Sixteen Moons - Eine unsterbliche Liebe
auf. Die Gänge waren wie ein Labyrinth, keiner war wie der andere. Es gab niedrige Durchgänge, bei denen Link und ich uns ducken mussten, um hindurchgehen zu können, und Flure, die so hoch waren, dass wir dachten, über unseren Köpfen sei überhaupt keine Decke. Wir waren buchstäblich in einer anderenWelt. Einige von den Gängen waren schmucklos, man sah nur schlichtes Mauerwerk, andere hingegen ähnelten mehr den Fluren in einer Burg oder einem Museum, an den Wänden hingen Gobelins, alte, gerahmte Landkarten und Ölgemälde. Unter anderen Umständen wäre ich stehen geblieben und hätte die Namen auf den kleinen Messingtäfelchen unter den Porträts gelesen. Vielleicht waren es Bilder berühmter Caster, wer weiß? Das Einzige, was sich in allen Gängen wiederholte, war der Geruch nach Erde und Ewigkeit und Marians hastiger Griff nach dem Lunae -Schlüssel, dem eisernen Ring, den sie an ihrem Gürtel trug.
Es kam uns fast wie eine Ewigkeit vor, als wir endlich die Tür erreichten. Unsere Fackeln waren beinahe abgebrannt, und ich musste meine in die Höhe halten, damit ich den Namen Rayvenwoode Manor lesen konnte, der in die Bretter geschnitzt war. Marian steckte den mondsichelförmigen Schlüssel in das eiserne Schlüsselloch, drehte ihn um und die Tür sprang auf. Ausgetretene Stufen führten zum Haus hinauf, und ein kurzer Blick zur Decke sagte mir, dass wir in der Eingangshalle waren.
»Danke,Tante Marian.« Ich streckte die Hand aus und wollte das Buch an mich nehmen. »Ich werde es Macon geben.«
»Nicht so eilig. Ich muss erst noch einen Bibliotheksausweis auf deinen Namen ausstellen, EW.« Sie blinzelte mir zu. »Ich werde ihm das Buch selbst geben.«
Ich blickte auf mein Handy. Immer noch 23:45 Uhr. Das konnte doch nicht sein. »Wie kann es jetzt genauso spät sein wie vorhin, als wir in der Lunae Libri angekommen sind?«
»Mondzeit. Ihr jungen Leute hört niemals zu. Unten sind die Dinge nicht immer, wie sie scheinen.«
Link und Marian folgten mir, als ich dieTreppe hochstieg. In Ravenwood war alles so, wie wir es verlassen hatten, sogar der Kuchen lag noch auf denTellern, derTee stand auf den Tischen und der Stapel mit den ungeöffneten Geburtstagsgeschenken war unberührt.
»Tante Del! R eece! Großmutter! Hallo?Wo seid ihr alle?«
Plötzlich stand Del auf derTreppe, sie hielt eine Lampe hoch, wie um sie jeden Augenblick auf Marians Kopf runtersausen zu lassen. Gramma stand in der Tür und hatte Ryan schützend in den Arm genommen. R eece hatte sich unter derTreppe versteckt und fuchtelte mit einem Kuchenmesser in der Luft herum.
Alle fingen zur gleichen Zeit zu reden an. »Marian! Ethan! Wir haben uns solche Sorgen gemacht. Lena ist verschwunden, und als wir die Glocke aus den unterirdischen Gängen gehört haben, dachten wir, es wäre …«
»Habt ihr s ie gesehen? Ist sie irgendwo da draußen?«
»Hast du Lena gesehen? Als Macon nicht zurückgekommen ist, haben wir angefangen, uns Sorgen zu machen.«
»Und Larkin. Sie hat doch Larkin nichts zuleide getan, oder?«
Ich blickte sie alle ungläubig an, dann nahm ichTante Del die Lampe aus der Hand und reichte sie Link. »Eine Lampe? Glaubst du wirklich, ihr hättet euch mit einer Lampe schützen können?«
Tante Del zuckte die Schultern. »Barclay ist auf den Speicher gegangen, er wollte Gardinenstangen und alte Sommersonnwend-Dekorationen inWaffen verwandeln, damit wir uns verteidigen können. Und eine Lampe war alles, was ich auf die Schnelle gefunden habe.«
Ich kniete mich vor Ryan hin. Es blieb nicht mehr viel Zeit, ungefähr noch vierzehn Minuten, um genau zu sein. »Ryan, erinnerst du dich noch daran, wie du mir geholfen hast, als ich verletzt war? Du musst mit mir kommen und drüben in Greenbrier genau das Gleiche tun. Onkel Macon ist gestürzt und er und Boo sind verletzt.«
Ryan sah aus, als würde sie jeden Augenblick zu weinen anfangen. »Boo ist auch verletzt?«
Im Hintergrund hörte man, wie Link sich räusperte. »Und meine Mutter auch. Ich meine, ich weiß ja, dass sie nervig war und so, aber könnte sie … könnte sie meiner Mutter auch helfen?«
»Ja, und auch Links Mutter.«
Gramma schob Ryan hinter sich und tätschelte ihr dieWange. Dann zupfte sie sich den Pullover zurecht und strich ihr Kleid glatt. »Also gut. Del und ich werden euch begleiten. R eece, du bleibst hier mit deiner Schwester. Sag deinemVater, wohin wir gegangen sind.«
»Gramma, ich brauche Ryan.«
»Für heute Nacht bin ich Ryan, Ethan.« Sie
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