Sirup: Roman (German Edition)
absolut planmäßig, und als ich schließlich mit meinem neuesten Mercedes-Modell bei dem Porsche-Händler anrausche, kommt mir ein kleiner Mann mit leuchtenden Augen entgegen und hilft mir aus dem Wagen. Die Porsche-Leute sehen es nicht so gerne, wenn ein Kunde allein eine Probefahrt unternehmen möchte, doch auch das kann mich nicht beirren. Ich mache zusammen mit dem Händler eine Probefahrt, bewundere den tollen Wagen und tue nach unserer Rückkehr so, als würde ich über mein Mobiltelefon mit meinem Vater sprechen.
»Hallo, Dad«, sage ich vernehmlich. Ich sorge dafür, daß alle mich hören, während ich zugleich ein höchst geheimniskrämerisches Gehabe an den Tag lege. »Wo bist du – im Studio?… Wie geht’s Geena?… Und Uma?… Fabelhaft.« Ich spiele so miserabel, daß mir selbst ganz schlecht wird.
»Also, Dad.« Der Händler macht sich demonstrativ an einer Topfpflanze zu schaffen. Er dreht sie nach links, beäugt sie kritisch und dreht sie dann wieder nach rechts. Seine Schauspielkünste sind noch wesentlich schlechter als meine. »Ich hab ’ne Überraschung für dich. Nein, nein. Warte einfach in zwanzig Minuten am Eingang von Halle eins auf mich. Okay?… Fabelhaft. Also… Ja, ja. Schon gut.«
Ich kümmere mich wieder um den Händler. »Die Sache ist gebongt. Ich nehm den Schlitten.«
Der Mann platzt schier vor Freude, und ich schenke ihm mein schmierigstes Lächeln. So einfach ist es, zwei Menschen glücklich zu machen. »Sie nehmen doch American Express, oder?«
»Aber natürlich«, sagt er tödlich gekränkt.
In seinem Büro bin ich dann natürlich total überrascht, daß ich meine American Express Gold Card nicht finden kann. Ich wühle in meiner Brieftasche herum, halte schließlich dreihundert Dollar Bargeld (meine gesamten Ersparnisse), meinen gefälschten American-Film-Institute-Mitgliedsausweis und meinen Führerschein in der Hand, den ich dem Mann über den Schreibtisch schiebe. »Ist doch nicht die Möglichkeit.« Der Händler heuchelt derweil pflichtschuldigst Mitgefühl. »Hey«, sage ich, »Sie wissen doch, wer ich bin, richtig? Haben Sie was dagegen, wenn ich die Sache morgen begleiche?«
Der Händler, der natürlich noch nie in seinem Leben was von mir gehört hat, betrachtet aufmerksam meinen Führerschein. Offenbar weiß er nicht recht, ob er mich nun kennt oder nicht.
»Also gut, hören Sie mal zu«, sag ich. »Ich laß Ihnen das hier. Als Sicherheit.«
Er hat zwar noch Zweifel, doch ich kann nur immer wieder staunen, wie flexibel die Leute sind, wenn ihnen eine Provision winkt. Er ruft irgendwo an, um sich zu vergewissern, daß es mich wirklich gibt, und das scheint tatsächlich der Fall zu sein. Dann kann ich den Wagen endlich mitnehmen.
Der Erfolg der Firma Porsche ist vor allem auf ein exzellentes Marketing zurückzuführen, trotzdem ist so ein Flitzer ’n verdammt heißer Schlitten. Ich drück das Gaspedal durch, und schon nach zwanzig Minuten hab ich den größten Teil von Los Angeles hinter mir.
mktg-fallstudie #2: cola-vermarktung
VERGISS ALLES, WAS MIT GESCHMACK ZU TUN HAT. WIE EIN PRODUKT DEN LEUTEN SCHMECKT, IST ZU 90 PROZENT PSYCHOLOGIE, UND MIT DEM GESCHMACK ALLEIN VERKAUFT MAN KEINE EINZIGE COLA. DER GESCHMACK IST ETWA EIN ZEHNTEL SO WICHTIG WIE DAS IMAGE. STUDIEN BESTÄTIGEN DIES.
ein denkwürdiges essen mit 6
Das Saville ist ein total feudaler Laden. Ich glaube nicht, daß sie mich reinlassen würden, wäre da nicht mein Porsche – Sonnenbrille hin oder her.
Ein gütiges Geschick will es so, daß 6 bereits da ist und direkt am Fenster sitzt, also sieht, wie ich mit meinem Renner vorfahre. Das ist ein großes Glück, befreit es mich doch von dem Zwang, den verdammten Porsche möglichst beiläufig zu erwähnen. Ich grinse sie an, drücke einem Pagen den Wagenschlüssel in die Hand, und sie ist so hin und weg, daß sie zur Begrüßung skep-tisch eine Killeraugenbraue hebt. Sie ist so sexy, daß es schon weh tut.
Als ich an ihrem Tisch eintreffe, sehe ich, daß sie ein weißes Kleid anhat. Der Fummel ist so eng, daß sie eigentlich ersticken müßte. Zusammen mit ihrem mitternachtsschwarzen Haar entfaltet ihr Aufzug eine schlechthin umwerfende Wirkung. »6«, sage ich. »Sie sehen einfach grandios aus.«
»Mr. Scat.« Sie zögert.
»Bitte«, sage ich, während ich mich hinsetze. »Scat reicht völlig aus.«
»Scat.« Sie preßt ihre langen eleganten Finger zusammen. Pianistinnenfinger. Hirnchirurginnenfinger. Mal abgesehen von den gut einen
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