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Sister Sox

Titel: Sister Sox Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Bronski
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ja ohnehin, dass borgen bei ihr schenken meinte. Seither war sie weg, und ich kannte noch nicht einmal ihre neue Adresse. Ich setzte mich wieder auf die Liege, schloss die Augen und stellte mich erst mal tot.

4
    Wie ruhig hätte dieser Abend verlaufen können! Ich rauchte die Zigarette und trank den Eistee zu Ende. Dann stieg ich wieder in den Bus und fuhr los. Zu Iris.
    Iris war in den achtziger Jahren aus Schwandorf nach München gekommen, weil sie zum Film wollte. Iris war blond, sah gut aus, hatte jedoch kleine Fehler und große Prinzipien. Sie sprach oberpfälzisch und wollte sich nicht die Bluse aufknöpfen. Deshalb durfte sie in einer Försterserie nur in einer Kleinstrolle als Magd mitmachen, in Kinofilmen spielte sie ein paar Mal die Kellnerin. Die Texte, die sie zu sprechen hatte, waren so lakonisch wie der bayerische Menschenschlag an und für sich: So ein Sauwetter! und Wohlsein! Enttäuscht gab sie alle Karrierepläne auf und lernte Friseuse. Irgendwann machte sie mit einer Kollegin Urlaub in Finale Ligure an der Riviera. Am Strand lernte sie Pierre kennen, einen schwarzen Straßenhändler aus Mali, der Wickelröcke, Sonnenbrillen und Handtaschen verkaufte. Wie seine Kollegen wanderte Pierre den Strand entlang und breitete seine Waren aus, wenn er ein Geschäft witterte. Iris hatte Mitleid.Schwitzend, bepackt wie Mulis schufteten die sich ab, während sie sich wie Madame Pompadour unterm Sonnenschirm pelzte. Iris hatte ein weiches Herz und kaufte einen Wickelrock. Pierre sah ihr an, dass da noch mehr zu holen war. Abends tingelte Pierre mit seiner Gitarre am Lungomare. Dort begegnete ihm Iris wieder. Später schwor sie Stein und Bein, dass es nur eine einzige Unvorsichtigkeit gegeben habe, die zu dem Volltreffer führte, aus dem Pia wurde. Sicher hat die Tochter ihr musikalisches Talent von Pierre geerbt. Und ein wenig von seiner Hautfarbe. Viel mehr ließ sich über ihren Vater auch nicht sagen, denn Iris wusste noch nicht einmal seinen Nachnamen. In Pias Abstammungsurkunde ist der Nachname mit Mondieu angegeben, denn das hatte er mehrfach gestöhnt, als es passierte.
    Als ich Iris kennen lernte, hatte sie schon einige ihrer Prinzipien über Bord geworfen, um Pia und sich durchzubringen. Sie arbeitete als Bedienung im Blauen Engel , einer Oben-ohne-Bar. Ursprünglich war ich nur auf den mit Abstand schönsten Busen scharf, fand aber dann Gefallen an einem Familienleben, bei dem ich Papa sein durfte, der mit Mama im Bett liegt und ein hübsches, kaffeebraunes Kind mit Ringellöckchen spazieren fährt. Nach drei Jahren allerdings hatte Iris das Gefühl, dass sie etwas Besseres verdient hatte als einen Trödelhändler. Das erwies sich als Irrtum.
    Ich bog in die Dülferstraße ein. Dort in einem heruntergekommenen Sozialblock lebte Iris. Schlimmer als Hasenbergl, wo winters gerne mal die Türen verheizt werden, kann es wohnungsmäßig nicht kommen. Ich klingelte mehrfach, aber niemand öffnete. Ein kleiner, vielleicht elfjähriger Jungemit Ohrring und Haarzöpfchen saß unter den Klingelknöpfen auf der Stufe und rauchte. Ständig schnippte er die Asche mit dem Daumen ab.
    – Zu wem willst du denn?
    – Sockelmann.
    Der Junge wies nach gegenüber auf eine Kneipe.
    – Hocken in der Tankstelle . Seit heute Mittag.
    Die Luft in der Tankstelle war so rauchgeschwängert, dass man hin und wieder nur tief durchatmen musste, um kräftig zu inhalieren. Sogar die Fensterscheiben schienen innen bereits einen nikotinbraunen Film zu haben. In der Ecke saß Iris vor einem Pils. Wir begrüßten uns. Durch die Sauferei hat sie alles verloren, was sie einst so attraktiv machte. Eine früh gealterte Frau mit geblähtem Bauch und Kastenfigur. Ein Zombie, der versucht, die schöne Iris darzustellen. Ich kam gleich zur Sache.
    – Wo steckt Pia?
    – Keine Ahnung. Zu Hause, auf Tournee, im Studio. Mir sagt sie doch nichts mehr.
    – Wo wohnt sie denn?
    Iris blickte sich um. Aus der Toilette kam ein Fettsack geschwankt. Er trug seine Sportkleidung körpernah. Eine Polyesterwurst. Im Gehen war er noch dabei, seinen Schwanz wieder an der richtigen Stelle zu verstauen.
    – Pscht, machte Iris. Keine Adresse zu ihm. Er versucht sonst, sie laufend anzubaggern.
    Der Fettsack hatte sofort gemerkt, dass es um ihn ging.
    – Was will denn der von uns, fragte er Iris.
    – Nur ein paar Auskünfte.
    – Sag ihm, dass das was kostet.
    – Sag ihm, er soll sich raushalten, gab ich an Iris zurück.
    Ich hatte Iris die ganze Zeit über

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