Skin Deep - Nichts geht tiefer als die erste Liebe (German Edition)
Haut blasser wird. Die Kompressionsmaske minimiert die Vernarbung, wenn du sie regelmäßig trägst. In einem Jahr sieht es schon ganz anders aus«, sagte die Schwester.
Mums Hände zitterten, als die Krankenschwester den Spiegel hob und ihn mir vors Gesicht hielt.
Ich sah hinein und das letzte Fünkchen Hoffnung erlosch.
Sie gaben mir eine Beruhigungsspritze und später kam die Psychologin. Ihr Gesicht waberte verschwommen vor mir. »Jenna, hast du verstanden, was die Ärzte über deine Verbrennungen gesagt haben?«
Ja, ich bin doch nicht blöd. Zweiter Grad in besonders schwerer Ausprägung. Die oberste Hautschicht komplett verbrannt. Das haben sie mit mir besprochen, als sie mir Haut für die Transplantate entfernten, und danach noch mal.
Es bedeutet, die Verbrennungen sind oberflächlich.
Und Schönheit ist auch oberflächlich.
Mum klopfte an die Tür. »Jenna, ich fahre zur Bücherei. Willst du mitkommen?«
Wollte ich nicht. Ich wollte überhaupt nie wieder das Haus verlassen.
Aber damit würde ich sowieso nicht durchkommen. Als ich die Kompressionsmaske nach sechs Monaten endlich abnehmen konnte, musste ich versprechen rauszugehen. Bis dahin waren meine Eltern geduldig und hatten mich nicht gedrängt, doch jetzt nutzten sie jede Gelegenheit, um mich vor die Tür zu kriegen. Wenn ich mich weigerte, würde das nur zu einer dieser endlosen Unterhaltungen führen, für die ich nicht die Kraft hatte.
Wir setzten uns in Mums roten Corsa, und sie fuhr vorsichtig in Richtung Stadt, statt der üblichen fünfzehn Minuten brauchte sie zwanzig. Sie dachte, Autofahren würde mir jetzt Angst machen, aber das stimmte nicht. Viel schlimmer konnte es schließlich nicht mehr werden, oder?
Als wir in der Bücherei waren, ließ sie mich in der Fantasy-Abteilung allein und ging zu den Krimi- und Thriller-Regalen. Ich nahm ein Buch, das mir gefiel, und setzte mich auf einen bequemen Stuhl, um es genauer anzusehen. Ich konnte es nicht leiden, erst zu Hause festzustellen, dass ein Buch nichts taugte. Also überflog ich immer das erste Kapitel, bevor ich mich entschied.
Am Schalter direkt neben mir hörte ich eine Stimme: »Ist der Kunstgewerbeladen zu?«
Unvermittelt blickte ich auf. Der Junge vom Kanal … er trug immer noch die Shorts, aber jetzt hatte er außerdem ein weißes T-Shirt an.
»Ja, die Inhaberin macht Mittagspause«, antwortete die Bibliothekarin. »Kann ich dir weiterhelfen?«
»Meine Mutter stellt Schmuck her. Ich wollte fragen, ob Sie sich vielleicht mal ein Muster ansehen möchten«, sagte er und zog einen Beutel aus der Tasche.
Ich überlegte, ob ich mich fortstehlen konnte oder ob meine Bewegung ihn auf mich aufmerksam machen würde.
»Darüber musst du mit Claire reden. Sie ist in zwanzig Minuten zurück, wenn du so lange warten möchtest. Du kannst dich in der Zwischenzeit gern umsehen.«
Hilfe!
Jetzt musste ich unbedingt verschwinden. Ich stand so unauffällig wie möglich auf und schlich in den nächsten Gang. Dort kauerte ich mich dicht am Regal auf den Boden und ließ mir die Haare übers Gesicht fallen, als ob ich lesen würde.
Auf dem Teppichboden näherten sich gedämpfte Schritte, das leise Tappen von Turnschuhen. Und dann …
»Oh!« Als er um die Ecke bog, lief er direkt in mich rein. Das Buch flog mir aus der Hand und landete unter dem Regal.
»Tut mir leid!« Er hockte sich hin, um es wieder hervorzufischen. »Ich habe dich nicht gesehen. Bist du …« Er verstummte, und ich wartete darauf, dass er zusammenzuckte.
Er grinste mich an.
Wie bitte?
»Noch mal hallo!« Er gab mir das Buch zurück. »Schön, dass ich dich hier wiedertreffe … genau genommen bin ich ja sogar über dich gestolpert! Ich wollte dir schon heute Morgen sagen, dass … dein Hund … er ist nett. Total lieb, stimmt’s? Ich mag Hunde. Tut mir leid, dass ich vorhin so unhöflich war.«
Ich war zu geschockt, um mich zu bewegen oder irgendwas zu sagen. Und … er schaute mir voll ins Gesicht …
Er hatte nette Augen – sie waren braun, mit einem warmen, lächelnden Ausdruck.
»Du hast mich einfach überrascht, das war alles«, fuhr er fort. »Deine Narbe« – er berührte sein Gesicht – »hat mich überrascht. Ich wollte nicht unhöflich sein, ehrlich.«
Mit offenem Mund starrte ich ihn an. Niemand erwähnte
jemals
die Narben. Die meisten sahen woanders hin oder drehten sich weg oder taten so, als ob sie sie überhaupt nicht sehen könnten. Keiner sprach mich direkt darauf an. Selbst meine Familie
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