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Sinuhe der Ägypter

Sinuhe der Ägypter

Titel: Sinuhe der Ägypter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
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beim Namen genannt zu haben, da er sogleich einen kameradschaftlichen Ton angeschlagen hatte. »Deine Rede ist wie Fliegensummen in meinen Ohren, und du vergißt, daß wir nichts mehr zu opfern haben, nachdem ein anderer all unser Eigentum besitzt.«
    »Ist es ein Mann oder eine Frau?« fragte Kaptah neugierig.
    »Eine Frau«, sagte ich, denn weshalb sollte ich es ihm verbergen? Als er das vernommen hatte, brach er von neuem in Wehklagen aus und raufte sich das Haar und rief: »Oh, daß ich je zur Welt kommen mußte! Hätte mich doch meine Mutter am Tag der Geburt mit meiner Nabelschnur erstickt! Denn für einen Sklaven gibt es kein härteres Los, als einer herzlosen Frau zu dienen, und herzlos ist, wer dir dieses angetan hat. Sie wird mir vom Morgen bis zum Abend befehlen, auf meinen kranken Füßen herumzulaufen, und wird mich mit Nadeln stechen und meinen alten Rücken mit dem Stock schlagen, bis ich schreien und weinen muß. So wird es mir ergehen, obwohl ich Ammon verehrte und ihm Opfer brachte, zum Dank dafür, daß er mich zu einem jungen Herrn in den Dienst führte.«
    »Sie ist keineswegs herzlos«, sagte ich, denn so töricht war auch ich, daß ich wenigstens mit meinem Sklaven von Nefernefernefer reden wollte, weil ich mich keinem anvertrauen konnte. »Wenn sie entblößt auf ihrem Lager ruht, ist sie schöner als der Mond, und ihre Glieder glänzen von kostbarem Öl, und ihre Augen sind grün wie das Wasser des Nils in der Sommerhitze. Du bist glücklich und beneidenswert, Kaptah, wenn du in ihrer Nähe leben und mit ihr die gleiche Luft atmen darfst.«
    Kaptah begann noch lauter zu klagen und rief: »Natürlich wird sie mich als Lastträger oder Steinbrecher verkaufen, und dann werden meine Lungen stocken und das Blut wird mir unter den Nägeln hervorspritzen, und ich werde wie ein gepeinigter Esel im Schlamm sterben.«
    In meinem Herzen wußte ich, daß er vielleicht die Wahrheit sprach, denn in dem Hause Nefernefernefers gab es kaum Platz und Brot für einen Menschen wie ihn. Auch aus meinen Augen brachen Tränen, doch wußte ich nicht, ob ich über ihn oder über mich selber weinte. Als Kaptah das sah, schwieg er sofort und betrachtete mich erschrocken. Ich aber stützte mein Haupt in die Hände und kümmerte mich nicht darum, daß mein Sklave mich weinen sah. Kaptah legte mir seine breite Hand auf den Kopf und sagte:
    »Es ist alles meine Schuld, weil ich nicht besser über meinen Herrn gewacht habe. Aber ich ahnte nicht, daß er noch weiß und rein war wie ein ungewaschener Stoff. Denn anders kann ich das alles nicht verstehen. Allerdings wunderte ich mich sehr darüber, daß mein Herr mich nachts bei seiner Rückkehr aus der Weinstube nie nach einem Mädchen sandte. Und die Frauen, die ich zu dir brachte, damit sie sich vor dir entblößten und dich zur Liebe verleiten sollten, gingen unbefriedigt von dir fort und nannten mich eine Ratte und einen Mistvogel. Unter ihnen waren recht junge und sogar schöne Weiber. Doch meine Fürsorge war vergebens, und ich Einfältiger freute mich in meinem Herzen, weil ich dachte, du würdest niemals eine Frau in dein Haus bringen, die mich auf den Kopf schlagen und mir heißes Wasser über die Füße gießen würde. Ich Tor und Narr! Wirft man den ersten Brand in eine Schilfhütte, so brennt sie sofort zu Asche.«
    Und weiter sagte er: »Warum hast du mich in deiner Unerfahrenheit nicht um Rat gefragt, mein Herr? Denn ich habe vieles gesehen und weiß manches, wenn du es auch nicht glaubst. Auch ich habe mit Frauen geschlafen, wenn es auch schon lange her ist, und ich versichere dir, daß Brot und Wein und ein voller Magen besser sind als der Schoß des schönsten Weibes. Ach, mein Herr, wenn der Mann zu einem Weibe geht, muß er einen Stock mitnehmen, sonst wird er von der Frau bemeistert und in Fesseln geschlagen, die ihm wie dünnes Garn ins Fleisch schneiden und aufs Herz drücken, wie Steine in der Sandale auf den Fuß. Bei Ammon, Herr, du hättest nachts Mädchen in dein Haus bringen sollen, dann wäre uns all dies erspart geblieben. Denn nutzlos hast du deine Zeit in Weinstuben und Freudenhäusern vergeudet, wenn eine Frau dich zu einem Sklaven machen kann.«
    Er sagte noch viel mehr, bis mir seine Rede wie Fliegengesumm in den Ohren tönte. Schließlich beruhigte er sich, bereitete mir mein Essen und goß Wasser über meine Hände. Ich aber konnte nichts verzehren, denn mein Körper brannte wie Feuer, und als der Abend anbrach, konnte ich nur noch an

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