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Sinuhe, Sohn der Sykomore 1

Sinuhe, Sohn der Sykomore 1

Titel: Sinuhe, Sohn der Sykomore 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Brueckmann
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zogen die schattenhaften Gestalten der Wachen ihre Bahnen.
    Heruwer, Wachtposten am Frauenhaus, kämpfte gegen die Müdigkeit an. Zu gern hätte er ein wenig gedöst – wie sonst auch, wenn er nachts Wache schieben musste. Aber gestern war während der abendlichen Wachablösung sein Vorgesetzter gekommen, hatte alle Männer zu erhöhter Wachsamkeit angehalten und die Posten verdoppelt.
    »Pharao wünscht es so«, erklärte er auf ihr Murren hin knapp.
    Diejenigen, die sich bereits gedanklich auf dem Heimweg befunden hatten, knirschten mit den Zähnen. So auch Heruwer.
    Noch nie hatte er eine Doppelschicht schieben müssen! Und ausgerechnet Pepi war ihm zugeteilt. Verächtlich kräuselten sich seine Mundwinkel. Er konnte den Sohn des Haremsvorstehers nicht leiden. Nach oben schleimen und nach unten treten – so ein windiges Wiesel! Ein Blick auf den Kameraden zeigte Heruwer, dass der heute Nacht mit ganz anderen Problemen zu kämpfen zu haben schien. Er sah bleich aus und schwitzte heftig – trotz des frischen Windes. Heruwer wünschte ihm die Pest an den Hals. Was auch immer ihn kneifen mochte – er hatte es verdient. Befriedigt grinste er in sich hinein und schlenderte auf seinen Wachpartner zu.
    »Na, ist dir auch so kalt?«, sprach er ihn an.
    Pepi fuhr heftig zusammen. »Bei Seth! Musst du dich so an mich heranschleichen?«
    Heruwer hob abwehrend die Hände. »Verzeihung. Ich wusste nicht, dass du so schreckhaft bist.«
    »Ich bin wachsam, das ist alles«, knurrte der andere und blickte hektisch über Heruwers Schulter, als es im Gebüsch knackte. »Geh zurück auf deinen Posten, sonst melde ich dich.«
    Eine Weile brüteten beide schweigend vor sich hin. Dann näherte sich Pepi seinem Wachpartner. »Ich hab’s nicht so gemeint. Hör mal … Wenn du sehr müde bist, kannst du gern die Augen etwas zumachen. Ich pass für dich mit auf.«
    »Und dann gehst du morgen los und meldest, dass ich im Dienst geschlafen habe, ja danke, das kennen wir schon«, meinte Heruwer.
    Pepi leckte sich nervös die Lippen. »Nein wirklich. Was denkst du von mir?«
    »Nur das Beste«, murmelte Heruwer in sich hinein und sagte dann laut: »Na, lass mal. Ich bin gar nicht so müde. Und wer könnte bei dieser Kälte schlafen?«
    »Wie du meinst.« Pepi knirschte mit den Zähnen und stampfte wieder auf seinen Posten zurück.
    Kopfschüttelnd blickte Heruwer ihm nach. Was war mit dem nur los? Verwundert beobachtete er nun, wie Pepi mit seinem Speer in den Büschen herumstocherte. »Hast du was gehört, Pepi?«, rief er hinüber.
    Der zischte nur: »Pssst.«
    Heruwer kam neugierig näher. »Bestimmt nur ein Tier. Die Sträucher hier sind viel zu niedrig zum Verstecken. Wenn ich einen Überfall plante, würde ich mich auf meiner Seite verstecken, da sind die Büsche viel höher und dichter.«
    Pepi hieb mit dem Schaft des Speers lautstark auf die Sträucher ein.
    »Das ist doch Blöd …«, wollte Heruwer einwenden, als es plötzlich schwarz um ihn wurde und er zu Boden sank.
     
    Pepi atmete erleichtert aus und grinste seinem Vater zu. »Das wurde aber auch höchste Zeit«, beschwerte er sich.
    Meketre verteidigte sich: »Was sollte ich machen? Du hast mir nicht gesagt, dass ihr zu zweit seid. Ich bin schon ganz steif vom langen Hocken. Zum Glück habe ich diesen Stein in Griffweite gefunden.« Er hielt einen schartigen Brocken hoch.
    »Ich wusste es doch selber nicht! In letzter Minute sind die Wachen verdoppelt worden. Das gab’s noch nie, solange ich hier arbeite. Verfluchter Amenemhet! Was ist mit ihm?«, deutete er auf Heruwer. »Ist er …?«
    Meketre beugte sich zu der liegenden Gestalt. »Nein. Der wird morgen nur Kopfschmerzen haben.«
    »Gib mir den Stein!«
    »Hier bitte. Aber wieso …?«
    Ein dumpfer Schlag beantwortete die Frage. Meketre sah fassungslos, wie das Blut Heruwers aus der klaffenden Wunde strömte. »Wieso hast du das getan? Er hat mich doch nicht gesehen.«
    »Ich mochte ihn nicht. Und so wird er auch nie etwas gegen mich sagen können.«
    Der Haremsvorsteher wich entsetzt zurück. Einen Moment lang grauste es ihn vor dem eigenen Sohn.
    »Jetzt aber schnell in den Harem! Nicht, dass noch jemand kontrollieren kommt, ob wir auch wachsam sind. Wer weiß, was sich Pharao alles hat einfallen lassen? Ob er Verdacht geschöpft hat?«
    »Das kann ich mir kaum denken. Es sei denn, Ipi hat den Mund nicht halten können.«
    »Leise jetzt«, flüsterte Pepi, als er das Tor öffnete. Meketre hatte dafür gesorgt,

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