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Sklaven der Flamme

Sklaven der Flamme

Titel: Sklaven der Flamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel R. Delany
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reizvoll.
    Tomar schüttelte den Kopf, als sie Arm in Arm über das Rollfeld gingen.
    »Nein?« fragte sie. »Weshalb nicht?«
    »Ich habe keine Zeit, Clea«, erwiderte er. »Ich mußte diese eine Stunde heimlich fortschleichen. In vierzig Minuten soll ich im Kriegsministerium sein. Sag mal, hast du kein Gepäck?«
    Clea hielt einen Rechenschieber und ein Notizbuch hoch. »Ich reise bequem. In einer guten Woche muß ich zu den Sommervorlesungen zurück auf die Universität. Deshalb brachte ich gar keine Kleider mit. Halt, einen Augenblick – du bist doch nicht so beschäftigt, daß du heute abend das Fest versäumst, das Vater mir zu Ehren gibt?«
    Tomar zuckte mit den Schultern.
    Clea wollte sprechen, doch dann preßte sie die Lippen zusammen. »Tomar?« fragte sie schließlich leise.
    »Ja?« Er hatte eine rauhe Stimme, die brummig wurde, wenn er seine Gefühle zu verbergen suchte.
    »Wie sieht es mit dem Krieg aus? Wird er tatsächlich stattfinden?«
    Wieder zuckte er mit den Schultern. »Mehr Soldaten, mehr Flugzeuge und im Ministerium immer mehr Arbeit. Ich stand heute vor Morgengrauen auf, um eine Aufklärerflotte abzufertigen. Sie soll das Festland jenseits der Strahlungsbarriere beobachten. Wenn sie heute abend zurückkehrt, muß ich die Berichte schreiben. Dann kann ich zu deinem Fest nicht kommen.«
    »Oh«, sagte Clea. »Tomar?«
    »Ja, Clea Koshar?«
    »Sei bitte nicht so förmlich. Du bist lange genug in der Stadt und kennst mich inzwischen recht gut. Tomar, wenn der Krieg kommt – glaubst du, daß sie dann Gefangene aus den Tetron-Minen zur Armee einziehen werden?«
    »Man spricht davon.«
    »Mein Bruder …«
    »Ich weiß«, sagte Tomar.
    »Und wenn sich ein Gefangener während des Krieges auszeichnet, würde man ihn später freilassen? Man würde ihn doch nicht ins Bergwerk zurückschicken, oder?«
    »Noch hat der Krieg nicht begonnen«, sagte Tomar. »Niemand weiß, wie er ausgehen wird.«
    »Du hast recht – wie immer.« Sie erreichten den Ausgang. »Sieh mal, Tomar, ich möchte dich nicht aufhalten, wenn du soviel Arbeit hast. Aber du mußt mir versprechen, daß du wenigstens einen Nachmittag mit mir verbringst, bevor ich zurück zur Universität gehe.«
    »Wenn der Krieg ausbricht, gehst du nicht zurück.«
    »Weshalb nicht?«
    »Du besitzt bereits dein Examen in theoretischer Physik und baust im Moment dein Wissen lediglich weiter aus. Man wird nicht nur die Sträflinge aus den Bergwerken einziehen. Auch die Physiker, Ingenieure und Mathematiker des Landes müssen sich in den Dienst der Sache stellen.«
    »Das habe ich befürchtet«, sagte Clea. »Tomar, du bist überzeugt davon, daß der Krieg ausbrechen wird, nicht wahr?«
    »Sie bereiten sich Tag und Nacht darauf vor«, entgegnete Tomar. »Was sollte ihn noch aufhalten? Ich erinnere mich an meine Jugend auf dem Festland. Vater hatte einen Hof, es gab eine Menge Arbeit und nichts zu essen. Ich war ein kräftiger Bursche, aber ich litt ständig Hunger. Später ging ich in die Hauptstadt und stellte der Armee meine Kraft zur Verfügung. Nun habe ich Arbeit, die mir gefällt. Ich leide keinen Hunger. Wenn der Krieg ausbricht, werden viele Leute Arbeit finden. Dein Vater wird noch mehr Reichtum ansammeln. Dein Bruder kehrt vielleicht zurück, und selbst die Diebe und Bettler im Teufelskessel werden Gelegenheit zur ehrlichen Arbeit bekommen.«
    »Vielleicht«, meinte Clea. »Sieh mal, wie ich schon sagte, ich will dich nicht aufhalten – das heißt, ich möchte es gern, aber … Wann wirst du Zeit für mich haben?«
    »Wahrscheinlich morgen nachmittag.«
    »Schön«, sagte Clea. »Dann bereite ich alles für ein Picknick vor, ja?«
    »Gut«, sagte er, »gut.« Er nahm ihre Hände und sie lächelte ihn an. Dann wandte er sich ab und boxte sich durch die Menge.
    Clea sah ihm einen Moment lang nach, dann ging sie auf den Taxistand zu. Die Sonne wurde wärmer, als das Mädchen in den Schatten der großen Transit-Schleife trat, die sich zwischen den Hochhäusern dahinschlängelte.
     
    Häuser warfen Schattenstreifen quer über die Schleife, als sie sich durch die Stadt wand. Hin und wieder fiel von den östlichen Straßen das Licht ein und verlieh ihr einen silbrigen Glanz. Im Zentrum der Stadt stieg das Band noch einmal um fünfzig Meter an und endete im Fenster des Laborturms am Westflügel des königlichen Palasts von Toron.
    Der Raum, in dem die Transit-Schleife mündete, war leer. Über der Empfangsplattform schwebte eine durchscheinende

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