Sinuhe der Ägypter
Kupferschmieds im Armenviertel zurück; denn all meine Mühe war vergeblich, und mein Tod hätte niemand außer den Raben genützt.
Deshalb ließ ich mich wieder unter der Sykomore in meinem Garten nieder, um die stummen Fische in meinem Teich zu betrachten, was sehr beruhigend auf mein Gemüt wirkte, während auf der Straße vor meinem Haus die Esel schrien und die Kinder Krieg spielten und einander mit Eselkot bewarfen. Auch Kaptah besuchte mich; denn er war nach Theben zurückgekehrt, weil er die Sklaven und Träger, die wieder demütig und unterwürfig waren, nicht mehr zu fürchten brauchte. Er kam wie ein ganz großer Herr des Weges, in einer von achtzehn schwarzen Sklaven getragenen, bemalten und verzierten Sänfte, in der er auf weichen Teppichen saß, und kostbare Salbe troff ihm von der Stirn ins Gesicht und bewahrte ihn vor dem Gestank des Armenviertels. Er war wieder sehr beleibt, und ein syrischer Goldschmied hatte ihm aus Gold und Edelsteinen ein neues Auge angefertigt, auf das er sehr stolz war; doch scheuerte es, weshalb er es, als wir allein unter der Sykomore saßen und uns niemand sah, aus der Augenhöhle herausnahm.
Vor allem umarmte er mich und weinte vor Wiedersehensfreude. Schwer wie ein Berg stützte er sich mit den breiten Händen auf meine Schultern, und der Sitz, den ihm Muti anbot, zerbrach unter seinem Gewicht, weshalb er die Zipfel seines Gewandes hob und sich vor mir auf den Boden niederließ. Er berichtete mir, daß der Krieg in Syrien seinem Ende entgegengehe und daß die Streitwagen Haremhabs bis vor Kadesch gelangt seien, ohne jedoch diese Festung einnehmen zu können. Er prahlte mit seinen Reichtümern und den großen Geschäften, die er in Syrien getätigt hatte, und erzählte, daß er einen alten Palast im Viertel der Reichen gekauft und Hunderte von Arbeitern für dessen standesgemäßen Umbau gedungen habe, da es sich für einen begüterten Mann wie ihn nicht mehr zieme, eine Hafenschenke zu halten.
Er sagte zu mir: »Ich habe böse Dinge über dich, Sinuhe, in Theben vernommen: man behauptet, du habest das Volk gegen Haremhab aufgewiegelt, und die Richter und Reichen sind sehr ergrimmt über dich, weil du sie unrechter Handlungen bezichtigt hast. Ich rate dir, vorsichtig zu sein; denn wenn du weiter solche gefährlichen Reden führst, werden sie dich eines Tages zur Grubenarbeit verurteilen. Und wenn sie das nicht zu tun wagen, weil du ein Freund Haremhabs bist, so vergiß nicht, daß dein Haus schon einmal abgebrannt ist! Sie könnten in einer dunklen Nacht wiederkommen, dich umbringen und Feuer an dein Haus legen, wenn du fortfährst, die Armen gegen die Reichen aufzuhetzen. Erzähle mir, was mit dir los ist und wer dir die Flausen in den Kopf gesetzt hat, damit ich dir helfe, wie es sich für einen guten Diener seinem Herrn gegenüber ziemt.«
Ich neigte mein Haupt vor ihm und erzählte ihm alles, was ich gedacht und getan hatte, und verriet ihm auch die Zweifel meines Herzens. Er hörte mir zu, schüttelte den Kopf so, daß seine Hängebacken wackelten, und meinte schließlich: »Ich weiß wohl, daß du ein einfältiger und törichter Mann bist, Sinuhe; doch glaubte ich, deine Narrheit würde sich mit den Jahren legen. Aber sie scheint nur schlimmer zu werden, obgleich du mit eigenen Augen alles Böse, das Atons wegen geschah, gesehen hast und auch dein Lebensglück durch Aton zerstört wurde. Vielleicht wurdest du in Achetaton von Echnatons Krankheiten angesteckt. Doch glaube ich eher, daß dein Leiden hauptsächlich von deinem Müßiggang herrührt, dem du auch deine verrückten Ideen zu verdanken hast. Deshalb tätest du besser daran, deinen Beruf wieder auszuüben, deine Kenntnisse zu verwerten, den Leuten den Schädel zu untersuchen und ihre Leiden zu lindern. Durch die Heilung eines einzigen Kranken vermittelst du mehr Nutzen als durch deine Reden, die dir und deinen Zuhörern nur Schaden bringen. Willst du aber deinen Beruf nicht mehr ausüben, so kannst du dir die Zeit mit irgendeiner ersprießlichen Beschäftigung vertreiben, wie es die reichen Müßiggänger zu tun pflegen. Ich glaube nicht, daß du zum Flußpferdjäger taugst, und vielleicht magst du auch Katzengeruch nicht leiden; sonst könntest du wie Pepitamon als Züchter von Rassenkatzen berühmt werden. Hingegen könntest du Gegenstände und Schmuckstücke aus der Pyramidenzeit sammeln oder auch syrische Musikinstrumente oder Götzenbilder der Neger, wie sie die aus dem Lande Kusch zurückgekehrten
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