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Sinuhe der Ägypter

Sinuhe der Ägypter

Titel: Sinuhe der Ägypter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
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du. Aber ich gestatte keinem anderen, dich zu berühren. Lieber sterbe ich.«
    »Wirklich?« sagte sie leise und schloß die Augen zur Hälfte. »Gestattest du wirklich keinem anderen, mich zu umarmen? Wie, wenn ich dir diesen Tag opferte? Wenn ich mit dir essen und trinken und der Lust pflegen würde, Sinuhe, und zwar noch heute, weil keiner etwas über den morgigen Tag weiß? Was würdest du mir dafür geben?« Sie breitete die Arme aus und wand ihren Leib auf dem Bett, so daß ihr glatter Bauch wie eine Grube vor meinen Augen einsank, und ich sah, daß sie am ganzen Körper kein einziges Haar hatte, weder auf dem Haupte noch an Stellen, wo sie sonst zu wachsen pflegen. »Was würdest du mir geben?« wiederholte sie und wand sich und sah mich an.
    »Ich besitze nichts, was ich dir geben könnte«, sagte ich und blickte um mich, denn ihr Bett war aus Elfenbein und Ebenholz, der Boden aus Lapislazuli, mit Türkisen eingelegt, und in dem Zimmer standen viele goldene Becher. »Nein, ich besitze wirklich nichts, was ich dir schenken könnte«, sagte ich und wandte mich mit brechenden Knien von ihr ab. Sie aber hielt mich zurück.
    »Du tust mir leid, Sinuhe«, sagte sie leise und wand wieder ihren weichen Leib. »Du hast mir wirklich das einzig Schenkenswerte, das du besaßest, gegeben, obgleich mich nachträglich dünkt, man habe dessen Wert bedeutend übertrieben. Aber du besitzest doch ein Haus und Kleider und die Instrumente, die ein Arzt benötigt. Ganz arm bist du also nicht.«
    Ich zitterte vom Scheitel bis zur Sohle, sagte aber trotzdem: »Das alles soll dir gehören, Nefernefernefer, wenn du nur willst. Alles soll dir gehören, falls du mir heute deine Liebe schenkst. Wohl hat mein Eigentum keinen großen Wert, doch ist das Haus für einen Arzt eingerichtet und ein Schüler aus dem Haus des Lebens könnte vielleicht einen guten Preis dafür bezahlen, falls seine Eltern vermögend sind.«
    »Glaubst du?« meinte sie und wandte mir den nackten Rücken zu, betrachtete ihr Bild im Spiegel und strich mit den schmalen Fingern über die schwarze Linie der Augenbrauen. »Dein Wille soll geschehen. Hole also einen Schreiber, der es zu Papier bringt, daß dein ganzes Eigentum auf meinen Namen überschrieben wird! Denn wenn ich auch allein wohne, bin ich doch keine verachtenswerte Frau, und ich muß für meine Zukunft sorgen, wenn du mich einmal verstoßen solltest, Sinuhe.«
    Ich sah den nackten Rücken, und meine Zunge schwoll im Mund, und mein Herz begann so ungestüm zu pochen, daß ich mich eilends abwandte und auf die Suche nach einem gesetzeskundigen Schreiber ging, und ihn rasch alle nötigen Papyri aufsetzen und sie ins königliche Archiv zur Aufbewahrung senden ließ. Als ich wiederkehrte, war Nefernefernefer in königliches Leinen gehüllt und trug eine Perücke rot wie Gold, und wunderbarer Schmuck zierte ihren Hals, ihre Handgelenke und ihre Fußgelenke, und vor der Tür harrte ihrer eine vornehme Sänfte. Ich reichte ihr die Quittung des gesetzeskundigen Schreibers und sagte:
    »Alles, was ich besitze, gehört fortan dir, Nefernefernefer, alles, sogar die Kleider, die ich am Leibe trage, gehören dir. So laß uns heute essen und trinken und der Lust pflegen, denn keiner weiß, was der morgige Tag uns bringt.« Sie nahm den Papyrus, versorgte ihn in einem Schrein aus Ebenholz und sagte: »Es tut mir sehr leid, Sinuhe, aber ich habe soeben bemerkt, daß meine monatliche Regel begonnen hat, so daß du nicht zu mir kommen kannst, wie ich es gewünscht hätte. Deshalb ist es besser, du gehst, damit meine Reinigung nach Vorschrift verlaufen kann, denn mein Haupt ist schwer, und ich spüre Schmerzen im Leibe. Ein andermal kannst du wiederkommen, und dann soll dein Wunsch erfüllt werden.«
    Ich sah sie an und fühlte den Tod in meiner Brust und vermochte nichts zu sagen. Da verlor sie die Geduld und stampfte mit dem Fuß auf den Boden und sagte: »Geh deines Weges, ich habe Eile.« Als ich sie berühren wollte, sagte sie: »Du verschmierst mir die Schminke in meinem Gesicht.«
    Ich ging nach Hause und ordnete mein Eigentum, damit alles für den neuen Besitzer bereit sei. Mein einäugiger Sklave folgte mir kopfschüttelnd auf Schritt und Tritt, bis seine Anwesenheit mich reizte und ich verärgert sagte: »Lauf mir nicht nach, denn ich bin nicht mehr dein Herr, sondern du gehörst einem andern. Ihm sollst du gehorchen, wenn er kommt, auch sollst du ihm nicht soviel stehlen wie mir, denn sein Stock könnte härter

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