Skinwalker: Fluch des Blutes (German Edition)
kurzen Augenblick wieder Strom gab. Der Brunnen im Garten hinter dem Haus gurgelte und spuckte Wasser in die Luft und über die feucht glänzende Skulptur eines Vamps in seiner Mitte. Dann flackerte der Strom erneut, bevor er ganz ausfiel und der Vamp noch einen letzten Strahl in die Höhe schickte.
Ich ging von Fenster zu Fenster und sah zu, wie der Wind durch die subtropische Vegetation und über die Granitsteine fegte. Ich fand meinen Steingarten, der vermutlich der einzige im ganzen French Quarter war, wunderschön, selbst in seinem jetzigen Zustand.
»Du gehst die ganze Zeit auf und ab.«
Ich sah Molly an, dann hinunter auf meine Füße.
»Du musst dich wandeln. Seit Wochen bist du nur in Menschengestalt. Die Kinder und ich werden schon nicht in die unheilvollen Hände böser Vampire fallen, wenn du dir mal einen Abend freinimmst.« Sie zog die Beine auf das Sofa und legte die Arme um die Knie. Ihr langes rotes Haar war von der Feuchtigkeit kraus, was sie hasste. Angelina rannte zu ihr und warf sich auf das Lederkissen, aus dem mit einem zischenden Laut die Luft wich. Molly rollte ihre Tochter herum, Little Evan im Auge haltend, der seinen Ball unter einem Stuhl gefunden hatte und sich nach ihm bückte, den Po in die Luft gestreckt. »Ich aktiviere meine Schutzbanne. Dann sind wir sicher.«
»Wird Tante Jane heute Abend zur großen Katze? Kann ich zugucken? Bitte, bitte, bitte!«, bettelte Angie. Obwohl sie erst sechs war, bildete sich ihre magische Gabe schon heraus – eine starke Gabe, wie sich herausgestellt hatte.
»Nein. Dabei möchte Tante Jane allein sein. Und außerdem reden wir nicht darüber, hast du das vergessen?«
Angie senkte die Stimme zu einem Flüstern und legte den kleinen Zeigefinger an die Lippen. »Das ist ein Geheimnis. Psssst.« Und dann kicherte sie, ein Laut, der mich immer zum Lächeln brachte.
»Leo ist nicht er selbst«, sagte ich. »Nicht, seitdem ich dieses Ding, das sich als Leos Sohn ausgegeben hatte, getötet habe. Er trauert noch, und man hat mir gesagt, dass Trauer Vampire zu … nicht zu Rogues macht, aber doch labil werden lässt. Ich traue ihm nicht.« Trotzdem hatte Molly recht. Es war schon zu lange her, seit ich mich das letzte Mal gewandelt hatte. Ich spürte, wie Beasts Fell beharrlich unter meiner Haut rieb. Ich brauchte eine Nacht für mich.
Beast passt auf die Welpen auf , höre ich Beast denken. Ich bin stark. Und schnell. Und habe tödliche Krallen . Ich brachte sie mit einem beruhigenden Gedanken zum Schweigen.
»Leo wird nichts gegen dich unternehmen, solange du für den Rat den Schöpfer der jungen Rogues suchst.« Mol sah zu mir hoch und lachte. »Natürlich sieht die Sache anders aus, wenn du deinen Auftrag erledigt hast.«
»Danke. Jetzt fühle ich mich sehr viel besser.«
»Geh heute Nacht jagen«, sagte Molly. »Geh laufen. Lauf zum Haus der Cherokee-Schamanin und schwitz es heraus. Das hast du ihr schon lange versprochen.« Sie senkte den Blick und kämmte mit gespreizten Fingern durch Angies Locken. Im Sonnenlicht schimmerten darin honigblonde und rötliche Strähnchen, doch im düsteren Licht des Unwetters hatte es seine Leuchtkraft verloren. Unter der Hand ihrer Mutter kam Angie langsam zur Ruhe. Sie lächelte und schloss die Augen. Es war Zeit für den Mittagsschlaf, und gegen den Schlafzauber, mit dem Molly ihre Älteste gerade belegte, konnte auch ein Sturm nichts ausrichten. »Du würdest vielleicht Neues über deine Vergangenheit erfahren«, fügte sie hinzu. »Über Skinwalker.«
»Ja, wie zum Beispiel, dass sie alle wahnsinnige Killer waren und dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis auch ich durchdrehe.« Es sollte witzig klingen, aber ich roch den scharfen Geruch der Sorge in meinen Worten.
»Du bist weder eine Killerin, noch bist du wahnsinnig. Du bist die beste Freundin der Welt.« Als sie zu mir aufsah, lag ein Ausdruck vollkommenen Vertrauens auf ihrem Gesicht. »Ich würde dir jederzeit mein eigenes und das Leben meiner Kinder anvertrauen, Jane.«
Mir ging das Herz auf. Als Kind hatte ich nie eine beste Freundin gehabt, aber dann hatte ich Glück und lernte Molly kennen. Mit offenen Armen nahm sie mich in ihre Familie auf und stellte mich, ohne auch nur zu zögern, ihren Schwestern, ihrem Hexen-Coven, vor. Ihr Mann, Big Evan, war allerdings weniger begeistert von mir, doch im Moment war er weit weg, in Brasilien. Das war auch der Grund, warum Molly für mehrere Wochen bei mir zu Besuch war, trotz der Tatsache, dass Leo
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