Sixteen Moons - Eine unsterbliche Liebe
sollen wir hier?«
Ich ging zum Türgitter und steckte die Hand hindurch. Sie glitt einfach durch das Metall, zumindest musste es Link so vorkommen. Mein Arm sah aus, als wäre er ab dem Handgelenk amputiert.
Link packte mich. »Ridley muss mir was in mein Mineralwasser getan haben. Ich schwör dir, dein Arm … ich habe gerade gesehen, wie dein Arm … vergiss es, ich glaube, ich habeWahnvorstellungen.«
Ich zog den Arm wieder zurück und bewegte die Finger vor seinem Gesicht. »Wie kommst du denn darauf, Mann? Nach allem, was du heute Abend erlebt hast, denkst du ausgerechnet jetzt, du hättestWahnvorstellungen? Ausgerechnet jetzt?«
Ich blickte auf mein Handy. 23:45 Uhr.
»Ich hab keine Zeit, es dir zu erklären, aber das war nur der Anfang. Ab jetzt wird es richtig unheimlich. Wir gehen in eine Bibliothek, aber es ist dort nicht wie in einer normalen Bibliothek. Du wirst die meiste Zeit über denken, du spinnst.Wenn du also im Auto auf mich warten willst, auch gut.«
Link versuchte zu kapieren, was da aus mir heraussprudelte, was gar nicht so einfach war.
»Bist du dabei, ja oder nein?«
Link starrte auf das Eisengitter. Ohne einWort zu sagen, steckte er die Hand hindurch.
Er war dabei.
Ich ging gebückt durch die Tür und rannte die ausgetretenen Steinstufen hinunter. »Komm mit, wir müssen uns beeilen für die Ausleihe.«
Link lachte aufgeregt, während er mir folgte. »Ausleihe? Ach ja, klar, Bücherei und so.«
Die Fackeln entzündeten sich von selbst, als wir immer tiefer in den dunklen Gang vordrangen. Ich nahm die erste Fackel aus dem halbmondförmigen Halter, drückte sie Link in die Hand und schnappte mir selbst auch eine. Als wir in die Mitte des kryptaartigen runden Raums traten, entzündeten sich dieWandfackeln eine nach der anderen. In ihrem flackernden Schein tauchten die Säulen und ihre Schatten aus der Dunkelheit auf. DieWorte Domus Lunae Libri erschienen wieder im Eingang, dort wo ich sie auch beim letzten Mal gesehen hatte.
»Tante Marian! Bist du hier?«
Jemand tippte mir von hinten auf die Schulter.Vor Schreck wäre ich beinahe ohnmächtig geworden. Ich rannte Link fast über den Haufen.
Link schrie auf und ließ seine Fackel fallen. Ich trat die Flamme mit den Füßen aus. »Du liebe Güte, Dr. Ashcroft«, keuchte er. »Sie haben mich so erschreckt, dass ich mir vor Angst fast in die Hose gemacht hätte.«
»Tut mir leid,Wesley – und Ethan, habt ihr beide den Verstand verloren? Wisst ihr denn nicht, wer die Mutter dieses armen Jungen ist?«
»Mrs Lincoln ist bewusstlos, Lena ist in Schwierigkeiten, Macon verletzt. Ich muss nach Ravenwood Manor hinein, aber ich finde weder Amma noch komme ich in das Haus. Ich muss es durch die unterirdischen Gänge versuchen.« Ich war wieder der kleine Junge, alles sprudelte auf einmal aus mir heraus.Wenn ich mit Marian sprach, dann war es, als spräche ich mit meiner Mutter oder wenigstens mit jemandem, der wusste, wie es war, mit meiner Mutter zu sprechen.
»Ich kann nichts tun. Ich kann euch nicht helfen. Die Berufung erfolgt um Mitternacht, so oder so. Ich kann die Uhr nicht anhalten. Und ich kann weder Macon nochWesleys Mutter noch sonst irgendjemandem helfen. Ich darf mich nicht einmischen.« Sie blickte Link an. »Das mit deiner Mutter tut mir leid,Wesley, das darf ich dir versichern.«
»Ma’am.« Link war am Boden zerstört.
Ich schüttelte den Kopf und reichte Marian die Fackel, die neben ihr an derWand steckte. »Du verstehst nicht. Ich verlange gar nicht, dass du etwas unternimmst, du sollst nur das tun, was du als Leiterin der Caster-Bibliothek ohnehin tust.«
»Und das wäre?«
Ich warf ihr einen vielsagenden Blick zu. »Ich muss ein Buch in Ravenwood abliefern.« Ich bückte mich und griff ins nächstbeste R egal und zog ein Buch heraus, dabei versengte ich mir die Finger. »Vollständiger Leitfaden giftiger Pflanzen und gefährlicher Geschwätzigkeit.«
Marian war skeptisch. »Heute Nacht noch?«
»Ja, heute Nacht. Sofort. Macon hat mich gebeten, es ihm persönlich vorbeizubringen. Noch vor Mitternacht.«
»Eine Caster-Bibiliothekarin ist die einzige Sterbliche, die weiß, wie man in die unterirdischen Gänge der Lunae Libri gelangt.« Marian warf mir einen wissenden Blick zu und nahm mir das Buch aus der Hand. »Zum Glück bin ich eine.«
Link und ich folgten Marian durch die verschlungenen Gänge der Lunae Libri. Anfangs zählte ich noch die Eichentüren, die wir passierten, aber nach der sechzehnten gab ich
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