Skinwalker 01. Feindesland
dem Mann irgendein unterschwelliger Duft, schwächer als die anderen, der meinen Argwohn weckte.
Die Stille dauerte länger als erwartet. Da er sich neben mir aufgebaut hatte, starrte ich ihn bloß an, und das Schweigen war dem Typ offensichtlich unbehaglich. Mir nicht. Ich gönnte mir ein schiefes Grinsen. Er lächelte zurück und stieg behände von seinem Motorrad. Hinter mir, im Haus, vernahm ich Schritte. Ich stellte mich lieber so, dass ich den Typ und die Haustür im Auge hatte. Das ging natürlich nicht unauffällig, aber ich hob eine Schulter zum Zeichen, dass es nicht böse gemeint war. Vorsicht war besser als Nachsicht. Auch bei gut aussehenden Männern.
Der Troll öffnete die Tür und ruckte mit dem Kopf. Was ich richtig als Einladung deutete und eintrat. »Interessante Freunde haben Sie « , sagte der Troll, als sich die Tür vor dem mysteriösen Kerl schloss.
»Ich kenne ihn nicht. Wo soll ich meine Waffen ablegen ?« Besser, man bot es von sich aus an, als sie abgenommen zu bekommen. Es gibt viele Arten von Machtspielchen.
Der Troll öffnete einen großen alten Schrank. Ich schnallte das Schulterhalfter ab und legte es hinein. Dann zog ich Silberkreuze aus dem Gürtel, aus den Hosentaschen und unter der Jacke hervor, bis sich ein hübsches Häuflein angesammelt hatte. Dreizehn Kreuze – das wirkte übertrieben, aber es lenkte die Leute von meinen Reservewaffen ab. Als Nächstes kamen die hölzernen und silbernen Pflöcke. Jeweils dreizehn. Und das Silberfläschchen mit Weihwasser. Nur eins. Wenn ich davon dreizehn Stück mit mir herumtrage, mache ich beim Gehen Schwappgeräusche.
Ich hängte meine Lederjacke auf einen Bügel und steckte die Sonnenbrille zu meinem Handy in die Innentasche. Dann schloss ich die Schranktür und stellte mich so hin, dass der Troll mich gut filzen konnte. Er grunzte überrascht, aber erfreut und machte seine Arbeit gründlich. Es sprach für ihn, dass er es nicht sonderlich zu genießen schien – er benutzte nur die Handrücken, keine Finger, und berührte mich weder unsittlich noch irgendwo länger als nötig. Seine Atmung beschleunigte sich nicht, sein Herzschlag blieb gleichmäßig – so etwas entgeht mir nicht, wenn es still genug ist. Nachdem er sorgsam die Schäfte meiner Stiefel untersucht hatte, sagte er: »Hier entlang .«
Ich folgte ihm durch einen engen Flur, der zwei scharfe Kurven machte, in den rückwärtigen Teil des Hauses. Wir wanderten über alte persische Teppiche vorbei an Öl- und Aquarellgemälden von berühmten und weniger berühmten Künstlern. Die Lalique-Wandleuchter aus getöntem Glas sahen echt aus, nicht wie Reproduktionen, aber vielleicht ließ sich so etwas auch auf alt trimmen, keine Ahnung. Die Wände waren in einem sehr zarten Buttergelb gestrichen, das mit den Leuchtern zusammen die Gemälde erhellte. Höchst stilvoll für ein Bordell. Das Schulmädchen aus dem christlichen Waisenhaus in mir war befremdet und zugleich fasziniert.
Als der Troll vor der roten Tür am Ende des Flurs stehen blieb, stolperte ich über eine Teppichkante. Er fing mich mit einer Hand ab, und ich drückte mich von ihm weg, wobei ich ihn kaum berührte. Ich setzte ein verlegenes Gesicht auf; er schüttelte den Kopf und klopfte. Ich wappnete mich innerlich und betastete das Kreuz, das er übersehen hatte. Und die kleine zweischüssige Derringer. Beides war oben am Scheitel unter meinen Zöpfen versteckt, wo Männer niemals nachsahen, im Gegensatz zu meinen Stiefeln, in die sie immer ihre Finger stecken mussten. Er öffnete die Tür und machte einen Schritt zur Seite. Ich trat ein.
Der Raum war spartanisch, aber kostspielig eingerichtet; die Möbel sahen durchweg spanisch aus. Altspanisch. So alt, als stammten sie aus der Zeit von Königin Isabella und Christoph Kolumbus. Die Frau, die neben dem Schreibtisch stand, trug ein aquamarinblaues Kleid und weiche Slipper. Man konnte sie für zwanzig halten. Aber nur, bis man ihr in die Augen sah. Dann hätte sie für die ältere Schwester besagter Königin durchgehen können. Ihr Blick war alt, uralt. Friedlich kam sie mir entgegen. Bis sie meine Witterung in die Nase
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