem schwachen, kränklichen Blut säubern, damit die Ägypter wieder ein starkes Volk werden, mit dem meine Söhne den Erdkreis erobern können.«
Ich empfand jedoch keine Freude bei seinen Worten, bei denen mir das Herz vor Kälte erstarrte. Deshalb verzichtete ich darauf, ihn anzulächeln, und blieb wortlos vor ihm stehen. Das erzürnte ihn; er runzelte wie früher die Stirn, begann sich mit der goldenen Peitsche auf die Schenkel zu klatschen und sagte:
»Du bist immer noch der gleiche Sauertopf wie einst, Sinuhe! In meinen Augen gleichst du einem unfruchtbaren Dornbusch, und ich begreife nicht, weshalb ich mir so viel Freude von unserem Wiedersehen versprochen habe. Dich ließ ich zuerst rufen, noch bevor ich meine Söhne auf den Schoß gehoben und meine Gemahlin Baketamon umarmt habe; denn
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