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Skagboys 01

Skagboys 01

Titel: Skagboys 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh
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bloße Höhe. Nun, da sie dieses Himmelfahrtskommando überlebt haben und sich der Weg neben dem Kanal wieder absenkt, um die zwei Freunde – schwitzend und zitternd wie zwei frisch geschlüpfte Küken – auf die kalten Gassen und die grauen Pflaster der Stadt zu entlassen, scheint dort eine Hölle auf sie zu warten, die mindestens ebenso schrecklich wie die ist, der sie gerade entkommen sind.
    An der Viewforth verlassen sie den Weg neben der Wasserstraße. Ein kalter Regen fällt auf sie herab. Sie kämpfen sich zur Bruntsfield vor und starren dabei auf die orangefarbenen Schlieren, die die Natriumdampflampen auf den nassen Asphalt malen. Eine Abkürzung durch den Meadows Park führt sie in Richtung North Bridge. Auf den menschenleeren Gehwegen laufen vereinzelt ein paar Betrunkene herum – verlorene Gestalten, die auf der Suche nach Taxis, Nachtbars oder Partys durch die Nacht irren. Sirenengeheul zerreißt die Dunkelheit und versetzt die beiden in Panik. Wie Ratten flüchten sie aus dem Licht in die schwach beleuchteten Sackgassen der Royal Mile, die sie aufgeregt Richtung Calton Road hinunterhasten. — Das mit dem Leben … ich kapier’s einfach nicht, sagt Sick Boy mit zitternder Stimme.
    Als sie die dunkle Straße hinunterlaufen, überfallen Renton Erinnerungen an Klein Davie. Ohne das durch ihn verursachte Chaos erscheint sein Elternhaus leer und ohne Seele, die Familie auseinandergerissen. Eine Sache kann noch so sinnlos, ineffizient oder unproduktiv erscheinen – wenn sie verschwindet, kann es sehr wohl sein, dass alles auseinanderfällt und zu Staub verkommt. Irgendwann reagiert er auf die Äußerung von Sick Boy. — Es ist eine komische Vorstellung, dass wir in der einen Minute noch hier sind, in der nächsten aber schon verschwunden sein werden. In ein paar Generationen interessiert das alles eh niemanden mehr. Dann sind wir nur noch ein paar Trottel mit albernen Klamotten auf vergilbten Bildern, die sich ein gelangweilter Nachkomme ab und zu in einem verstaubten Fotoalbum anschaut. Is nich so, als würde irgendwann jemand kommen und einen Film über unser Leben drehen, verstehste?!
    Rentons Worte machen Sick Boy Angst. Plötzlich bleibt er auf der menschenleeren Straße stehen. — Du hast aufgegeben, Kumpel. Das ist das Problem, Mann. Du hast aufgegeben.
    — Vielleicht, erwidert Renton. Hatte er wirklich aufgegeben? Irgendwann gehen jedem halt die Tränen und Entschuldigungen aus.
    — Das kotzt mich echt an. Wenn du aufgegeben hast, sind wir alle am Arsch, meint er und geht wieder weiter, während ein einsames Auto an ihnen vorbeibrummt. — Ich weiß ja, dass wir ständig übereinander lästern, Mark, aber du bist derjenige von uns allen, der es draufhat. Als wir damals in dieses Haus eingebrochen sind, hast du das Mädchen gerettet. Du und Tommy. Begbie hätte sie verrecken lassen, und was Spud, Keezbo und mich angeht – wir hatten keinen verfickten Schimmer, wie wir ihr hätten helfen sollen. Aber du hast die Sache in die Hand genommen. Woher wusstest du nur, was zu tun war?
    Klein Davie …
    Renton fühlt ein Brennen in seinem Inneren, zuckt dann aber mit den Schultern, als wollte er sagen: keine Ahnung. Er wendet sich zu seinem verzweifelten Kompagnon. — Irrtum, Si, du bist derjenige, der es draufhat. Du bist uns allen meilenweit voraus. Warst du schon immer. Mit den Girls und so …
    — Mark, du glaubst gar nicht, wie viele miese Nummern ich schon durchgezogen hab! Sie gehen am Hintereingang der Waverley Station vorbei, und Sick Boy schlägt sich heftig mit der flachen Hand gegen die Stirn. — Ich hab haufenweise Scheiße gebaut. Richtig große Scheiße!
    Eine schmerzende Wunde reißt in Renton auf. — Ich auch, Mann, antwortet er aufgewühlt und unterbricht damit Sick Boys Offenbarung. — Ich weiß, was du meinst!
    — Meinst du etwa Olly Curran? Wir haben doch abgemacht …
    — Zur Hölle mit diesem Wichser!, zischt Renton giftig. — Mit seinem Rassistenscheiß hat er’s nicht anders verdient. Der Penner hat null Mitleid von mir zu erwarten! Ich meine Fiona, sagt er und merkt dabei, wie etwas in ihm zusammenfällt. Es ist wie ein Staudamm, der dem Druck nachgibt, langsam bröckelt und schließlich bricht. — Ich hab sie geliebt, Mann, und die Kiste voll in den Sand gesetzt! Als wir auf dieser Europareise waren, konnte ich unsere Zukunft sehen. Er schaut hinauf zum Calton Hill, der über ihnen thront.
    — Sie und ich, für immer. Und das hat mir eine Scheißangst gemacht. Als

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